Die Sturmmöwe im Fokus

18. März 2025, 16:45 Uhr · Quelle: LifePR
Ein Symposium in Wilhelmshaven beleuchtet die Sturmmöwe, Titelvogel der 17. Zugvogeltage, und deren veränderte Lebensräume. Experten diskutieren über Bruterfolge, notwendige Schutzmaßnahmen und die Auswirkungen des Klimawandels auf diese Art im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.

Wilhelmshaven, 18.03.2025 (lifePR) - Ein wissenschaftliches Symposium widmete sich dem Titelvogel der diesjährigen 17. Zugvogeltage im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Aus Finnland, Hochburg für brütende Sturmmöwen und Partnerland der 17. Zugvogeltage, war ein Referent online zugeschaltet.

Möwen gehören wie selbstverständlich zum alltäglichen Bild unserer Küsten und werden vielleicht gerade deshalb weniger beachtet als z.B. Watvogelarten, die nur zur Brutzeit oder auf dem Durchzug hier präsent sind. Am ehesten fallen wohl Silber- und Lachmöwen ins Auge, die die Nähe zum Menschen nicht scheuen und auf der Jagd nach Fischbrötchen und Eiswaffeln auch mal übergriffig werden. Eher zurückhaltend gibt sich die Sturmmöwe, die in gemischten Ansammlungen von Möwen gern übersehen wird. In diesem Jahr bekommt sie als Titelvogel der Zugvogeltage im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (11.-19.10.2025) eine besondere Bühne. Im Vorfeld tauschten sich jetzt Ornitholog*innen und weitere Interessierte über Forschungsergebnisse zu dieser spannenden wie hübschen Möwenart aus. Etwa 80 Teilnehmende kamen im Wattenmeer Besucherzentrum Wilhelmshaven zusammen, gut 40 waren online dabei.

Peter Südbeck, Leiter der Nationalparkverwaltung, und Prof. Dr. Miriam Liedvogel, Leiterin des Instituts für Vogelforschung, übernahmen die Begrüßung und Einführung. Einen umfassenden Einblick in die Datenlage zur Verbreitung der Sturmmöwe in Deutschland gab Christopher König vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA). Eine solide Datenbasis bietet die 2011 gegründete Plattform ornitho.de zur Meldung von Vogelbeobachtungen mit aktuell über 55.000 registrierten Nutzer*innen. Etwa 300.000 vorliegende Meldungen zur Sturmmöwe konnte König auswerten. Der Brutbestand liegt in Deutschland bei etwa 17.000 Paaren, die meisten davon an der Nordseeküste. Rastende Trupps von bis zu 15.000 Individuen wurden beobachtet. Die geografische Verbreitung innerhalb Deutschlands nimmt zu, die Anzahl der Brutpaare allerdings ab. Aufgrund des Klimawandels mit milderen Wintern verschieben sich die Rastgebiete Richtung Norden.

Einen genaueren Blick auf die Sturmmöwe im Nationalpark warf Dr. Florian Packmor, Ornithologe bei der Nationalparkverwaltung. So nutzen etwa 10 Prozent des gesamten Zugweg-Bestandes von 180.000 Sturmmöwen im Jahreslauf den hiesigen Lebensraum. Für die herbstliche Rast gelten z.B. der westliche Jadebusen und der Langwarder Groden als Rastgebiet nationaler Bedeutung. Der Brutbestand im Wattenmeer zeigte in den 1980/90er Jahren einen starken Anstieg. Zuvor war die Sturmmöwe vor allem auf den unbewohnten Inseln mit nur wenigen Brutpaaren präsent, mit der Ausweisung der Wattenmeer-Nationalparke fand sie weitere störungsfreie Blutplätze. Aktuell ist der Brutbestand insgesamt leicht sinkend, in Niedersachsen einigermaßen stabil.

Prof. Dr. Stefan Garthe vom Forschungs- und Technologiezentrum Westküste, Christian-Albrechts-Universität Kiel, berichtete in seinem Beitrag „Seevogel, Agrarvogel oder Stadtvogel?“ über Erkenntnisse zu Nahrung und Habitatwahl norddeutscher Sturmmöwen. Für seine Forschungsprojekte wurden Sturmmöwen mit kleinen GPS-Sendern versehen, die über Mobilfunk Datum, Uhrzeit, Position und Geschwindigkeit der Vögel übermitteln, woraus sich dann Bewegungsmuster erstellen lassen. Mithilfe von Fernerkundungsdaten wurde die Nutzungsart der von den Vögeln aufgesuchten Flächen ermittelt. Demnach nutzen Sturmmöwen aus Kolonien in natürlichen Lebensräumen wie Langenwerder (Insel Poel, Ostsee) vor allem Grünland und Äcker im Binnenland als Nahrungsgebiete, während Vögel, die auf Dachflächen in Kiel und Hamburg brüten, bevorzugt städtische Grünanlagen ansteuern. Die Analyse von Speiballen ergab, dass Regenwürmer einen relevanten Anteil der Nahrung ausmachen. Je weiter Ackerflächen zuwachsen und ab August auch austrocknen, desto mehr wechseln die Sturmmöwen zum Nahrungserwerb ins Watt. Nach der Ernte gewinnen Ackerflächen dann wieder an Bedeutung.

