Europäische Serienlandschaft im Wandel: Schrumpfende Produktionen und neue Chancen
Die internationale Serienproduktion hat eine bemerkenswerte Transformation erfahren. Laut Guy Bisson von Ampere Analysis erlebten Streaming-Anbieter und Fernsehsender 2024 einen deutlichen Rückgang der Serienaufträge. Während im Boomjahr 2022 noch beeindruckende 777 Serien pro Quartal in Auftrag vergeben wurden, waren es 2024 nur noch 587 – ein Rückgang von 25 Prozent. Bisson bezeichnete dies als eine Zeit der Konsolidierung nach dem neuen Serienhoch im Zuge der Pandemie.
Besonders betroffen von den Einsparungen sind kostenintensive Formate wie Science-Fiction-Serien und Kinderprogramme. Krimis und Thriller hingegen erfreuen sich steigender Beliebtheit und machen mittlerweile fast ein Drittel des europäischen Programmangebots aus. Ebenso gewinnen öffentlich-rechtliche Sender an Bedeutung als Auftraggeber und tragen nun 55 Prozent zur europäischen Serienlandschaft bei, was sie zu einem unabdingbaren Pfeiler für neue Produktionen macht.
Ein weiteres Highlight der Series Mania in Lille, bei der 4500 Besucher aus 80 Ländern teilnahmen, war die Besorgnis über die medienpolitischen Veränderungen unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump. Robert Franke von ZDF Studios betonte, dass politische und kulturelle Verschiebungen in den USA bereits Einfluss auf die Serienproduktion nehmen, indem gesellschaftspolitische Inhalte zunehmend abgeflacht oder vermieden werden.
Netflix äußert sich diplomatisch und unterstreicht die Bedeutung ihrer diversen Inhalte für ihre internationale Abonnentenschaft. Mit einem Katalog, der verschiedene Kulturen und Zielgruppen in über 190 Ländern anspricht, bekräftigt der Streamingdienst seinen Anspruch auf Vielfalt.
Für Europa könnten diese Entwicklungen eine Gelegenheit darstellen. Internationale Koproduktionen und Inhalte, die sich vom amerikanischen Mainstream abheben, gewinnen an Relevanz. Dies zeigt sich exemplarisch am Projekt 'Ruth's Ghost', das kontroverse Themen wie Abtreibung behandelt und in Europa auf positive Resonanz stößt. Unterstützung erhält es unter anderem von der deutschen Produzentin Jana Lotze, die von einem 'historischen Moment' spricht. Insgesamt wurden auf der diesjährigen Series Mania 48 Premieren aus 19 Ländern vorgestellt – ein starkes Zeichen für die lebendige Vielfalt des europäischen Serienmarkts.