Massenproteste in Israel fordern politische Wende und Geiselfreilassung
In einem beispiellosen Ausmaß haben zehntausende Israelis ihren Unmut gegen die aktuelle Regierungsführung zum Ausdruck gebracht und sich im Zentrum Jerusalems versammelt, um den Abtritt des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu zu fordern. Im Brennpunkt der Proteste stehen der Ruf nach Neuwahlen, eine effiziente Strategie für die Befreiung der Geiseln aus den Fängen der Hamas sowie grundsätzliche politische Reformen.
Die Lage vor Ort war durch aufgebrachte Bürger gekennzeichnet, die ihrem Ärger über die Amtsführung Netanyahus Luft machten. Oppositionsführer Jair Lapid, der sich inmitten des Protests zu Wort meldete, warf dem Premierminister vor, fundamentale Beziehungen, insbesondere die zu den Vereinigten Staaten, zu zerstören und die im Gaza gefangen gehaltenen Israelis unzulänglich zu schützen. Seine scharfen Worte gipfelten in dem Vorwurf, Netanyahu betreibe Politik auf Kosten der nationalen Interessen.
Netanyahu selbst nahm eine verteidigende Haltung an und lehnte die Vorschläge einer Neuwahl mit dem Argument ab, sie würde das Land während einer entscheidenden Phase des Konflikts lähmen. Der Zeitpunkt, so betonte er, sei unpassend, da das Land kurz vor einem militärischen Erfolg stehe. Eine solche Entscheidung könne auch die laufenden Bemühungen zur Freilassung von Geiseln erheblich behindern sowie die Etablierung eines Waffenstillstands und die damit verbundenen Gefangenenaustausche verzögern.
Die emotionale Dimension der Auseinandersetzung wurde besonders deutlich, als Angehörige der entführten Israelis dem Ministerpräsidenten vorwarfen, kein genuines Interesse an einer Lösung der Geiselkrise zu zeigen. Trotz der teilweisen Erfolge bei vorherigen Austauschabkommen, durch die einige Geiseln freikamen, bleibt die Besorgnis über das Schicksal der verbliebenen Opfer bestehen. Netanyahu unterstrich jedoch seine Verpflichtung, alle Bürger zurückzuholen und keinen zurückzulassen.
Bei einem Angriff militanter Gruppen aus dem Gazastreifen waren über 250 israelische Bürger entführt worden. Obwohl einige bereits freigelassen wurden, wird geschätzt, dass noch knapp 100 das Entführerdrama überlebt haben könnten. (eulerpool-AFX)