Martti Hario (BirdLife Finland) berichtete aus dem Partnerland der diesjährigen Zugvogeltage über die Sturmmöwe in der finnischen Ornithologie. Dort ist die Sturmmöwe nur während der Brutzeit, etwa vier Monate, präsent, in der übrigen Zeit ist vor allem das Wattenmeer die „survival area“. Als Brutvogel ist die Sturmmöwe in Finnland seit langem intensiv erforscht. Aus bislang 140.000 Beringungen konnten 15.000 Wiederfunde ausgewertet werden. Auf den weitläufigen Flächen, Insellandschaften und Mooren, abseits intensiver Zivilisation, brüten die Vögel dort oft nicht in Kolonien, sondern als Einzelpaare. Sie nutzen 80 % der Landesfläche mit einem Areal von bis zu 10 km² pro Brutpaar. Zunehmend ist allerdings zu beobachten, dass die Vögel aktiv die Nähe des Menschen suchen, als Schutz vor vierbeinigen Prädatoren. Ernüchternd sind allerdings die Verluste von Sturmmöwen-Küken durch andere Möwenarten. Die Küken werden intensiv beringt und die Ringe finden sich dann in den Speiballen anderer Möwenarten wieder. So waren bis zu 83 % Verluste durch Heringsmöwen festzustellen. Auch innerartlicher Kannibalismus spielt eine Rolle. Sehr ernüchternd ist die Feststellung, dass von den überlebenden Küken ein relevanter Anteil wenige Tage nach dem Schlüpfen durch Schadstoffbelastung stirbt. Die Ostsee ist das am meisten durch Organochloride wie PCB belastete Meer, der Nachwuchs nimmt schon im Mutterleib die Schadstoffe in der Leber auf und kommt bereits geschwächt auf die Welt. Nach dem Schlupf ist der Nabel noch einige Stunden offen, den eindringenden Bakterien können die wenig resilienten kleinen Organismen nichts entgegensetzen. Ein Grund mehr, der Vergiftung der Meere auf internationaler Ebene konsequent entgegenzutreten.

Stimmungsaufhellend wirkte der nachfolgende humorvolle Vortrag von Benjamin Steffen über Tücken und Tipps in Sachen Möwenbestimmung. Möwen mausern je nach Art über 2, 3 oder 4 Jahre das Gefieder durch und sind in jeder Phase mit ähnlichen Arten zu verwechseln. Angesichts gemischter Möwenansammlungen verschiedenster Jahrgänge neigen Vogelbeobachter*innen dazu, das Spektiv lieber in Richtung benachbarter Trupps von Enten oder anderer Artengruppen zu schwenken, die leichter zu identifizieren sind, wie Steffen mit einem Foto ironisch verdeutlichte. Viele Anwesende fühlten sich ertappt, wurden durch seine folgenden Ausführungen jedoch ermutigt, bei dieser interessanten Artengruppe genauer hinzuschauen. Steffen begann vor über 20 Jahren auf Mülldeponien mit der Möwen-Erfassung. Die Deponien waren damals noch nicht abgedeckt und deshalb ein beliebtes Nahrungshabitat für Möwen. Dort versteckte er sich in standortgerechten „Tarnzelten“ aus Pappkartons und Mülltüten. Durch das Ablesen von Ringen konnte er seine Bestimmungen verifizieren und seine Kenntnisse vertiefen. Anhand der sehr ähnlichen Arten Silber-, Steppen- und Mittelmeermöwe (die erst seit den 1990er Jahren als unterschiedliche Arten differenziert werden) zeigte Steffen auf, welche Details in Muster und Farbe von Gefieder sowie Augen, Schnabel und Beinen die Zuordnung zu einer der drei Arten und dem Jahrgang erschließen. Die Tatsache, dass alle drei Arten untereinander hybridisieren, macht es zwar nicht leichter, trotzdem war der Vortrag motivierend, in die Möwenbestimmung einzutauchen und damit auch die Datenbasis exakter Meldungen zu verbessern.

Mit seiner Betrachtung „Mensch und Möwe – eine historische Spurensuche“ rundete Reno Lottmann, Ornithologe und Umweltpädagoge, den spannenden und vielfältigen Reigen des Symposiums ab. Unterhaltsam illustrierte er die historische Bedeutung der Möwen in der menschlichen Kultur, Kunst und auch Kulinarik: Als omnipräsentes dekoratives Symbol für den Nordseeküsten-Tourismus, als Zielscheibe für die frühere zweifelhafte Freizeitgestaltung des Möwen-Wettschießens, die dann zum Glück in die Ausweisung erster Schutzgebiete mündete, oder Möweneier als Nahrungsmittel in Notzeiten oder begehrte Delikatesse – auch dies ist seit Jahrzehnten verboten. Heute sind Möwen insgesamt als schützenswerte Vögel respektiert.

Federführend organisiert wurde das erkenntnisreiche Symposium von Hannah Wilting, die seit Kurzem bei der Nationalparkverwaltung für die Zugvogeltage verantwortlich ist. Neben der Nationalparkverwaltung waren die Deutsche Ornithologische Gesellschaft, das Institut für Vogelforschung und die Niedersächsische Ornithologische Vereinigung Mitveranstalter des Symposiums. Nun sind die Akteur*innen der 17. Zugvogeltage umfassend fachlich gerüstet für das Programm rund um die Sturmmöwe.

Weitere Informationen zu den Zugvogeltagen (ab Ostern auch das diesjährige Programm) unterwww.zugvogeltage.de

Diese Pressemitteilung wird herausgegeben von unserem Partner:

Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer
Virchowstr. 1 | 26382 Wilhelmshaven

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[lifepr.de] · 18.03.2025 · 16:45 Uhr
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