Analyse: Libanon stellt Versorgung syrischer Flüchtlinge ein

Tripoli/Libanon (dpa) - Die Schrapnell-Splitter stecken schon seit Wochen in seinem Körper, doch auf mehr als Schmerzmittel kann Ahmed derzeit nicht hoffen. Der junge Syrer war im Juni bei einem Angriff von Regierungstruppen auf die Protesthochburg Homs verletzt worden.

Wie tausende andere Landsleute flüchtete der 20-Jährige über die Grenze in den benachbarten Libanon, um dort medizinisch behandelt zu werden. Vergebens: Die Regierung in Beirut hat angekündigt, sie habe kein Geld mehr, die Flüchtlinge zu versorgen.

«Eigentlich sollte er am Freitag operiert werden», erzählt Ahmeds besorgte Mutter im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. «Nur Gott weiß nun, wann es soweit sein wird.» Es könne noch Monate dauern. Zusammen mit ihrem Sohn wartet sie in einem staatlichen Krankenhaus im nordlibanesischen Tripoli auf Nachrichten. Zwar war Ahmed auch in Syrien beim Arzt gewesen. Doch die kleine Klinik konnte die Schrapnell-Splitter nicht entfernen, weil die Wunde stark entzündet war. Für Ahmed steht viel auf dem Spiel: Werde er operiert, könne er auch wieder laufen, haben ihm die Ärzte gesagt.

«Nach dem Beschluss der Regierung, die syrischen Flüchtlinge nicht mehr zu behandeln, haben wir alle Operationen bis auf Weiteres verschoben», erklärt Ibrahim Baschir, der Vorsitzende der staatlichen Kommission für humanitäre Hilfe. Nach seinen Worten kostet die medizinische Versorgung der ins Land geflohenen Syrer den libanesischen Staat mittlerweile eine Million Dollar (rund 820 000 Euro) im Monat. «Gemessen am Staatshaushalt des Libanon ist das sehr viel.»

In Regierungskreisen heißt es, der Libanon habe noch von keiner einzigen internationalen Hilfsorganisation Unterstützung bekommen. Dabei habe das Land schon jetzt ernste wirtschaftliche Probleme. Die medizinische Versorgung der syrischen Flüchtlinge werde solange unterbrochen, bis es mit internationalen Organisationen eine Einigung über finanzielle Hilfe für den Libanon gebe, heißt es. In dem Land sind fast 27 000 syrische Flüchtlinge registriert, die syrische Opposition selbst spricht von 30 000.

Unter ihnen sind viele Menschen, die bei Angriffen auf Hochburgen des Widerstands gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad verletzt wurden. Aus Furcht, festgenommen zu werden, meiden sie Krankenhäuser in ihrer Heimat und suchen stattdessen Hilfe im Libanon.

Seit dem Beginn des Aufstandes gegen Assad im März 2011 hatte der Libanon syrische Flüchtlinge in staatlichen Krankenhäusern gratis behandelt. Die Entscheidung, diese Versorgung einzustellen, sei ungerecht und überdies politisch motiviert, beklagt Abu Raed, ein syrischer Aktivist, der in Tripoli eine Hilfsorganisation leitet. «Dieser Beschluss wird dazu führen, dass noch mehr Syrer sterben», sagt er. Schon jetzt kämen in Syrien die Menschen zu hunderten ums Leben, ermordet durch das brutale Assad-Regime.

Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) hat sich zwar bereit erklärt, einen Teil der Kosten zu übernehmen. Dies gelte aber nur für Notfälle, betonte die für den Libanon zuständige Sprecherin, Dana Suleiman.

Konflikte / Syrien / Libanon
13.07.2012 · 22:12 Uhr
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