Gewerkschaft mobilisiert gegen Thyssenkrupp-Führung
In einem starken Zeichen des Widerspruchs positioniert sich die IG Metall mit einer Großdemonstration vor der Hauptverwaltung von Thyssenkrupp in Essen. Konfliktstoff bietet der geplante Konzernumbau, der bis zu 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen auf die Straßen führen soll. Ein entsprechender Aufruf wurde anlässlich einer Aufsichtsratssitzung der Obergesellschaft initiiert.
Die Arbeitervertreter um den Co-Vorsitzenden Jürgen Kerner richten schwere Vorwürfe an das Thyssenkrupp-Management, insbesondere an Miguel López. Sie bemängeln eine mangelnde Einbindung und Information bei zentralen Entscheidungsprozessen und sprechen von einer Politik, die an Respektlosigkeit grenze - eine Darstellung, die der Vorstand entschieden zurückweist. Der Streit zieht sich bereits über Monate hinweg.
Ein zentraler Punkt des Auseinandersetzung ist die geplante Restrukturierung des Stahlsektors. Thyssenkrupp, Deutschlands primärer Stahlproduzent mit 27.000 Angestellten, kündigte kürzlich eine Reduzierung von Kapazitäten am Standort Duisburg an, was unweigerlich eine Reduktion des Personals nach sich ziehen wird. Konkrete Details dazu stehen noch aus.
Eine weitere Entwicklung betrifft die Übernahme von Anteilen der Stahlsparte durch die EPCG-Holding des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky. Initial soll Kretinsky 20 Prozent, später bis zu 50 Prozent übernehmen. Im Vordergrund dieser strategischen Partnerschaft stehen vor allem Energieversorgungsfragen. Über den Deal wird der Aufsichtsrat während der erwähnten Sitzung abstimmen.
Bei Uneinigkeit der Arbeitnehmervertreter kann die Kapitalseite den Ausschlag geben: Mit dem besonderen Stimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden, aktuell Siegfried Russwurm, könnten Belegschaftsinteressen übergangen werden. Die IG Metall kündigte für diesen Fall umgehende Reaktionen der Belegschaft an.
Ein Sprecher der Arbeiterbewegung gab bekannt, dass auch Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit und Soziales in Nordrhein-Westfalen, eine Ansprache halten wird. Laumann, bekennender Christdemokrat, ist bekannt für seine Forderung an Unternehmen, die sozialpartnerschaftlichen Traditionen zu wahren und gab dieser bereits bei einer vergleichbaren Kundgebung Ende April Ausdruck.
Die Möglichkeit, dass auch Konzernchef López vor die Belegschaft treten wird, bleibt offen. Er signalisierte Interesse an einem Dialog und könnte – so die aktuelle Planung – zu Beginn der Demonstration sprechen. (eulerpool-AFX)