Interview mit Raúl Krauthausen - Aktivist für Barrierefreiheit. Sozialunternehmer. Autor

(lifepr) Karlsruhe, 03.12.2014 - Am 23. April 2015 moderiert Raúl Krauthausen die Eröffnungsfeier der REHAB 2015 in der Messe Karlsruhe und liest im Kultur-Bistro aus seinem aktuellen Buch "Dachdecker wollte ich eh nicht werden: Das Leben aus der Rollstuhlperspektive" (Januar 2014, rowohlt-Verlag) vor. Die Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH traf den Autor, Sozialunternehmer und Aktivisten für Barrierefreiheit zum Interview:

Sie stellen sich auf Ihrer Website als Berliner. Glasknochenbesitzer. Aktivist. vor - Was ist ein "Glasknochenbesitzer" und warum wählen Sie diese Formulierung?

Ich bezeichne mich so, weil ich das Wort "Glasknochenkrankheit" nicht mag. Für mich bedeuten meine Knochen keine Krankheit, die wie ein Dämon über mir liegt. Nein, sie sind ein Teil von mir. Und ich besitze Glasknochen, genauso, wie ich grüne Augen besitze.

Wie kamen Sie auf die Idee ein Buch zu schreiben?

Ich hätte nie aus mir selbst heraus ein Buch geschrieben. Auch wenn mich Freunde öfter fragten, ob ich nicht mal ein Buch schreiben wolle, wiegelte ich ab. Warum ich? Ich hab nichts zu erzählen. Aber als dann eines Tages der rowohlt-Verlag auf mich zukam, dachte ich mir: "Moment, diese Anfrage wird dir ja nicht einfach so gestellt" und begann mit dem Verlag zu überlegen, was man machen könnte.

Dachdecker wollten Sie nie werden. Was wollten Sie werden?

Ich denke, dass ich jeden Kinderberufswunsch einmal hatte. Arzt, Pilot, Müllmann, Polizist und Feuerwehrmann. Sie wissen sicher, wie das ist. Je älter ich wurde, desto mehr interessierte ich mich für Politik und Medien. Also studierte ich irgendwann in diese Richtung und begann auch meine ersten Berufserfahrungen in der Medienwelt.

Sie sagen selbst, dass Humor ganz wichtig für Sie ist. Über welche Situationen können Sie lachen und was macht Sie sauer?

Ich lache gerne über mich selbst. Grundsätzlich lache ich gerne. Für mich ist es aber wichtig zu unterscheiden, ob man mit oder über jemanden lacht. Insofern ist das immer situationsabhängig.

Wir freuen uns sehr, dass Sie die REHAB 2015 als Moderator eröffnen werden. Mit unserem neuen Marktplatzkonzept möchten wir die Messe noch mehr als Treffpunkt herausstellen und den Austausch unter-einander fördern. Welchen Austausch suchen bzw. wünschen Sie sich hier? Auf wen möchten Sie treffen?

Ich war lange nicht mehr auf einer Reha-Messe. Da würde ich gern mal wieder rüber schlendern. Was ich gerne sehe, sind praktische Dinge die auch attraktiv sind. Die Rehamittel-Hersteller müssen einen Perspektivwechsel machen. Weg von der "Versorgermentalität" hin zum "Lifestyle-Produkt"-Hersteller. Wie bei Mountainbikes.

Was wünschen Sie sich generell von der Gesellschaft im Umgang mit Menschen mit Behinderung?

Ich wünsche mir, dass wir Themen wie "behindert sein" und "behindert werden" als gesamtgesellschaftlich relevant sehen. Wir alle werden früher oder später einmal eine Behinderung haben/behindert werden. Da geht es nicht um eine Minderheit, sondern um alle!

Wie kann Ihrer Meinung nach echte Teilhabe gelingen?

Ich denke, dass die Politik strengere Gesetze erlassen sollte. Die Beschäftigungsquote von behinderten Menschen sollte strenger sein. Die Strafabgaben für Unternehmen höher, bei Nichteinhaltung. Auch ein Antidiskriminierungsgesetz sollte her. Es darf z.B. nicht sein, dass viele Menschen mit Behinderung aufgrund von baulichen- oder brandschutztechnischen Gründen beim Betreten von Gebäuden ausgeschlossen werden.

Was hat den Entschluss zur Selbstständigkeit und zur Gründung des Vereins SOZIALHELDEN e.V. angetrieben? Was sind Ihre Projekte?

Wir engagieren uns seit 10 Jahren mit unseren Projekten zum Thema Inklusion. Projekte wie wheelmap.org, der Onlinekarte für rollstuhlgerechte Orte, sowie leidmedien.de, einem Portal für Journalisten, die lernen wollen, wie man vorurteilsfrei über Menschen mit Behinderung spricht.

Was haben Sie persönlich und als Aktivist noch vor?

Ich werde mich zunehmend für das Thema Inklusion einsetzen. Nicht nur als Aktivist, auch als Berater für Medien und Unternehmen, die merken, dass das Thema auch für sie relevant und interessant sein kann.

Vielen Dank für das Interview und Ihre Zeit.

Zur Person

Raúl Aguayo-Krauthausen wird 1980 mit Osteogenesis Imperfecta, der sogenannten Glasknochenkrankheit, in Peru geboren und lebt seit seinem ersten Lebensjahr in Deutschland. Als ausgebildeter Telefonseelsorger, studierter Kommunikationswirt und Design Thinker ist der Berliner seit über zehn Jahren unternehmerisch tätig. Bereits mehrfach ausgezeichnet wurde Krauthausen für seinen gemeinnützigen Verein SOZIALHELDEN e.V., mit dem er Projekte wie wheelmap.org (interaktive Online-Landkarte für rollstuhlgerechte Orte) oder pfandtastisch-helfen.de (Spendenbox für Pfandbons) umsetzt. In seinem ersten Buch "Dachdecker wollte ich eh nicht werden: Das Leben aus der Rollstuhlperspektive" (Januar 2014, rowohlt-Verlag) erzählt er mit Witz und Sachkenntnis, wie sein Alltag wirklich ist und wie ein Miteinander von Behinderten und Noch-nicht-Behinderten aussehen kann. Im April 2013 erhält Raúl Krauthausen für sein soziales Engagement das Bundesverdienstkreuz.
Medien & Kommunikation
[lifepr.de] · 03.12.2014 · 11:08 Uhr
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