Spinnenweben als Inspiration für akustische Innovationen
Die Natur bietet oftmals faszinierende Ansätze für technologische Durchbrüche – neuestes Beispiel: Spinnenseide. Wissenschaftler der Binghamton University und der Cornell University entdeckten im letzten Jahr, wie Spinnen ihre Netze als gigantische, externe Trommelfelle nutzen, um Schallwellen aus bis zu drei Metern Entfernung wahrzunehmen. Diese Erkenntnis ebnet nun den Weg für revolutionäre Mikrofone, die, inspiriert vom feinen Gespinst, in der Behandlung von Hörschäden und sogar für verbesserte Hörsysteme eingesetzt werden könnten.
Die Beschaffenheit der Spinnenseide ist dabei das zentrale Wunderwerk. Während typische Wurmsseide sich hervorragend für Bettwäsche eignet, überzeugt Spinnenseide durch ihre Robustheit. Diese Eigenschaften haben bereits zum Entwurf leichterer, atmungsaktiver Rüstungen und Materialien geführt, die Flugzeugkomponenten stärken, ohne ihr Gewicht zu erhöhen. Spinnenseide könnte somit als Vorlage für Mikrofone dienen, die auf einen Mechanismus setzen, der sich von dem menschlichen Hören unterscheidet.
Anstatt durch Druckwellen wie eine Trommel zu vibrieren, bewegen sich die Netzstrukturen mit dem Fluss der verdrängten Luft. Ronald Miles, Professor für Maschinenbau an der Binghamton University, verdeutlicht dieses Prinzip mit dem Vergleich, Luft sei ein flüssiges Medium „wie Honig“. Während Menschen diesen Widerstand kaum wahrnehmen, reagieren Seidenfasern äußerst empfindlich auf die Viskosität und die Geschwindigkeit der Luftströme.
Dieses einzigartige Verhalten der Seide hat Miles und sein Team zu der Frage inspiriert, ob Mikrofone nicht effizienter seien, wenn sie die Luftbewegung – ähnlich den Spinnen – anstatt den Schalldruck für die Tonerfassung nutzen würden. „Menschen sind oftmals anmaßende Tiere“, so Miles. „Sie erschaffen Geräte, die so funktionieren, wie sie selbst es tun.“ Das Bestreben, diese anthropozentrische Sichtweise zu überwinden und Geräte zu entwickeln, die mehr dem empfindlichen Bewegungssinn der Spinnen ähneln, könnte eine neue Generation akustischer Instrumente hervorbringen. (eulerpool-AFX)