Erdinger erntet Empörung nach Werbevideo – Gewalt gegen Frauen ist kein Recruiting-Gag
Ein kurzer Instagram-Clip zur Personalgewinnung bringt die Privatbrauerei Erdinger Weißbräu in eine mediale Schieflage. Der Vorwurf: Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen. In dem mittlerweile gelöschten Werbevideo schwärmt eine junge Frau von ihrem Job – während symbolisch bedrohlich Hände mit Hammer, Flaschenöffner und Zapfhahn um ihren Kopf kreisen. Als sie das Bier nicht euphorisch genug lobt, wird angedeutet: Noch ein falsches Wort, und es könnte zuschlagen.
Was als augenzwinkernder Recruiting-Gag gemeint war, traf auf breite Empörung. Insbesondere der Account „Safe Space Chemnitz“, eine Plattform für Gewaltschutz mit mehreren Tausend Followern, kritisierte die Ästhetik des Spots scharf. In einem Statement wurde der Brauerei vorgeworfen, Femizide zu bagatellisieren: „Man nutzt das Leid einer ganzen Bevölkerungsgruppe für einen Werbespot.“ Die Kritik verbreitete sich schnell, auch über größere Medien wie den Bayerischen Rundfunk.
Erdinger reagierte, löschte das Video und erklärte, es sei keineswegs die Absicht gewesen, jemanden zu verletzen. Der Sprecher betonte, man habe mit „bayerischem Humor“ neue Bewerberinnen und Bewerber ansprechen wollen. Das Video sei im Haus entstanden – mehrere Abteilungen hätten es abgesegnet, die interne Einschätzung lautete: „Das kann man so veröffentlichen.“
Doch das Unverständnis bleibt. In einem gesellschaftlichen Klima, in dem laut Bundeskriminalamt nahezu täglich ein Femizidversuch stattfindet, ist die Grenze für Ironie besonders schmal. Der Shitstorm macht deutlich, wie sensibel Arbeitgeberkommunikation im digitalen Raum inzwischen geworden ist – besonders, wenn sie mit Gewaltbildern spielt.
Erdinger beschäftigt rund 500 Personen, viele davon Frauen, und beliefert Märkte weltweit. Dass ein familiengeführtes Traditionsunternehmen mit männlicher Unternehmensspitze an der sozialen Realität vorbei ins Fettnäpfchen tritt, zeigt ein strukturelles Problem: fehlendes Risikobewusstsein im Umgang mit gesellschaftspolitisch aufgeladenen Themen.