Report: Türkei will nicht auf «Brüder» schießen

Istanbul (dpa) - Nach dem Beginn der Luftangriffe auf Libyen verschwimmt im Nato-Land Türkei zunehmend die Grenze zwischen Gut und Böse in dem Konflikt. Ankara hegt Zweifel an den Motiven für die Angriffe auf Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi.

Im Falle Frankreichs vermuten die Türken innenpolitische Gründe hinter dem Militärschlag - wenn nicht sogar Interesse am libyschen Öl. Türkische Kommentatoren greifen diese Theorie, die auch von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan genährt wird, begierig auf.

Aufständische wie auch Anhänger Gaddafis, die sich nach Warnungen vor einem drohenden Völkermord nun weiter blutige Kämpfe liefern, werden schon wieder fast wie ein einiges Volk behandelt, das auf dem Weg zur Freiheit auf die Unterstützung der Türkei bauen könne. «Die Türkei wird niemals eine Waffe auf die libyschen Brüder richten», sagte Außenminister Ahmet Davutoglu, dessen Staat als einziges Nato-Land eine große muslimische Mehrheit hat.

Ziel müsse es sein, humanitäre Hilfe ins Land zu bringen und die Kämpfe mit einem Waffenembargo und einer Flugverbotszone zu beenden. «Ziel sollte es nicht sein, im großen Stil einen Krieg zu beginnen», sagte Davutoglu.

Die Türkei fühlt sich aber auch vom Vorpreschen Frankreichs hintergangen. Erdogan sei beleidigt, dass Präsident Nicolas Sarkozy ihn am Samstag nicht zum Libyen-Gipfel nach Paris eingeladen habe, obwohl die Türkei als Nato-Mitglied in den Wochen zuvor an militärischen Planungen beteiligt gewesen sei, meinen türkische Kommentatoren.

«Ich habe dreimal mit Gaddafi gesprochen und ihn freundlich gebeten, seinen Rücktritt zu erklären», sagte Erdogan. «Das ist leider nicht geschehen». Nun wolle Sarkozy politisches Kapital aus der Lage schlagen.

Auch eine persönliche Abneigung zwischen den beiden Männern spielt womöglich eine Rolle. Bei einem Besuch in Ankara verweigerte Sarkozy jüngst dem türkischen Regierungschef die gewünschte gemeinsame Pressekonferenz. Erdogan revanchierte sich. Er gab dem französischen Präsidenten noch auf den Treppenstufen von oben herab die Hand und ließ ihn damit auf Pressefotos noch kleiner erscheinen.

Nun führt die türkische Regierung auch formale Bedenken gegen den Kampfeinsatz an. Die international geltenden Regeln seien nicht voll beachtet worden. Ankara fordert nach dem UN-Mandat auch eine Führung des Einsatzes durch die Vereinten Nationen. «Der Libyen-Einsatz sollte unter dem Dach der UN ausgeführt werden. Die UN sollten die Entscheidungen treffen», sagte Außenminister Davutoglu.

Erdogan habe den britischen Premierminister David Cameron zu den Zielen eines Nato-Einsatzes befragt, berichtete eine türkische Zeitung. Wenn damit jemandem die Kontrolle über die libyschen Bodenschätze verschafft werden solle, werde sich die Türkei nicht beteiligen, sagte Erdogan demnach.

Allerdings hat Ankara selbst erhebliche wirtschaftliche Interessen. Türkische Unternehmen bauen in Libyen an großen Infrastrukturprojekten und haben Verträge im Umfang von 15 Milliarden US-Dollar (rund 11 Milliarden Euro) abgeschlossen. Erst vor einigen Tagen bereitete die türkische Flughafengesellschaft TAV ihre Rückkehr nach Libyen vor. Das Unternehmen schickte auf Bitte der Führung in Tripolis zwei Ingenieure in die Hauptstadt, die dort Bedingungen für eine Fortsetzung des Baus eines neuen Flughafens prüfen sollen.

Konflikte / Libyen / Türkei
23.03.2011 · 00:11 Uhr
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