Machtkampf zwischen VW und Zulieferern stoppt Produktion

Wolfsburg (dpa) - Die beispiellose Machtprobe zwischen Europas größtem Autobauer Volkswagen und zwei kleinen Zulieferern geht weiter. Der Streit droht große Teile der Produktion lahm zu legen.

Das Landgericht Braunschweig betonte am Freitag, dass VW bereits alle nötigen Voraussetzungen für die Herausgabe fehlender Teile erwirkt habe. Volkswagen kündigte an, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um ein Ende des Lieferstopps bei seinen externen Partnern durchzudrücken. Fehlende Sitzbezüge und Getriebeteile zwingen VW zu einem teilweisen Fertigungsstopp und Kurzarbeit.

Die Zulieferer wiesen die Verantwortung an der Misere zurück. VW trage die Schuld an der Eskalation. «Für die Krise bei VW und die dadurch entstandene Kurzarbeit sind wir nicht verantwortlich», sagte der Geschäftsführer der ES Automobilguss, Alexander Gerstung, einer Mitteilung zufolge. ES und der Sitzspezialist Car Trim, eine ES-Schwester, verweigern trotz der einstweiligen Verfügungen dem Autobauer die Lieferung der Teile, für die VW zumindest kurzfristig keinen Ersatz bei anderen Zulieferern bekommen kann.

In Emden hatte VW bereits vor einer Woche für 7500 Menschen Kurzarbeit angemeldet. Der Konzern prüft dies auch für die Standorte Braunschweig, Zwickau, Kassel und eben Wolfsburg. Dort steht das Stammwerk von Europas größtem Autobauer. Es baut fast 4000 Wagen pro Tag, neben Golf auch Tiguan und Touran, deren Bänder nicht ruhen müssen. Insgesamt könnten von dem Lieferstopp mehr als 20 000 VW-Mitarbeiter betroffen sein. Der Boykott lähmt den Autobauer, da Sitzbezüge und Gehäuse für sogenannte Ausgleichgetriebe fehlen.

Die genauen Hintergründe des Streits liegen weiter im Dunkeln. Aus Sicht von ES und Car Trim sei die Lage Folge einer frist- und grundlosen Kündigung von Aufträgen seitens VW. Volkswagen habe keinen Ausgleich für die Kündigungen gewährt. Deswegen «sahen sich Car Trim und ES Automobilguss letztlich zum Lieferstopp gezwungen», heißt es in der Mitteilung. Um was für Kündigungen es genau geht, ist offen. Dennoch sei man an einer Einigung interessiert. «Wir streben nach wie vor eine einvernehmliche Lösung mit VW an und sind offen für entsprechende Vorschläge.» Auch ein VW-Sprecher sagte, man versuche weiterhin eine gütliche Einigung herbeizuführen.

VW will dennoch alle Möglichkeiten nutzen, um an die fehlenden Teile zu kommen. Am Ende könnte also der Gerichtsvollzieher zur Not mit der Polizei im Schlepptau die dringend benötigten Teile vom Lieferanten holen. Der Autobauer sei gezwungen, «die zwangsweise Durchsetzung der Belieferung vorzubereiten, und zwar mit den uns zur Verfügung stehenden gesetzlich vorgesehenen Mitteln. Dazu gehören Ordnungsgeld, Ordnungshaft, Beschlagnahme, die über das Gericht beantragt werden», sagte ein VW-Sprecher am Freitag und bestätigte entsprechende Informationen der «Süddeutschen Zeitung».

Der VW-Konzern ist in der Branche bekannt für seine Verhandlungsmacht - nur noch Toyota und General Motors bauen ähnlich viele Fahrzeuge. Der Beschaffungsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz gilt als einer der erfahrensten Einkäufer der Branche. Er schrieb den Zulieferern Ende Juni, der Autobauer müsse auch bei den «Beschaffungskosten deutlich effizienter werden». Er wolle die Reserven mobilisieren. «Das wollen wir kooperativ erreichen, aber auch mit der notwendigen Konsequenz, um wettbewerbsfähig zu bleiben», kündigte er die Marschrichtung an.

Nach dem angekündigten Produktionsstopp bei VW bangen inzwischen auch erste Autokäufer um die Lieferung ihrer Wagen. «Wir haben die ersten Anrufe von Kunden, die sich Sorgen machen, ob ihr Auto pünktlich kommt», sagte VW-Händler Ernst-Robert Nouvertné aus Solingen der Deutschen Presse-Agentur. Nouvertné sitzt zugleich im Vorstand des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK). In einem Schreiben an die Händler hieß es vom VW-Vertrieb zwar, das Unternehmen rechne mit einer Entspannung der Lage. Bei einzelnen Fahrzeugen könne es aber zu Verzögerungen kommen.

Auto / VW / Deutschland
19.08.2016 · 16:43 Uhr
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