Gegen die Tochter des Hasses: «Diablo 4» im Test
Berlin (dpa/tmn) - Ein Universum, in dem Himmel und Hölle auf ewig darauf verdammt sind, gegeneinander zu kämpfen. Und eine Welt für Menschen, die dazwischen zermalmt wird. Das ist Sanktuario, die Spielwelt der Diablo-Reihe. Und mit dem neuesten Teil «Diablo 4» wird alles noch ein bisschen schlimmer.
Zu Beginn des Spiels wird die Dämonin Lilith wiedererweckt. Sie ist die Tochter des Hasses, gleichzeitig Mitschöpferin der Menschenwelt. Und sie verführt die Menschen dazu, sich voll und ganz der Sünde hinzugeben. Es dauert nicht lang, bis das zu Problemen führt.
Es wird wieder düsterer
Dabei ist «Diablo 4» wieder deutlich düsterer geworden, als es der doch vergleichsweise bunte Vorgänger war. Das Spiel bedient sich viel mehr Elementen des Horror und Gore. Mit das erste, was man nach der großen Eröffnungssequenz im Spiel sieht, ist ein totes Pferd, aus dem die Gedärme herausfallen.
Viele kleine Seitenmissionen erzählen düstere Geschichten - etwa die von einem Ehemann, der sich von einer Dämonin die Haut hat abziehen lassen, um so zwischen Schmerz und Lust zu existieren. Kleine und größere Obszönitäten, die die Machenschaften der Hölle zeigen sollen.
Hinter der «Diablo»-Reihe steht eine gigantische Fülle an Hintergrundgeschichten, auf Englisch auch Lore genannt werden. Auf Youtube bringen sie Dutzende Stunden an Videomaterial hervor. Damit will sich der aktuelle Teil etwas intensiver auseinandersetzen als der Vorgänger. Und macht das auch besser. Zwar ist die Geschichte an sich nicht unbedingt preisverdächtig. Aber Lilith beispielsweise ist eine komplexe Bösewichtin, die deutliche Motivationen für ihre Handlungen mitbringt.
Worum es eigentlich geht
Doch wenn man ehrlich ist, geht es in «Diablo 4» darum so gut wie gar nicht. Es geht vor allem darum, Monster und Dämonen abzuschlachten und mit seinem gewählten Held oder der gewählten Heldin immer besser zu werden.
Zu Beginn stehen fünf Charakterklassen zur Auswahl: Barbar, Totenbeschwörer, Zauberer, Jäger und Druide - jeweils in männlicher und weiblicher Form. Alle bringen eigene Talentbäume mit, haben sich auf bestimmte Waffen spezialisiert und spielen sich sehr unterschiedlich.
Während sich etwa der Barbar ins Getümmel stürzt und um sich schlägt, erstellt eine Totenbeschwörerin eine kleine Armee an Skeletten, die für sie kämpft. Doch mit den Talentbäumen lässt sich sehr viel auf den eigenen Spielstil anpassen. So gibt es etwa auch für die Jägerin eine Kombination aus Talenten, die ihr ermöglicht, mitten in den Dämonenhorden zu stehen und ordentlich auszuteilen.
Der ewige Aufstieg
Immer besser werden die Charaktere einerseits durch Erfahrungspunkte, die sie für das Erledigen von Aufgaben und Monstern bekommen. Andererseits geht es vor allem um den sogenannten Loot, also Waffen, Ausrüstungen und Gegenstände, die aus getöteten Monstern und Kisten herausfallen.
Loot hat immer mehr oder weniger zufällige Eigenschaften, die besser oder schlechter sein können. So ist jeder Gegenstand, der erscheint, ein potenzielles Upgrade für den eigenen Charakter. Jedes Monster-Töten und Kisten-Öffnen wird zu einem kleinen Drücken auf den Glücksspielautomaten.
