Junge Union ärgert sich über Merkel
Der Parteitag solle «nicht nur zum Abnicken des Koalitionsvertrages» mit der FDP, sondern zur Aufarbeitung des schwachen Unions-Ergebnisses bei der Bundestagswahl vor drei Wochen genutzt werden.
Ein einfacherer Steuertarif, ein Rentenbeitrag bei maximal 20 Prozent, mehr Eigenleistung der Bürger bei Kranken- und Pflegeversicherung: Mit weitgehenden Vorschlägen zur Finanz- und Gesundheitspolitik ging der Kongress des Parteinachwuchses am Sonntag zu Ende. Statt Konsenspolitik und Konfliktvermeidung wie in den Jahren der großen Koalition müsse ein schwarz-gelbes Bündnis für Generationengerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme sorgen.
Auch wenn dies für viele Menschen erstmal schmerzhaft werde, sei es «besser, als wenn nichts passiert», schrieb der JU- Bundesvorsitzende Philipp Mißfelder den künftigen Berliner Koalitionspartnern ins Stammbuch. In der einstimmig verabschiedeten «Münsteraner Erklärung» forderte die Junge Union zudem eine massiven Kurswechsel in der Ausgabenpolitik: Mit konsequenter Schuldenbremse müsse am Ziel eines ausgeglichenen Haushalts festgehalten werden.
Die JU-Nachwuchsbasis - mit knapp 127 000 Mitgliedern stärker als Grüne und FDP zusammen - forderte in Münster die Aufarbeitung des zweitschlechtesten Bundestagswahl-Ergebnisses seit 1949 ein. «Das ist uns auch schon 2005 versprochen worden, und nichts passierte», hieß es. Ein entsprechender Initiativantrag zahlreicher Landesverbände, deswegen «unverzüglich» einen Parteitag einzuberufen, fand einhellige Unterstützung.
Der kurz vor Beginn des dreitägigen JU-Deutschlandtages auf die Agenda gehobene Antrag war auch dem Fernbleiben von Bundeskanzlerin Merkel geschuldet. Die CDU-Chefin kommt traditionell zu dem Bundestreffen des Parteinachwuchses, sagte diesmal aber kurzfristig wegen der Schlussphase der Koalitionsverhandlungen in Berlin ab - und erntete dafür viel Unmut.
Der JU-Bundesvorsitzende Mißfelder, auch Mitglied im CDU- Präsidium, zeigte sich «enttäuscht» - die Basis wurde deutlicher: «Unverständlich» und ein «Schlag ins Gesicht» sei die Absage. Und: «Man hat den Eindruck, sie ist zu viel Bundeskanzlerin und zu wenig Parteivorsitzende», brachte Oliver Wernersbach vom Landesverband Rheinland-Pfalz den Frust vieler der rund 300 Delegierten auf den Punkt.
Hauptredner Edmund Stoiber (CSU), kurzfristig für Merkel eingesprungen, verteidigte die Absage. Er kenne die CDU-Chefin als «diskussionsfreudig», sie werde sich der nötigen Wahlanalyse nicht entziehen. Die Delegierten mahnte der frühere bayerische Ministerpräsident, die Bedeutung der Koalitionsverhandlungen anzuerkennen.