Europas Wirtschaftsstabilisierung in Griffweite mit Warnsignalen
In einer Zeit globaler wirtschaftlicher Unsicherheit liefert der Internationale Währungsfonds (IWF) eine perspektivreiche Einschätzung für die ökonomische Zukunft Europas. Eine stabile wirtschaftliche Landung nach der Krise erscheint erreichbar, allerdings ohne feste Garantien, verkündete Alfred Kammer, Direktor der Europa-Abteilung des IWF. Konkret liegen Chancen darin, die bestehenden Inflationsraten einzudämmen ohne nennenswerte wirtschaftliche Beeinträchtigungen zu riskieren. Die Herausforderung hier ist die Balance zwischen der Sicherung von Preisstabilität und der Gewährleistung einer andauernden Erholung.
Kammer machte deutlich, dass die russische Invasion in die Ukraine die europäische Wirtschaft spürbar schockiert und vor allem die Energiesicherheit empfindlich gestört hat. Als eine Schlüsselkomponente für eine erfolgreiche wirtschaftliche Stabilisierung Europas nennt er eine notwendige Entspannung des Arbeitsmarktes, die mit einem Anstieg privater Investitionen durch wachsenden Konsum einhergehen sollte. Europa stehe vor der Aufgabe, sein Potential für Wirtschaftswachstum zu erhöhen.
Dennoch besteht die Gefahr, dass die als sanfte Landung bezeichnete Erholung der europäischen Industrienationen, zu denen auch Deutschland zählt, durch mangelnde Konsumsteigerungen gefährdet sein könnte. Pessimismus auf der Verbraucherseite könnte sich negativ auf die Investitionstätigkeit auswirken. Trotz dieser Risiken prognostiziert der IWF für das laufende Jahr ein Wachstum von 0,8 Prozent für die europäischen Industrienationen. Diese Zahl liegt jedoch 0,4 Prozentpunkte unter den vorigen Erwartungen. Im nächsten Jahr soll das Wachstum dann 1,6 Prozent betragen.
Optimismus lässt der IWF jedoch auch anklingen: Sollte das Verbrauchervertrauen sich in Kombination mit anhaltenden Lohnsteigerungen rasch erholen, könnte das Wachstum Europas positiv überraschen. Eine als Achillesferse identifizierte Hürde bleibt das niedrige Potentialwachstum Europas, das ökonomische Fortschritte ohne temporäre konjunkturelle Ausschläge beschreibt. In seiner Analyse mahnt der Fonds zu einem besonnenen Vorgehen der Zentralbanken bei der geldpolitischen Lockerung.
Für Deutschland hat der IWF weniger erfreuliche Kurzfristprognosen parat; für das laufende Jahr wird lediglich ein Wachstum von 0,2 Prozent vorausgesagt, wobei frühere Erwartungen noch von einem Plus von 0,5 Prozent ausgingen. Ein Silberstreif am Horizont zeigt sich allerdings für 2025, für das wieder ein Anstieg auf 1,3 Prozent erwartet wird. Abschließend betont der IWF, dass Europa seine Fähigkeit, selbst größte Hindernisse zu überwinden, bereits bewiesen hat – entschlossenes und gemeinschaftliches Handeln vorausgesetzt. (eulerpool-AFX)