Griechen suchen neue Regierung - Druck auf Berlusconi

Athen/Rom/Berlin (dpa) - Neben Griechenland steht auch Euro-Sorgenkind Italien womöglich kurz vor einem Regierungswechsel. Ministerpräsident Silvio Berlusconi wies Gerüchte über einen Rücktritt am Montag allerdings erneut zurück.

In Athen gingen die Sondierungen zur Bildung einer Übergangsregierung mühsam weiter. Nach Informationen griechischer Medien soll der ehemalige Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), der parteilose Lucas Papademos, Chef einer solchen Interimsregierung werden. Die Euro-Staaten machten klar: Ohne Sparkurs und rasche Regierungsbildung gibt es kein Geld.

Berlusconi muss sich am Dienstag einer weiteren Abstimmung in der römischen Abgeordnetenkammer stellen, die Mehrheit des Mitte-Rechts-Lagers gilt dabei nicht mehr als sicher. Er werde anschließend sofort ein Vertrauensvotum über die Brüssel versprochenen Reformen ansetzen, zitieren italienische Medien den 75-jährigen Regierungschef. Berlusconi erklärte unter anderem über das soziale Netzwerk Facebook, Spekulationen über seinen Rückzug seien ohne Fundament.

Zuvor hatte der Berlusconi-Anhänger Giuliano Ferrara auf der Webseite der Tageszeitung «Il Foglio» verkündet, dass der Regierungschef in Kürze zurücktrete. Später ging er davon aus, dass der Schritt nun für Dienstag anstehe. Seit Wochen schwelt in Rom die Debatte, ob Berlusconi den Weg entweder für Neuwahlen oder für eine Übergangsregierung freimacht. In Mailand sollte Berlusconi Medienberichten zufolge mit seinem Koalitionspartner, dem Lega-Nord-Parteichef Umberto Bossi, zusammenkommen.

Italiens Finanzen bleiben ungeachtet der politischen Entwicklung in Rom unter internationaler Beobachtung, wie die EU-Kommission in Brüssel klarstellte. An den Finanzmärkten kletterte die Rendite für zehnjährige italienische Staatsanleihen auf einen Rekordwert von mehr als 6,6 Prozent - Zeichen des großen Misstrauens der Investoren. Damit wird es für Italien immer schwieriger, neue Schulden zu finanzieren.

In Athen gingen griechische Medien davon aus, dass es eine lange Nacht werden könnte bei den Verhandlungen zur Bildung einer Übergangsregierung. Die Chefs der beiden größten Parteien, der scheidende sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou und der Konservative Antonis Samaras, suchten nach einem Kompromisskandidaten für den Posten des Regierungschefs. Am frühen Abend erfuhr die dpa aus Kreisen der Sozialisten und der Konservativen, es gebe noch Probleme mit der Zusammensetzung der Regierung.

Der als künftiger Regierungschef in Griechenland gehandelte Papademos war am Montag zunächst noch auf der Rückreise aus den USA. Der 64-jährige parteilose Wirtschaftswissenschaftler war früher Chef der nationalen Notenbank und gilt als Architekt des Beitritts Griechenlands zum Euroraum. Die neue Regierung soll das Land bis Februar führen. Danach könnten Neuwahlen stattfinden. «Wahrscheinlichstes Datum ist der 19. Februar», sagte Finanzminister Evangelos Venizelos.

Die Euro-Partner lassen Griechenland bei den dringend benötigten milliardenschweren Notkrediten weiter zappeln. Die Finanzminister der Euro-Länder forderten bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel von Athen zuvor ein klares Sparsignal mit neuen Reformen und machen Druck, dass die Regierung der nationalen Einheit wirklich zustande kommt. Die Freigabe des dringend benötigten Hilfskredits von acht Milliarden Euro liegt bis auf weiteres auf Eis. «Die Auszahlung hängt von den Antworten der griechischen Regierung ab», sagte der Chef der Eurogruppe, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker. Athen benötige das Geld ja erst Mitte Dezember: «Wir haben noch Zeit.»

Unterdessen will Frankreichs konservative Regierung mit einem neuen Sparpaket versuchen, seine Top-Bonität am Kapitalmarkt zu sichern. Premierminister François Fillon kündigte ein Bündel von Maßnahmen an, um trotz eines schwächeren Wirtschaftswachstums im Jahr 2016 wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Auch die Gehälter von Präsident Nicolas Sarkozy und seiner Minister würden eingefroren. Eine Herabstufung Frankreichs könnte auch negative Auswirkungen auf die Bonität des Rettungsfonds für Euro-Krisenländer haben.

Russland stellte der kriselnden Eurozone erneut Hilfe in Aussicht. «Mit unseren Partnern Brasilien, Indien, China und Südafrika sind wir bereit, uns an den Rettungsbemühungen zu beteiligen», sagte Außenminister Sergej Lawrow nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. Denkbar sei, die Hilfe über den Internationalen Währungsfonds (IWF) abzuwickeln, sagte Lawrow und forderte zugleich eine tiefgreifende Reform des IWF und des globalen Finanzsystems. IWF-Chefin Christine Lagarde führte in Moskau erste Gespräche über eine mögliche Finanzhilfe aus Russland.

Vizekanzler Rösler wies alle Begehrlichkeiten zum Einsatz von Bundesbank-Gold für die Euro-Rettung entschieden zurück. «Die deutschen Goldreserven müssen unantastbar bleiben. Das sage ich hier ausdrücklich als Wirtschaftsminister, als Stellvertreter der Bundeskanzlerin und auch als Parteivorsitzender der FDP», sagte Rösler im ARD-«Morgenmagazin». Medienberichten zufolge gab es beim G20-Gipfel in Cannes auch Forderungen, die Gold- und Währungsreserven der Euro-Notenbanken heranzuziehen, um den Rettungsschirm zu stärken.

Die Börsen legten am Montag angesichts der Unsicherheit in der Eurozone eine Berg- und Talfahrt hin. Nach anfänglichen Verlusten lag der deutsche Leitindex Dax später wieder im Plus, schloss aber mit einem leichten Minus.

EU / Finanzen / Euro
07.11.2011 · 22:40 Uhr
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