Mad Game Tycoon: Endlich wieder Räume bauen!
Als großer Tycoon-Fan bin ich ständig auf der Suche nach Spielen, die den Namen Tycoon auch verdient haben und werde dabei sehr oft enttäuscht.
Versteht mich nicht falsch, vor allem durch den Indie-Boom der letzten Jahre sind immer mal wieder gute Perlen wie Prison Architect oder Game Dev Tycoon auf den Markt gekommen. Doch der überwiegende Teil der Spiele, die ich beim Durchblättern der verschiedenen Portale entdecke sind schon auf den ersten Blick großer Mist. Außerdem ist für mich persönlich der Begriff Tycoon immer mehr verwässert worden. Ein richtiger Tycoon ist meiner Meinung nach nur einer, bei dem man mit einer Figur herumläuft wie bei Airline Tycoon oder durch das Bauen von Räumen, wie bei Theme Hospital, Einfluss auf den Spielverlauf nehmen kann. Alles andere ordne ich unter (Wirtschafts-)Simulationen ein.
Durch diese Sichtweise grenze ich natürlich dieses Nischen-Genre schon ganz schön ein, weshalb ich sehr froh war als ich bei Steam auf Mad Game Tycoon gestoßen bin, das eine ähnliche Wirkung auf mich hatte wie für Motten das Licht. Ob das Early-Access Spiel den ersten Eindruck bestätigen konnte versuche ich in unserem Gamebolds-Preview zu klären.
Ohne Tutorial und große Reden gibt einem das Spiel die Wahl zwischen zwei Auswahlmöglichkeiten. Mit der Schnelleinstieg-Option eröffnet man quasi ein StartUp mit einem kleinen Büro und ohne diese Option fängt man als Entwickler in der eigenen Garage mit (noch) weniger Kapital an, was freilich ein bisschen schwerer ist. Dazu besteht noch die Möglichkeit zwischen drei Schwierigkeitsstufen zu wählen und schon kann es mit dem eigenen Charakter losgehen.
Zum Start der Entwicklerkarriere stehen nur wenige Räume zum Bauen bereit. Dass es kein Tutorial gibt ist nicht weiter schlimm, da das Gameplay eigentlich selbsterklärend ist. Raum auswählen, so lange ziehen, bis man mit der Größe einverstanden ist, Tür setzen und gut ist. In einem weiteren Menüpunkt wird die Ausstattung gekauft und voilà, schon kann in dem erstellten Zimmer gearbeitet werden.
Das nackte Überleben
In jedem Raumtyp gibt es verschiedene Auswahlmöglichkeiten. Dreh und Angelpunkt ist allerdings die Entwicklungsabteilung in der Engines programmiert, Spiele entwickelt oder Auftragsarbeiten erledigt werden können. Da der Anfang von Mad Game Tycoon schon knackig ist und schnell im Konkurs enden kann, hat es sich bewährt, relativ schnell Personal einzustellen. Denn am Anfang empfiehlt es sich, die relativ lukrativen Auftragsarbeiten anzunehmen, die alleine jedoch nicht zu stemmen wären. Außerdem ist das Gehalt der Mitarbeiter verschmerzbar.
Das zusätzliche Personal benötigt dafür einen weiteren Schreibtisch in dem jeweiligen Büro, dann arbeitet es auch mit und verkürzt die Bearbeitungszeit immens. Natürlich darf bei all dem Geld verdienen nicht vergessen werden, dass man ja selbst Spiele auf den Markt bringen möchte. In welchem Jahr uns Mad Game Tycoon auf den Markt schmeißt ist zwar nicht zu erfahren, vermutlich aber in den frühen 80ern, da die Genreauswahl lediglich die Klassiker wie Denk-, Arcarde- oder Geschicklichkeitsspiele umfassen. Zu der Auswahl des Genres kommt noch die Wahl des Untergenres, das Thema (Zombies, Piraten, Vampire… usw) und des Titels.
Im späteren Spielverlauf kann außerdem ein Kopierschutz oder eine Engine im Chefbüro erworben werden. Wer sich vor Piraterie schützt, verkauft mehr Einheiten (einen negativen Effekt hat die Maßnahme nicht) und die Engine verbessert selbstredend alle Bereiche mit unumgänglichen Features im Grafik-, Sound- und Musikbereich. Auch spätere Entwicklungen wie die Maussteuerung machen eure Spiele dank vernünftiger Engine besser.
