Geschichte DDR und andere Sozialismusversuche

Photon, ich kann es nicht verstehen, daß jemand die Erschießung Hunderter Menschen an der innerdeutschen Grenze auch noch zu rechtfertigen versucht. Es ist nicht entschuldbar und auch nicht rechtfertigbar! Da wurden Menschen erschossen, nur weil sie lieber in einem anderen Land leben wurden! Es wurden Familien getrennt und ins Unglück gestürzt. Nur weil irgendwo irgendwas verboten ist, muß es moralisch nicht richtig sein.
 
Du, ich entschuldige nichts und ich versuche auch gar nicht, irgendwas zu rechtfertigen. Ich versuche auch nicht, Kriege im Allgemeinen zu rechtfertigen.

Ich sage nur, dass Krieg herrschte und der folgt anderen Gesetzen als Friede-Freude-Eierkuchen. Das es nicht als Krieg empfunden wurde, lag daran, dass es ein kalter Krieg war und keine offenen Kampfhandlungen ausgetragen wurden. Dennoch war die Definition der DDR: "Krieg gegen den Klassenfeind Kapitalismus".

Und wenn man sich bewusst ist, dass es Krieg herrscht, die Soldaten an der Mauer nur dem eigenen Schutz vor den bösen Ausbeutern dienen und jeder Überläufer ein Verräter im Krieg ist, dann ist es aus meiner Sicht erstaunlich, dass man den Fluchtversuch wagte. Und da interessieren mich die persönlichen Gründe.

Im Osten ging es niemandem schlecht, auch wenn er keine Westverwandten hatte. Auch nicht, wenn er kein Westfernsehen schauen konnte/durfte. Warum setzt jemand Leib und Leben aufs Spiel, um das Land zu verlassen durch eine Flucht? Wenn der Vater/Mutter im Westen gelebt hat, ging ein Ausreiseantrag meist schnell und unproblematisch. Dennoch sind viele nachts durch die Spree geschwommen oder haben sich irgendwo versucht einen Tunnel zu buddeln. Warum?

Gruß,
Photon
 
Photon schrieb:
Du guck doch mal hier:

https://www.klamm.de/forum/showthread.php?p=2890363

Thema ausgelagert... Bist schon spät dran
Gruß,
Photon

verdammt, warum erfahre ich das jetzt erst 8O hatte mich schon gewundert, dass von dir nix kam :LOL:

Überwacht wird man heute von staatlicher Seite auch, nur zerfetzt man sich heute nicht mehr das Maul darüber. Wenn irgendwann die BRD zusammenbrechen sollte und die Akten des BND geöffnet werden, möchte ich nicht wissen, wer sich in den Akten alles wiederfindet.

auch hier muss ich dir widersprechen. unabhängig von der heutigen technik, kannst du die überwachung heutzutage nicht mit der stasi vergleichen. allein schon, weil hier die regierung nicht das letzte wort hat, sondern das bundesverfassungsgericht. somit kann hier auch nicht jeder machen was er will. akt. bsp. vorratsdatenspeicherung.

Planwirtschaft war nur deshalb ein Problem, weil man sich von unten bis oben in die eigene Tasche gelogen hat. Wenn ein Betrieb den Plan nur zu 50% erfüllt hat, hat man sich von Station zu Station bis zum ZK nach oben gelogen und schließlich waren es 120%, obwohl nur 50% des Plans erfüllt wurden.

planwirtschaft ist schon deshalb ein problem, weil nicht nach bedarf, sondern nach plan (wie der name ja schon sagt) produziert wurde. deshalb gab es doch auch permanente engpässe z.b. bei baustoffen oder autoersatzteilen.

