Guttenberg nennt sich vorerst nicht mehr Doktor

Berlin (dpa) - Der angeschlagene Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will im Amt bleiben: Nach den Schummelvorwürfen um seine Doktorarbeit entschuldigte sich der CSU-Politiker am Freitag öffentlich und kündigte an, seinen Doktortitel vorerst ruhen zu lassen.

Ein Rücktritt kommt für Guttenberg jedoch nicht infrage, zumal Bundeskanzlerin Angela Merkel ihm den Rücken stärkt. Die Opposition verschärfte dagegen ihre Kritik und fordert weiter seinen Amtsverzicht.

«Meine von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat, und den Vorwurf weise ich mit allem Nachdruck von mir», sagte Guttenberg. «Sie enthält fraglos Fehler. Und über jeden einzelnen dieser Fehler bin ich selbst am unglücklichsten.» Zu keinem Zeitpunkt sei aber bewusst getäuscht oder der Urheber nicht genannt worden. «Sollte sich jemand hierdurch oder durch inkorrektes Setzen und Zitieren oder versäumtes Setzen von Fußnoten bei insgesamt 1300 Fußnoten und 475 Seiten verletzt fühlen, so tut mir das aufrichtig leid.» Er wolle bei der Prüfung der Vorwürfe mithelfen.

Seinen Doktortitel will er bis zum Ende der Untersuchungen der Universität Bayreuth nicht verwenden. «Anschließend würde ich ihn wieder führen.» Er betonte: «Die Menschen in diesem Lande erwarten, dass ich mich um das fordernde Amt des Verteidigungsministers mit voller Kraft kümmere, und das kann ich auch.» Als Beleg nannte er Afghanistan, wo zwei weitere Bundeswehrsoldaten starben.

Guttenberg soll in seiner Dissertation zahlreiche fremde Textstellen ohne korrekte Quellenangabe verwendet haben. Plagiatsjäger listeten im Internet über 100 Seiten auf. Im schlimmsten Fall kann Guttenberg der Doktortitel aberkannt werden.

Nach Ansicht von Linksfraktionschef Gregor Gysi wird Guttenberg über die Affäre stürzen. «Vor irgendwelchen Forderungen warte ich die Entscheidung der Universität Bayreuth ab, aber ich glaube, dass er es nicht überstehen wird», sagte Gysi der Nachrichtenagentur dpa. Ein Hauptgrund sei, dass er sich das Image der Wahrheitsliebe gegeben habe. SPD-Fraktionsvorstandsmitglied Sebastian Edathy forderte bei «Handelsblatt Online» den Rücktritt Guttenbergs.

SPD und Grüne verlangten eine Erklärung des Ministers im Bundestag. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin schloss für den Fall, dass er das in der nächsten Woche nicht zufriedenstellend liefere, eine Rücktrittsforderung nicht aus. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, es gehe um den Vorwurf systematischer Täuschung und des Betruges.

Kanzlerin Merkel (CDU) steht trotz der Affäre zu ihrem Minister. Sie habe «volles Vertrauen», hieß es in Regierungskreisen. Die Kanzlerin hatte Guttenberg am Donnerstagabend zum Gespräch gebeten. Auch CSU-Chef Horst Seehofer sicherte Guttenberg «volle Solidarität und Unterstützung» zu. «Karl-Theodor zu Guttenberg hat mit seiner heutigen Erklärung eine sehr respektable Haltung gezeigt.»

Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) forderte Augenmaß und lobte Guttenberg: «Er ist überzeugend, glaubwürdig, integer.» Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nahm Guttenberg im Deutschlandfunk in Schutz. «Jedem passiert auch mal vielleicht ein Fehler.» Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) verlangte im «Hamburger Abendblatt» (Samstag), «zur Sachpolitik zurückzukehren».

Mit seiner Erklärung löste Guttenberg zugleich einen Eklat aus: Er gab zwar seine Stellungnahme zu der Affäre öffentlich ab, schloss dabei aber einen Großteil der deutschen Medien aus, deren Vertreter zeitgleich in der Bundespressekonferenz (BPK) saßen. Nach einem scharfen Protestbrief entschuldigte sich Guttenberg. Er verwies auf die Todesfälle in Afghanistan.

Unterdessen wurden gegen Guttenberg zwei Strafanzeigen gestellt. Bei der ersten gehe es um mögliche Verstöße gegen das Urheberrecht, sagte der Leitende Bayreuther Oberstaatsanwalt Thomas Janovsky der dpa. Die zweite Anzeige zum Vorwurf falscher eidesstattlicher Versicherung sei kein Grund für Ermittlungen.

Die «Berliner Zeitung» schrieb, dass sich der Minister auch bei der Hausarbeit eines Studienanfängers bedient haben soll. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa soll er zudem Textpassagen des Göttinger Rechtsprofessors Thomas Schmitz ohne korrekten Hinweis verwendet haben - auf mehr als 10 Seiten verteilt. Guttenberg bekam von der Universität Bayreuth am Donnerstag eine Frist von zwei Wochen, um zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Verteidigung / Wissenschaft / Guttenberg
18.02.2011 · 23:13 Uhr
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