Auch Brände in radioaktiv verseuchten Gebieten

Moskau (dpa) - Die radioaktive Gefahr infolge der schwersten Waldbrände der russischen Geschichte ist wohl doch größer als bisher von den Behörden eingeräumt.

Dass es in den von der Atomkatastrophe in Tschernobyl 1986 verseuchten Gebieten stärker gebrannt hat als bisher offiziell zugegeben, bestätigte am Mittwoch die Waldschutzbehörde. Allein in den Wäldern des stark kontaminierten Gebiets Brjansk habe es 28 Brände gegeben. Diese seien aber inzwischen gelöscht.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte die Regierung aufgefordert, die Wahrheit über das Ausmaß der Strahlengefahr zu sagen. Die Behörden warnten nun vor Panikmache. Die Situation sei nicht allzu alarmierend, sagte der stellvertretende Direktor der Waldschutzbehörde, Wassili Tusow, am Mittwoch nach Angaben der Agentur Interfax. Allerdings sei die Lage im Raum Tscheljabinsk am Ural durchaus kritisch. Dort liegen mehrere Atomanlagen. In Brjansk gab es nach Angaben der lokalen Forstverwaltung keine neuen Brandherde.

Experten gehen davon aus, dass die Feuer und Winde sowie die Löscharbeiten verstrahlte Partikel aufwirbeln könnten. Meteorologen wiesen jedoch darauf hin, dass die Wetterlage ruhig sei. In Moskau waren nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen, die sich mit radioaktiven Messungen befassen, keine erhöhten Werte festzustellen.

Die Brandwolken aus Russland ziehen nach Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) nach Westen. «Auch die östlichen Randgebiete Deutschlands könnten berührt werden», sagte DWD-Sprecher Uwe Kirsche der Nachrichtenagentur dpa. Zurzeit werde in Deutschland keine Strahlenbelastung gemessen. Das Feuer werde keinen so starken Auftrieb bekommen, dass radioaktive Stoffe nach Deutschland gelangen, sagte der Leiter der Arbeitsgruppe Risikoanalyse am Helmholtz Zentrum München, Peter Jacob, der dpa.

Die radioaktive Verseuchung infolge der Brände sei nicht allzu groß, sagte der Vorsitzende des russischen Verbandes «Tschernobyl», Wjatscheslaw Grischin. «Ich schließe aber nicht aus, dass nicht rechtzeitiges Löschen zu einer größeren radioaktiven Strahlung führen könnte.» Seit Juni haben nach Angaben der Waldschutzbehörde 3900 Hektar kontaminierte Fläche gebrannt. Betroffen waren die Gebiete Kaluga, Tscheljabinsk, Kurgan, Tula, Orjol und Pensa.

Allein im Gebiet Brjansk hatten Brände auf einer Fläche von 269 Hektar gewütet. In der Region nahe der Grenze zu Weißrussland und der Ukraine sind die Menschen wegen des mangelnden Informationsflusses seit Tagen besorgt um ihre Gesundheit. «Es gibt Karten, auf denen die radioaktive Verschmutzung zu sehen ist, und es gibt Karten, auf denen die Feuer zu sehen sind. Wenn man diese Karten aufeinanderlegt, wird jedem klar, dass es in radioaktiven Gebieten brennt», teilte die Waldschutzbehörde mit. Sie bestätigte damit Angaben von Greenpeace, nach denen die Lage Besorgnis erregend sei.

Russlands oberster Amtsarzt Gennadi Onischtschenko sowie die lokale Zivilschutzbehörde hatten noch am Dienstag behauptet, es gebe keine Feuer im Raum Brjansk. Zuvor hatte bereits Greenpeace von Dutzenden Bränden in radioaktiv verseuchten Gegenden gesprochen. Für solche Gebiete gelte eigentlich eine besondere Brandschutzregelung, sagte der unabhängige Umweltexperte Alexander Issajew. Diese habe jedoch wegen Personalmangels nicht eingehalten werden können.

Greenpeace warf den Behörden vor, die Bevölkerung über die radioaktive Gefahr im Unklaren zu lassen. Das Zivilschutzministerium kündigte nun erneut Sondereinsätze mit Löschflugzeugen an - unter anderem auch um die Atomanlagen in Sarow im Gebiet Nischni Nowgorod und Sneschinsk im Gebiet Tscheljabinsk.

Die Rettungskräfte bekommen die verheerenden Waldbrände auch nach Wochen nicht in den Griff. Innerhalb eines Tages seien 290 neue Feuer ausgebrochen, teilte der Zivilschutz in Moskau mit. Allerdings seien auch mehr als 300 Brände gelöscht worden. Insgesamt machten die Behörden aber noch immer 600 Flammenherde aus.

In Moskau entspannte sich die Lage etwas, der giftige Qualm von den Torfbränden rund um die Metropole verzog sich vorerst. Allerdings lodern noch immer zahlreiche Feuer in der Nähe der Hauptstadt. Der Gouverneur des Moskauer Gebiets, Boris Gromow, ordnete die Bewässerung der Torfmoore an. Dafür sowie für die Beseitigung besonders gefährlicher Brandherde hatte die russische Regierung am Vortag 300 Millionen Rubel (rund 7,5 Mio Euro) bereitgestellt.

Brände / Wetter / Russland
11.08.2010 · 16:42 Uhr
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