Konsolen kommen und gehen, der PC bleibt
Ebenfalls zum Hinzukaufen gibt es sogenannte DevKids für verschiedene Plattformen um die entwickelten Spiele auch darauf zu veröffentlichen. Wohl, weil die deutschen Entwickler von Eggcode keine Lust hatten sich mit Markenrechtsstreitigkeiten zu beschäftigen, heißen die Konsolen, Handhelds und Co nicht wie ihre echten Namensgeber. Allerdings ist es ein leichtes zu erahnen, welcher Hersteller gemeint ist. Wer allerdings meint, schlau zu sein und sich auf bestimmte Plattformen wie die YBox zu konzentrieren, da die Xbox in der echten Welt ja erfolgreich war, hat nicht mit dem Zufallsgott gerechnet. Multiplattform-Entwicklung ist indes erst nach der Entwicklung mehrerer Spiele möglich. Natürlich ist es ebenfalls möglich, dass Plattformen wieder vom Markt verschwinden, während der PC ein treuer Begleiter bleibt und zumindest bei uns immer ausreichend Marktanteil besaß. So kann es bei langen Entwicklungszeiten dazu kommen, dass man für eine Plattform entwickelt, die beim Release schon gar nicht mehr am Markt existiert. Dann heißt es Pech gehabt!
Wurde diese Hürde gemeistert bleibt nur noch die harte Frage der Balance des eigenen Spiels. Möchte man lieber ein Grafikwunder haben oder doch lieber ein verbessertes Gameplay, Story oder Spielzeit, Atmosphäre oder Funktionen, Spieltiefe oder Einsteigerfreundlichkeit und schlussendlich, ob es eher für Casual-Gamer oder doch lieber für Core-Gamer sein soll? Anhand der Einstellung dieser Schieberegler wird in der darauf startenden Entwicklungsphase das Augenmerk gelegt.
Sogleich machen sich die Angestellten der Entwicklungsabteilung mal mehr und mal weniger motiviert an die Arbeit. Es kann aber auch gerne mal vorkommen, dass der Mitarbeiter mal keinen Bock hat und sich auf der Couch eine Verschnaufpause gönnen möchte. Ist dann keine Sitzgelegenheit in der Nähe, kann er auf dem Weg durchs halbe Büro schon gut und gerne mal die Hälfte der Entwicklungszeit verbummeln, was sich letzten Endes auf die Qualität niederschlägt. Ähnliches gilt, wenn ihm einfällt, dass er unbedingt kopieren muss und der einzige Kopierer im Büro am Ende des Gebäudes steht.
Leckt mich Leute ich geh kopieren
So nimmt die Einrichtung der Zimmer auch eine entscheidende Rolle in Mad Game Tycoon ein. Zum einen gibt eine umfangreiche Einrichtung nicht nur Prestige, zum anderen benötigt man gewisse Gegenstände auch für einige Bewerber, die diese explizit fordern. Der eine braucht unbedingt ein Snackautomat, damit er rekrutiert werden kann, der andere legt Wert auf Sicherheit und fordert unbedingt einen Feuerlöscher im Büro. Allerdings bleiben die neuen Bewerber auch im späteren Spielverlauf ziemlich unterqualifiziert, weshalb es ratsam ist, relativ schnell einen Schulungsraum zu bauen und das Personal zu Lehrgängen zu schicken.
Diese kosten je nach Level (drei je Kategorie) unterschiedlich viel Geld und bringen die Mitarbeiter in dem jeweiligen Gebiet (Grafik, Gamedesign, Bürokommunikation, Programmierung, Sound) ein gutes Stück weiter. Außerdem steigert jede Schulung den Arbeitswillen, was als Arbeitgeber immer wie Musik in den Ohren klingt.
Dass gearbeitet wird, zeigen unsere Mitarbeiter mit einem Fortschrittsbalken und Symbolen an, mit denen man die Produktivität einschätzen kann. Ist unser erstes Spiel fertig, müssen wir uns zuerst einen Publisher suchen und dann die Kritiken der Presse stellen. Zu Beginn wird das eher ernüchternd sein. Erst mit fortschreitender Schulung der Mitarbeiter und Erhöhung desser wird das besser werden. Hat man allerdings einmal einen Erfolgshit gelandet und das Tal der hungrigen Indie-Devs durchschritten, wird das Spiel zum Selbstläufer.
Doch nach dem ersten Erfolgen wird man sich neuen Herausforderungen stellen müssen und auch wollen. Da der Zukauf der Engine enorm viel kostet, viele verlangen Gewinnbeteiligungen von über 30%, ist es naheliegend diese selbst zu erstellen. Also Forschungsabteilung gebaut, Forschungsteam angeheuert und fleißig Features erforschen mit der eine Engine entwickelt werden kann. Diese kann anschließend auch an andere Entwickler verkauft werden, um ein bisschen Zubrot zu erwirtschaften.
