EGMR-Urteil: Umwelthilfe sieht Rückenwind für eigene Klimaklage
Berlin - Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erhofft sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) für die sogenannten "Schweizer Klimaseniorinnen" Rückenwind für eine eigene Klage. "Der Erfolg der Schweizer Klimaseniorinnen ist ein wegweisender Durchbruch für den Klimaschutz und zeigt, dass auch unsere im Oktober 2022 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereichte Klage gegen die Bundesregierung Aussicht auf Erfolg hat", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch am Dienstag.
Dieselben neun Jugendlichen und jungen Erwachsene, die bereits 2020 das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts erstritten hatten, haben 2022 mit Unterstützung der Umwelthilfe die Bundesregierung vor dem EGMR verklagt. Sie halten die Anpassung des Klimaschutzgesetzes nach dem Karlsruher Urteil für unzureichend. Der EGMR hatte die Entscheidung in diesem Verfahren so lange ruhend gestellt, bis über das Verfahren der Schweizer Klimaseniorinnen entschieden ist.
"Nach wie vor gefährdet das ungenügende Klimaschutzgesetz die Freiheit und Lebensgrundlagen der jungen Beschwerdeführenden und zukünftiger Generationen", kritisierte der DUH-Bundesgeschäftsführer. "Zwar beteuert die Bundesregierung, Deutschland auf einen 1,5-Grad-Pfad bringen zu wollen, neueste Untersuchungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen belegen allerdings, dass das 1,5-Grad-Budget für Deutschland bereits aufgebraucht ist. Das ist nicht akzeptabel und widerspricht den Menschenrechten", so Resch. "Anstatt wie von den Ampelparteien geplant, sollte das bestehende Klimaschutzgesetz nicht entkernt, sondern konsequent umgesetzt und die Zielvorgaben verschärft werden."
Wie auch das Bundesverfassungsgericht hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Staaten einen breiten Spielraum bei ihren Bemühungen um Klimaschutz eingeräumt. Beide Gerichte pochten auf ein CO2-Budget oder andere geeignete Maßnahmen, um festzustellen wie viele Treibhausgase von den Staaten noch ausgestoßen werden dürfen. Dabei hat der EGMR das 2-Grad-Limit wiederholt als überholt dargestellt und sich vor allem auf das 1,5-Grad-Ziel berufen. Staaten müssten für die CO2-Reduktion Pfade (für Sektoren oder durch andere angemessene Methoden) aufstellen, so die Straßburger Richter. Zudem müsse gezeigt werden, dass die Pfade eingehalten werden oder man auf dem Weg der Einhaltung sei. Dabei müssten die Reduktionsziele auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft gehalten werden und die nötigen Maßnahmen frühzeitig eingeführt werden.
Während das Bundesverfassungsgericht 2020 noch urteilte, dass eine Verlagerung der Reduktionspflichten in die Zukunft die Freiheit der jungen Kläger einschränke, geht der EMGR einen Schritt weiter: Die Richter bestätigen in ihrem Urteil gegen die Schweiz, dass Staaten gegen Menschrechte verstoßen, wenn sie zu wenig für den Klimaschutz tun. (dts Nachrichtenagentur)