It´s a Free World

London: funkelnde Megapolis, Ort zahlloser Sprachen und Nationalitäten, Raum des Privaten und des Anonymen, Sinnbild des 21. Jahrhunderts. Hier, im Herzen der englischen Wirtschaftswelt, lebt und arbeitet Angie – eine wunderschöne, energische junge Frau aus einer traditionsbewussten, stolzen und respektablen Arbeiterfamilie. Sie arbeitet für eine Personalvermittlung, die Gast- und Fremdarbeiter aus Osteuropa für den britischen Markt rekrutiert. Sie arbeitet hart – bis sie vor die Tür gesetzt wird, nachdem sie die sexuellen Anspielungen eines Vorgesetzten entschlossen zurückweist. Mit ihrer Freundin Rose beschließt sie, sich zu wehren, den Dunstkreis derjenigen zu verlassen, die viel arbeiten und wenig bekommen. Angie gründet ihre eigene Agentur für Zeitarbeit. Sie weiß, dass sie etwas Großes schaffen könnte, wenn sie ihre ganze Energie einsetzt. Nach 10 Jobs in sechs Jahren verläßt sie sich nur noch auf eine Möglichkeit, sich durchzusetzen: Ellenbogen in Eigeninitiative. Doch diese Maxime steht auch auf dem globalen Markt der Arbeitsmigration hoch im Kurs. Als self-made woman begibt sich Angie in eine obskure Sphäre, die von den Gesetzgebern im Unklaren gelassen wird. Hier ist die Arbeit billig, jagen die Menschen wie Bittsteller der Beschäftigung nach – vollständig auf die Bedarfe der Unternehmer ausgerichtet. Ein Heer von Arbeitern steht im Osten und Angie hat genügend trotzige Argumente, sich ihrer zu bedienen: macht nicht sie den Job, wird sich ein anderer finden und als alleinerziehende Mutter muss sie ein sicheres Einkommen, eine stabile soziale Identität vorweisen können. Angie und Rose beschäftigen nach und nach auch ausländische Arbeitskräfte, die ohne Papiere eingereist sind. Denn im Wettbieten um die billigste Arbeitskraft erweisen sich gerade die als die tragischen Sieger, die Ausreise und Abschiebung zu befürchten haben. Angie und Rose lassen sich auf ein gefährliches Unterfangen ein – beschaffen kurzlebigen Unternehmen illegale Arbeitskräfte, die nie vorhatten, die Menschen tatsächlich zu bezahlen. Diese unsichtbare Arbeit von Millionen Einwanderern durchdringt jeden Aspekt unseres Lebens, ist in jedem Supermarkt-Besuch präsent. Doch wo die Nachfrage hoch ist, verengt sich auch der Markt – eine organisierte Kriminalität aus Menschenhändlern und Wirtschaftsbossen hat den Kuchen aufgeteilt. Sie agieren im Nirgendwo, keiner bekommt diejenigen zu Gesicht, die die Regeln schaffen – die Ausbeutung von Arbeit scheint zum Naturgesetz geworden, zur einzigen Möglichkeit, wirtschaftlich unabhängig zu werden. Angie verliebt sich in Karol – einen polnischen Gastarbeiter, der, wie so viele, versucht, sich im verheißungsvollen London durchzuschlagen, ein Einzelner aus dem weltumspannenden Flickenteppich der illegalen Arbeitskräfte. Mit seiner Hilfe gelangt Angie an zahllose Menschen aus der ganzen Welt, die sich am Rand der Stadt und doch im Epizentrum der Globalisierung befinden. Von ihrem Vater, einem stämmigen Arbeiter, wird Angie ermahnt, bloß die Finger von dem Teufelswerk der Zeitarbeit zu lassen. Doch Angie wehrt ab. Die Argumente einer vergangenen Ära – Zuverlässigkeit, Gründlichkeit, Verantwortung – müssen ins Leere laufen, wo die Arbeit sich nicht mehr als Teil einer Einheit, sondern als Bruchstück eines undurchschaubaren Marktes verstehen muss. Als eine Baufirma plötzlich ins Nirgendwo verschwindet, gerät Angies Leben und das ihres 11jährigen Sohnes in tödliche Gefahr. Aufgebrachte Arbeiter bedrohen Angie und Rose, als die nicht mehr in der Lage sind, die Löhne der letzten Monate zu zahlen. Angie wird angegriffen, Steine fliegen durchs Fenster. Verzweifelt über ihre mehr als bedrohliche Lage, trifft sie eine Entscheidung – die Seite der Opfer endgültig zu verlassen und sich den Freiheiten eines globalen Marktes zu überlassen.