Bischöfin Maria Jepsen tritt zurück

Hamburg (dpa) - Die Bischöfin der Nordelbischen Kirche, Maria Jepsen, gibt auf. Sie sieht wegen massiver Vorwürfe im Zusammenhang mit einer Jahrzehnte zurückliegenden Missbrauchsaffäre ihre Glaubwürdigkeit erschüttert und erklärte am Freitag in Hamburg ihren Rücktritt.

Nach Margot Käßmann verliert die evangelische Kirche in Deutschland damit innerhalb kurzer Zeit die zweite Frau in führender Position. In Kirchenkreisen wurde Jepsens Rücktritt mit Bedauern aufgenommen.

«Meine Glaubwürdigkeit wird angezweifelt. Von daher sehe ich mich nicht in der Lage, die frohe Botschaft so weiterzusagen, wie ich es bei meiner Ordination und bei meiner Bischofseinführung vor Gott und der Gemeinde versprochen habe», sagte Jepsen. Die zierliche 65-Jährige wirkte gefasst, aber verbittert. Fragen der Journalisten waren nicht gestattet. Sie verlas ihre Erklärung ohne jede sichtbare Gemütsregung.

«Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg» - an diesem Psalmvers, meinem Konfirmationsspruch, orientiere ich mich, trotz der Äußerungen in den Medien, die mir Schlimmes unterstellen», sagte sie in ihrer Rücktrittserklärung. Jepsen war im April 1992 zur Bischöfin von Hamburg und damit zur ersten evangelisch-lutherischen Bischöfin der Welt gewählt worden.

In den vergangenen Tagen war sie im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen gegen einen Pastor in Ahrensburg bei Hamburg immer stärker in die Kritik geraten. Der Pastor soll vor allem in den 80er Jahren heranwachsende Jungen und Mädchen missbraucht haben. Die Bischöfin will von den Vorwürfen erst im Frühjahr 2010 erfahren haben; nach Medienberichten hatte sie jedoch bereits 1999 einen Hinweis darauf erhalten.

Mit großem Bedauern und Respekt reagierte die Nordelbische Kirche auf den Rücktritt. Es sei «eine besondere Tragik, dass Bischöfin Jepsen mit ihrem Rücktritt Verantwortung für etwas übernimmt, das ihr in keiner Weise als persönliche Schuld angelastet werden kann und darf», sagte der Vorsitzende der Kirchenleitung, Bischof Gerhard Ulrich.

Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, bedauerte den Rücktritt. «Frau Jepsen hatte immer eine Sensibilität dafür, dass die Opfer im Vordergrund stehen müssen», sagte Schneider der Nachrichtenagentur dpa. «Es zeigt sich, dass evangelischerseits die Bereitschaft sehr ausgeprägt ist, Verantwortung zu übernehmen und Konsequenzen zu ziehen - und die eigene Person dabei nicht zu schonen.» Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke sagte: «Dieser Schritt bestätigt ihre Geradlinigkeit und Aufrichtigkeit.»

Es ist bereits der dritte Bischofs-Rücktritt innerhalb weniger Monate in Deutschland. Am 8. Mai hatte Papst Benedikt XVI. den Rücktritt des katholischen Augsburger Bischofs Walter Mixa angenommen. Die Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche und Bischöfin von Hannover, Margot Käßmann, trat am 24. Februar nach einer Trunkenheitsfahrt zurück.

«Vertrauensvolle Zusammenarbeit ist mir immer von großer Bedeutung gewesen», sagte Jepsen, die in einem schwarzen Kleid an der Seite Ulrichs vor Dutzende Journalisten trat. «Ohne Ehrlichkeit und Offenheit hätte ich meinen Dienst nicht tun können und wollen. Ich erwarte, dass die Missbrauchsfälle in Ahrensburg und anderswo zügig aufgeklärt werden und die Wahrheit ans Licht kommt.»

Die frühere schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) zeigte sich schockiert. «Ich weiß, dass sie eine wirklich integere Frau ist, dass sie gekämpft hat für bestimmte Sachen, insbesondere für die Rechte der Frauen in der Kirche und außerhalb der Kirche.»

Nach Jepsens früherer Darstellung in Medien war sie nur über eine Affäre des Pastors mit einer Frau informiert worden. «Das Wort Missbrauch ist nie gefallen, da wäre ich unruhig geworden», sagte sie in einem Interview. Am Freitag veröffentlichte das «Hamburger Abendblatt» die eidesstattliche Versicherung einer Zeugin, die Jepsen bei einer flüchtigen Begegnung während eines Kongresses 1999 in Lübeck über die Vorfälle informiert haben will. Der Pastor wurde 1999 versetzt, 2001 ging er in den Ruhestand. Erst seit März 2010 untersucht ein Kirchengericht die strafrechtlich verjährten Missbrauchsvorwürfe. Der Fall wurde der Staatsanwaltschaft übergeben.

Im April 2002 hatten die Kirchenparlamentarier Jepsen für eine weitere, zehnjährige Amtszeit als Bischöfin bestimmt. Sie machte die Diakonie, die Ökumene und die interreligiösen Begegnungen zu ihren vorrangigen Themen und blieb eine Vorkämpferin für die Gleichstellung der Frau in der Kirche.

Kirchen
16.07.2010 · 20:14 Uhr
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