Jamie Dimon warnt vor Stagflation – JP-Morgan-Chef stellt sich gegen Trumps Zinspolitik
Jamie Dimon, Vorstandsvorsitzender von JP Morgan Chase, hält eine Phase der Stagflation in den Vereinigten Staaten für möglich. Angesichts anhaltender Inflationsrisiken, geopolitischer Spannungen und eines ausufernden Staatsdefizits sehe er eine Kombination aus konjunkturellem Stillstand und steigenden Preisen als nicht länger ausgeschlossen an, erklärte Dimon auf einer Investorenkonferenz der Bank in Shanghai.
Mit dieser Einschätzung stellt sich Dimon offen gegen US-Präsident Donald Trump, der zuletzt massiv auf die Federal Reserve (Fed) eingewirkt hatte, die Leitzinsen zu senken. Trump diffamierte Fed-Chef Jerome Powell in sozialen Netzwerken und forderte eine aggressive Lockerung der Geldpolitik, um das Wachstum anzukurbeln.
Die Notenbank blieb jedoch bei ihrem Kurs und beließ den Leitzins Anfang Mai in der Spanne zwischen 4,25 und 4,5 Prozent. Fed-Chef Powell betonte, man müsse die wirtschaftliche Entwicklung zunächst weiter beobachten. Dimon lobte diesen vorsichtigen Ansatz: „Die Fed tut das Richtige, indem sie nicht voreilig handelt.“
Hintergrund der Zurückhaltung ist das Dilemma der US-Notenbank, deren doppeltes Mandat – Preisstabilität und Vollbeschäftigung – sich bei einer Stagflation widerspricht. Zinssenkungen könnten die Konjunktur stützen, aber zugleich den Preisdruck verschärfen. Umgekehrt droht bei zu restriktiver Geldpolitik eine Rezession.
Die Gefahr eines solchen Szenarios steigt durch Trumps erratische Wirtschaftspolitik. Die jüngsten Zollentscheidungen der US-Regierung lassen erneut Spannungen mit China aufflammen. Zwar wurde eine 90-tägige Zollpause vereinbart, Analysten erwarten jedoch eine nachhaltige Belastung des Handelsvolumens.
Trotz der geopolitischen Risiken kündigte Dimon an, weiter langfristig in China investieren zu wollen. „Wir müssen mit der Welt umgehen, wie sie ist, nicht wie wir sie uns wünschen“, sagte er in Shanghai. Die Innovationskraft des Landes und das internationale Kapitalinteresse machten das Engagement weiterhin attraktiv – trotz wachsender politischer und regulatorischer Unsicherheiten.
Dimons klare Positionierung gegen politisch motivierte Zinspolitik und seine Warnung vor einer strukturellen Wachstumsabschwächung könnten das Risikobewusstsein in den Finanzmärkten weiter schärfen. Die Mahnung des wohl einflussreichsten Bankchefs der Welt kommt zu einem Zeitpunkt, in dem die Märkte zunehmend zwischen politischem Druck und geldpolitischer Verantwortung zerrieben werden.