Evotecs Neuausrichtung: Marktbedingungen erzwingen Umstrukturierung und Sparmaßnahmen

Das Hamburger Biotechnologieunternehmen Evotec sieht sich gezwungen, auf die schwierige Marktsituation zu reagieren und hat eine strategische Neuausrichtung angekündigt. Das Ziel: den Fokus auf profitables Wachstum zu schärfen. Diese Maßnahme folgt auf den unerwarteten Rücktritt des bisherigen Vorstandsvorsitzenden Werner Lanthaler zu Beginn des Jahres. Seine Nachfolge soll Christian Wojczewski, dessen Einstieg für die zweite Jahreshälfte geplant ist, antreten. Das vergangene Geschäftsjahr war für Evotec durch Cyberangriffe zusätzlich erschwert worden, was nachhaltige Spuren im Betrieb hinterließ.

An der Börse löste die unsichere Unternehmensprognose tiefe Verunsicherung aus, der Aktienkurs von Evotec gab zeitweise um mehr als ein Drittel nach und verzeichnete den tiefsten Stand seit sechs Jahren. Mit einem Kurseinbruch von fast 33 Prozent rangierte das Unternehmen am Ende des Handelstages als schwächster Wert im MDax.

Die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen, die bisher in der Größe und Standortspezifik noch nicht genauer erklärt wurden, sollen zukünftige Investitionen in die eigene Forschung reduzieren. Vielmehr möchte Evotec seine Schlüsselkompetenzen, wie das Biologika-Segment, weiterhin stärken. Finanzchefin Laetitia Rouxel berichtete von einem besonders umsatzschwachen vierten Quartal und verwies auf das steigende Kostenbewusstsein sowie die generelle Marktschwäche im Biotechsektor, welches das Unternehmen voraussichtlich über mehrere Quartale hinweg beeinflussen wird.

Matthias Evers, verantwortlich für die Geschäftsentwicklung im Vorstand, hob abseits dieser Herausforderungen die Marktchancen hervor, von denen das Unternehmen durch die fokussiertere Ausrichtung profitieren möchte. Die Erholung und Rückkehr zur alten Wachstumsdynamik werde jedoch Monate in Anspruch nehmen, trotz einer anhaltend hohen Nachfrage nach den Kernprodukten von Evotec.

Evotec hatte zuletzt mit hohen Kosten beim Aufbau neuer Biologika-Anlagen und einem Cyberangriff im Frühjahr 2023, der die Geschäftsabläufe beeinträchtigte, zu kämpfen. Trotz eines Umsatzwachstums von vier Prozent auf 781,4 Millionen Euro im letzten Berichtsjahr, resultierte daraus ein operativer Verlust von 47,5 Millionen Euro. Das bereinigte EBITDA sank ebenfalls unter die Prognosen. Zur Bewältigung der Cyberattacke fielen Einmaleffekte in Höhe von 15,9 Millionen Euro an.

Die eingeplanten Restrukturierungen sollen bis zum Jahr 2024 einen signifikanten Beitrag zum bereinigten EBITDA leisten und zu einem zweistelligen Wachstum führen, während die Forschungs- und Entwicklungsausgaben reduziert werden.

Die konservativeren Prognosen und die anstehende Amtsübernahme von Wojczewski werden von Analysten wie Charles Weston von RBC und Benjamin Jackson von Jefferies mit Skepsis betrachtet, insbesondere im Hinblick auf die Profitabilität in den Jahren 2024 und 2025. Die zwangsweise Neubesetzung der Konzernspitze nach Lanthalers Rücktritt und die damit verbundenen Aktienverkäufe am Markt setzten Evotec zusätzlich unter Druck. Nuancierte Aktiengeschäfte des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und Spekulationen über Insiderhandel ließen zudem Untersuchungen der Bafin mutmaßen, zu denen keine offiziellen Äußerungen gemacht wurden. (eulerpool-AFX)