Versicherte schulden den Krankenkassen Milliarden

Berlin (dpa) - Hunderttausende Nichtzahler reißen bei den Krankenkassen ein immer größeres Milliardenloch. Die Rückstände belaufen sich bei gesetzlichen und privaten Kassen zusammen auf mehr als zwei Milliarden Euro.

Die Bundesregierung erwägt, in der privaten Krankenversicherung (PKV) mit einem Nichtzahler-Tarif zu helfen. Bei der gesetzlichen Versicherung (GKV) soll alles beim Alten bleiben.

In der GKV gibt es nach den jüngsten Zahlen vom Februar einen Rückstand von 1,53 Milliarden Euro, wie ihr Spitzenverband der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag auf Anfrage mitteilte. Seit dem Stand von 1,04 Milliarden Euro ein Jahr zuvor war er kontinuierlich größer geworden.

Zuletzt wuchsen die Außenstände allein binnen eines Monats spürbar. Im Januar waren es laut Verband noch 1,44 Milliarden Euro. Die Rückstände stammen von rund 640 000 Versichertenkonten, wobei die Kassen manchmal mehrere Konten pro Versichertem führen. In der PKV gibt es laut PKV-Verband 144 000 Nichtzahler mit Rückständen von 554 Millionen Euro.

Die Zahl der Nichtzahler war gestiegen, nachdem unter der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) die Versicherungspflicht eingeführt wurde - 2007 für die GKV, 2009 für die PKV. Zuvor hatte ein Anstieg bei den Bürgern ohne jede Krankenversicherung auf bis zu 196 000 Menschen 2007 die Politik in Alarmstimmung versetzt.

«Die Einführung der Versicherungspflicht bedeutete nicht, dass die Mitglieder ihre Beiträge auch zahlen können», sagte GKV-Verbandssprecherin Ann Marini. Allein von den Rückkehrern in die GKV stünden 466 Millionen Euro aus. Wegen auch rückwirkender Beitragsschuld können auf einen Schlag größere Beträge fällig werden. Auch weitere freiwillig versicherte Selbstständige sind unter den säumigen Zahlern.

Die meisten der Versicherten, die den Kassen Geld schulden, gelten als arm - früher sprang für sie weit öfter das Sozialamt ein. Heute häufen sich für viele Schulden bei den Kassen auf.

Der PKV-Verband pocht auf Änderungen im Versicherungsrecht, «um für diese Personengruppe einen entsprechenden Tarif mit niedrigeren Beiträgen und mit Leistungen auf dem Niveau des Basistarifs bilden zu können», wie Sprecher Stefan Reker der dpa sagte. Wie aus einer aktuellen Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, erwägt die Bundesregierung einen PKV-Nichtzahler-Tarif. Das für das PKV-Recht zuständige Finanzministerium bestätigte dies. Die politisch Verantwortlichen hätten sich damit aber noch nicht befasst, sagte ein Sprecher der dpa.

Für die GKV ist ein Nichtzahler-Tarif nicht beabsichtigt. «Die Krankenkassen haben ausreichende Möglichkeiten», sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums der dpa. Betroffene könnten zudem mit der Kasse Ratenzahlungen vereinbaren.

Für den Fall, dass Privatversicherer für Beitragsausfälle aus dem Staatshaushalt entlastet werden, forderte der GKV-Verband dies auch für gesetzliche Kassen. PKV-Verbandssprecher Reker betonte hingegen: «Die private Krankenversicherung fordert keinen Cent aus der Staatskasse zur Lösung des Nichtzahler-Problems.»

Bei den Kassen gibt es in der Regel gestaffelte Mahnverfahren. Säumige Zahler werden oft mehrfach angeschrieben, wie es bei den Versicherungen hieß. Zuletzt versuchen die Hauptzollämter als Inkassostellen des Bundes und anderer öffentlich-rechtlicher Einrichtungen das Geld einzutreiben. Bei AOKen unter Aufsicht der Länder gelten andere Vollstreckungsverfahren.

Bei vielen Betroffenen sei aber kaum etwas zu holen, hieß es in Kreisen einzelner Kassen. Weder gesetzliche noch private Kassen können säumige Mitglieder rauswerfen - allerdings sichern sie nur eine Notversorgung.

Im November hatte der Bundesrechnungshof den Bund aufgefordert, Beitragsrückstände zur Sozialversicherung insgesamt von fast 7 Milliarden Euro zu reduzieren. GKV-Verbandssprecher Florian Lanz betonte nun, gemessen an allen Beitragseinnahmen beliefen sich die Außenstände bei den gesetzlichen Kassen auf nur 0,89 Prozent.

Gesundheit / Krankenkassen
17.04.2012 · 16:34 Uhr
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