Berlin zeigt sich gemäßigt auf EU-Luftverteidigungsambitionen
Die Bundesregierung hat mit einer verhaltenen Reaktion auf die gemeinsame Initiative Polens und Griechenlands geantwortet, die ein europäisches Luftverteidigungsprogramm vorantreiben wollen. Auf einer Pressekonferenz in Berlin erklärte Christiane Hoffmann, Stellvertretende Regierungssprecherin, man habe den Vorschlag zur Kenntnis genommen und verwies auf das bestehende Engagement Deutschlands im Rahmen der Europäischen Sky Shield Initiative (ESSI), an der 21 Länder partizipieren. Diese wurde ins Leben gerufen, um den Luftverteidigungsschutz innerhalb der NATO zu stärken und sieht gemeinschaftliche Beschaffungen von Flugabwehrtechnologien vor.
Das von Polens Premierminister Donald Tusk und dem griechischen Regierungschef Kyriakos Mitsotakis ins Spiel gebrachte "Europäische Luftverteidigungsschild" zielt auf ein kohäsiveres und zusätzliches EU-Projekt ab. In einem Schreiben an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, betonten sie die Notwendigkeit einer Stärkung der gesamteuropäischen Verteidigungskapazitäten und die Förderung führender Technologien durch heimische Unternehmen im Verteidigungssektor.
Sie argumentieren, ein solches umfassendes System zur Sicherung des EU-Luftraums würde Europas Entschlossenheit zur Selbstverteidigung unter Beweis stellen und gleichzeitig eine "große Schwachstelle unserer Sicherheit" – die derzeitigen Luftabwehrfähigkeiten – adressieren. Das neue System könnte als Abschirmung funktionieren, sofern die Abschreckung scheitern sollte. Eine Erwähnung der NATO oder der deutschen Initiative fand in dem Brief nicht statt.
Diplomatische Kreise sehen den Vorstoß als eine Ergänzung zu den Bemühungen der NATO an und setzen auf eine Kompatibilität mit der Technologie des Atlantikpaktes. Ein Regierungsvertreter wies darauf hin, dass die USA bereits mehr Eigenverantwortung Europas im Verteidigungsbereich innerhalb der NATO gefordert haben.
Kritik gibt es jedoch auch: Die deutsche Initiative sei zwar lobenswert, aber nicht allumfassend – nicht alle EU-Staaten sind beteiligt und Finanzierungsfragen bleiben offen. Frankreich, bisher kein Teilnehmer der ESSI, könnte ein Schlüsselunterstützer der polnisch-griechischen Forderung sein, da der französische Präsident Emmanuel Macron die Abhängigkeit von nicht-europäischer Militärtechnik, wie den amerikanischen Patriot-Systemen, kritisch sieht.
Eine abschließende Debatte zu diesem Thema soll auf dem kommenden EU-Gipfel im Juni stattfinden, wie von Tusk und Mitsotakis angestrebt. Das deutsche Verteidigungsministerium zeigte sich aufgeschlossen gegenüber einer europäischen Unterstützung, beispielsweise in finanzieller Hinsicht, zur Stärkung der europäischen Luftverteidigung und bezeichnete dies als "mehr als willkommen". (eulerpool-AFX)