Alles für die Likes
Ebenfalls erforscht werden können neue Genres und Themengebiete. Via Anzeige teilt einem das Spiel den Trend, der gerade herrscht mit. Bringt das eigene Studio dann ein Game auf den Markt, dessen Kombination zwischen Thema und Genre gerade Hip ist, gibt das einen guten Verkaufsboost. Allerdings ist auch das komplett zufallsgesteuert, weshalb so kuriose Kombinationen wie Mode und Sport keine Seltenheit sind. Und wenn man nicht gerade einen Christiano Ronaldo Simulator entwickelt, wird man wohl nicht von selbst auf die Idee kommen, diese Kombi zu wählen.
Wer es geschickt anstellt wird auch schon bald bei den jährlichen Awards abräumen und dadurch einige Fans hinzugewinnen, die freilich auch Einfluss auf den Verkaufserfolg besitzen. Doch diese wollen bei Laune gehalten werden, weshalb ein Supportteam aufgebaut werden muss, die dann so tolle Sachen wie zum Beispiel eine Hausmesse für die Fans veranstalten. Zu besseren Verkaufszahlen verhilft auch ein Marketingteam, das die eigenen Spiele mittels PR-Aktionen bekannter macht.
Befreiung aus der Knechtschaft
Wer sich aus den Zwängen der Publisher reißen möchte, kann mittels Produktions- und Lagerraum ohne zusätzliches Personal seine Spiele in Eigenregie vertreiben. Hierbei fällt ein deutlich größerer Gewinn pro verkaufter Einheit ab. Allerdings muss die Nachfrage relativ gut eingeschätzt werden, damit nicht zu viele Restbestände übrig bleiben, die allenfalls mit Verlust weiterverscherbelt werden können.
Natürlich wird es schwer werden all diese Zimmer in die anfangs erhaltene Garage oder in dem kleinen Büro unterzubringen. Deshalb gibt es verschiedene Komplexe zu erwerben. Allerdings muss nach jedem Neuerwerb jedes Mal alle Büros neue aufgebaut werden – lediglich das Personal bleibt erhalten. Eine einfache Erweiterung des Gebäudes wie etwa in Theme Hospital ist nicht möglich. Im Personalmanagement kann das Spiel gerne noch eine Schippe zulegen. Den Überblick über sein Personal zu behalten ist nicht ganz so einfach, da sie lediglich mit der Maus in ein Raum geworfen werden können um sie so zuzuordnen. Verschwindet diese Zuordnung durch eine Schulung oder eben einen Gebäudekauf, dann ist das eine ganz schöne Wurstelei. Auch wenn aus Versehen ein Mitarbeiter durch wildes Klicken eingestellt wird, kann das nicht mehr rückgängig gemacht werden und er muss mühselig gefeuert werden.
Der Ritterschlag stellt in Mad Game Tycoon die Entwicklung von MMOs dar. Diese sind nicht nur schweineteuer zum erstellen, sondern es müssen auch ausreichend Server zur Verfügung stehen. Dass diese Planungen schwer fallen können, haben im Real Life durch die Bank alle großen Publisher bewiesen. Sei es Blizzard mit WoW und Diablo, EA mit Sim City oder Rockstar mit GTA. Fails wohin das Auge reicht und da wollt ihr euch ja nicht einreihen oder?
Um den Unterhalt der Serverfarmen zu finanzieren, können monatliche Abogebühren verlangt werden. Als fast letzte Option ist es auch möglich Free2Play-Spiele zu entwickeln. So hat man das Endlosspiel von Mad Game Tycoon in 6-10 Stunden durch und kann entweder Geld anhäufen oder sich einer neuen Herausforderung stellen. Zukünftig sollen noch zahlreiche Content-Updates erscheinen, die noch einiges an Spielbares integrieren. So ist beispielsweise zu sehen, dass noch ein Motion-Capture Raum, Softwaretesting uvm. ins Spiel kommt.
Mad Game Tycoon hat meinen ersten Eindruck völlig bestätigt. Es ist ein sehr guter Tycoon, der fast alles richtig macht und für ein Early Access Spiel schon sehr weit ist. Die Performance ist gut, von Abstürzen keine Spur und es erscheinen fast im 2 Tages-Rhythmus Updates. Wer Bock auf einen ernsten Tycoon mit Theme Hospital Gameplay hat, der sollte schleunigst sein Geld in die Hand nehmen und auf kaufen drücken.