Und weil es eigentlich das (unerreichbare) Ziel ist, den perfekten Held oder die perfekte Heldin zu bekommen, geht es nach der Hauptstory erst so richtig los. Dann geht es mit einem größeren Schwierigkeitsgrad weiter und man wird an das Endgame herangeführt.
Endgame von Anfang an mitgedacht
In der im Vergleich zu den Vorgängern ziemlich offenen Welt gibt es dann Events: Zum Beispiel die Höllenflut, in der man starke Gegner bekämpft, dafür Dinge einsammelt, mit der man dann Kisten bekommt. Oder die riesigen Weltbosse, die nur zu bestimmten Zeiten erscheinen, sehr schwer und am besten im Team zu besiegen sind. Oder Albtraum-Dungeons, die gefüllt sind mit jeder Menge starken Monstern und gutem Loot. Oder der direkte Kampf gegen andere Spielerinnen und Spieler.
«Diablo 4» hat mehr Elemente aus großen Online-Spielen (MMO) bekommen. In der Oberwelt, vor allem in Städten, trifft man andere Spieler, mit denen man auch gemeinsam Monster killen oder Events abschließen kann. Allerdings sei das Spiel nicht primär als MMO gedacht, sagte Joe Shely, «Diablo»-Game-Director beim Publisher Blizzard, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). «Es gibt viele, die Diablo allein oder mit nur einer kleinen Gruppe spielen.»
Diablo mit MMO-Elementen
Man habe die Welt danach gestaltet, welche Art von Inhalten man spielt: Story und Dungeons sind einzelnen Spielern oder festen Gruppen vorbehalten, während bei Oberwelt-Events wie etwa Weltbossen auch zufällige Spielende auf dem Server erscheinen. «Teil der Welt ist auch eine gewisse Trostlosigkeit», so Shely weiter. «Wenn du die Welt entdeckst und da noch zehn andere Leute rumlaufen, wird das das "Diablo"-Gefühl nicht gut einfangen.»
Ein großes Thema bei der "Diablo"-Reihe war in der Vergangenheit auch die Monetarisierung des Spiels nach der Veröffentlichung. «Diablo Immortal» für mobile Plattformen wurde hart dafür kritisiert, dass Spielende immense Summen investieren müssen, um an den besten Loot zu kommen. Bei «Diablo 3» war das Echtgeld-Auktionshaus Anlass für starke Kritik und wurde nach recht kurzer Zeit wieder eingestellt.
Echtes Geld nur für kosmetische Inhalte
In «Diablo 4» sollen nur kosmetische Elemente für echtes Geld verkauft werden, sagte Rod Fergusson, General Manager für «Diablo» bei Blizzard, der dpa. «Es gibt den Battle Pass mit Seasons und den Shop.» Bei beidem gehe es nur um Äußerlichkeiten. «Man kann nicht für Stärke bezahlen, es gibt kein Pay-to-Win.» Ob aber vielleicht für künftige Inhalte bezahlt werden muss, blieb zunächst offen.
«Ein Teil von "Diablo 4" ist eine Hommage an das, was zuvor kam», sagt Fergusson. «Die düstere Stimmung aus "Diablo 1", das Fortschritt-System aus "Diablo 2" und der aufregende Kampf aus "Diablo 3". Und dann die Innovationen wie die geteilte offene Welt und die Wahlfreiheit in "Diablo 4".»
Und das fasst das neue Spiel auch ganz gut zusammen. «Diablo 4» ist ein tolles, modernes, großes Action-Rollenspiel geworden, das die faszinierende Spielwelt der «Diablo»-Reihe weiter mit Leben (und Tod) füllt. Es fühlt sich an, als sei wirklich an alles gedacht worden:
- ein schneller Zugang zum Spiel
- eine interessante Geschichte
- abwechslungsreiche Charakter
- ein schon jetzt umfangreiches Endgame
Vielleicht fehlt ihm durch den Ansatz, die drei Vorgänger zu vereinen, ein wenig die Innovation. Aber: Es macht wirklich verdammt viel Spaß, sich durch die unzähligen Monster und Dämonen zu prügeln.