Statista liefert künftig Daten für KI – Microsoft-Deal ist Auftakt zur Transformation des Geschäftsmodells
Statista verzeichnete 2024 einen Umsatzrekord von 164 Millionen Euro – zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Doch statt sich auf dem Wachstum im klassischen Plattformgeschäft auszuruhen, steuert das Hamburger Datenunternehmen strategisch in eine neue Richtung: Daten für Künstliche Intelligenz.
Seit kurzem bietet Statista seine Inhalte über eine API Partnern zur Integration in eigene Systeme an. Microsoft zählt zu den ersten Kunden. Dessen digitaler Assistent „Copilot“ wird ab dem dritten Quartal auf Statista-Daten zugreifen – gegen Aufpreis. Ziel ist es, Daten direkt in Anwendungen wie PowerPoint zu laden, inklusive automatischer Erstellung von Infografiken.
Statista-Chef Marc Berg sieht darin nicht weniger als die Neupositionierung des Unternehmens: „Wir wollen der führende Datenanbieter für KI-Ökosysteme weltweit werden.“ Gespräche mit rund 20 weiteren Firmen laufen, unter anderem mit der Designplattform Canva. Fünf neue Verträge sollen bis Jahresende folgen.
Hintergrund ist ein tiefgreifender Wandel im Nutzungsverhalten. „Wir beobachten eine radikale Transformation, wie Menschen mit Computersystemen interagieren“, sagt Berg. Die Internetrecherche über Suchmaschinen verliert an Bedeutung. Chatbots wie ChatGPT und spezialisierte Assistenten wie Copilot übernehmen zunehmend diesen Zugang zu Informationen – und setzen neue Maßstäbe für Aktualität, Format und Tiefe.
Das birgt für Statista Risiken und Chancen zugleich. Wenn Chatbots die klassische Websuche ablösen, verlieren Plattformen wie Statista Sichtbarkeit. Gleichzeitig bietet sich die Möglichkeit, sich als verlässlicher Zulieferer für Large Language Models zu etablieren – mitsamt Lizenzvereinbarungen, die rechtliche Grauzonen vermeiden sollen. „Wir können nachweisen, dass viele Chatbot-Antworten auf unseren Daten beruhen“, so Berg.
Für diese Rolle will sich Statista tiefgreifend umbauen – strukturell wie technisch. Ein neues Anmeldesystem für Chatbots, spezialisierte Vertriebseinheiten für KI-Partner und umfassende Datenprüfungen zur Halluzinationsvermeidung sind bereits in Arbeit.
Noch ist das Modell nicht in den Geschäftsplänen erfasst, zu unsicher sind Marktannahmen zu Zahlungsbereitschaft und Kundenvolumen. Dennoch spricht vieles für das Potenzial. Ein Blick auf Reddit zeigt, wie stark die Bewertung eines Unternehmens steigen kann, wenn es KI-Anbietern verlässliche Daten liefert.
Für den Mutterkonzern Ströer könnte dies zu einem günstigen Zeitpunkt kommen. Ein Börsengang oder Verkauf von Statista ist seit 2023 im Gespräch, konkrete Abschlüsse scheiterten bislang an Preisvorstellungen. Die neue Positionierung als Infrastrukturpartner für KI-Systeme dürfte die Bewertung jedoch erheblich beeinflussen.