Die anderen Ereignisse wie beispielsweise in Ungarn haben nur insofern etwas mit Deutschland zu tun, als dass die Ostdeutschen dieses Land als Fluchtmöglichkeit genutzt haben. Ansonsten war es wohl kaum der Stein des Anstoßes für den innerdeutschen Umbruch.

der stein des anstoßes war es schon in dem moment, als ungarn seine grenzen geöffnet hat. ;)

Das muss wohl von Region zu Region unterschiedlich gewesen sein. Ich bin in Berlin groß geworden, hatte Westverwandtschaft und sogar regen Kontakt zu denen. Wir hatten Telefon und ein Auto auch ohne bei der Staasi oder auch nur in der Partei gewesen zu sein... Ich habe schon im Unterricht unbequeme Fragen gestellt und weder mein Vater, noch meine Mutter (beide in der Abteilung Volksbildung beschäftigt) wurden deswegen auch nur "befragt"...

vielleicht kam es auch mehr auf das "personal" an, das an den jeweiligen schulen "gelehrt" hat. der von mir geschilderte fall hat anfang der achtziger exakt so stattgefunden. einem schüler aus der klasse meines bruders (4 jahre älter als ich) wurde der parker zerrissen, weil sich auf dem ärmel eine deutschlandfahne (also die ohne hammer, zirkel und ährenkranz) befand. beim versuch diesen von der jacke zu entfernen, hat man ihm den halben ärmel abgerissen. diese parker waren seit dem verboten bei uns. mein bruder selbst wurde verhaftet, weil er einen reisebus mit polnischen deligierten mit einem ei bewarf. es dauerte keine 2 minuten, da standen 3 streifenwagen vor unserer haustür und führten meinen bruder ab, wie jemanden, der auf diesen bus geschossen hat. meine mutter durfte ihn dann einen tag später in "rummelsburg" abholen. es gab jemanden in meiner klasse, der musste in hemd und schlüpper am sportunterricht teilnehmen, weil man ihm die tüte mit dem sportzeug abnahm, weil es sich bei der besagten tüte um eine "westtüte" handelte 8O

Zwei Mädels aus meiner Klasse (die eine hatte einen evangelischen Pfarrer zum Vater) haben sich geweigert, in die FDJ einzutreten. Trotzdem ist eine von beiden auf die EOS (Gymnasium) gekommen.

und ich durfte seinerzeit nicht mit auf die klassenfahrt und sollte in der parallelklasse am unterricht teilnehmen. ;)

Und? Wir haben uns als Kinder gefreut, Thälmannpioniere zu werden und später FDJler. Nicht aus politischen Gründen, sondern weil die FDJler "die Großen" waren. Wir haben uns gefreut, dass alle Sportvereine kostenlos waren und schon die Pioniere dazu animiert wurden, irgendeinen Sport zu betreiben. Ich war dann auch in der GST Motorsport, um meinen Führerschein für das Motorrad für 65 Mark machen zu können. Später war ich 14 Tage im GST-Lager, um meinen LKW-Führerschein für 120 Mark zu bekommen. Leider kam ja dann die Wende dazwischen, ansonsten hätte ich den gern noch mitgenommen. Und niemand aus meiner damaligen Gruppe war bei der GST aus Überzeugung, sondern nur wegen dem Führerschein und dem Suff. Und niemand hat sich im GST-Lager daran gestört, dass es nach dem Frühsport mit dem "Handgranatenweitwurf" weiter ging oder man mit Holzgewehren im Dreck gelegen hat. Im Gegenteil hat das sogar Spaß gemacht.

Heute klingt das alles ganz furchtbar, aber damals war es einfach Spaß und körperliche Aktivität. Klang schon damals ganz furchtbar für meine Westverwandtschaft, aber nur weil man sich ein ganz anderes Bild vom Erzählen gemacht hat, als es wirklich war.

das mag sein, ich wollte eigentlich nur die nähe zur ns-zeit herrausstellen. ;)

Das war damals genauso. Nur dass die "Verfassung" eine andere und enger gesteckt war.

naja ... :roll:

Und zur heutigen "Freiheit": Überleg' doch einfach noch mal ganz genau, ob Du damit so recht hast. Viele Websites werden von Google ausgeblendet, weil sie in Deutschland verboten sind. YouTube muss Videos löschen, die nicht "konform" sind. Bücher, Musik und Videos werden indiziert oder gleich ganz verboten, etc pp. Das alles natürlich in viel kleinerem Stil als in der DDR, aber das Prinzip ist exakt das Gleiche.

auf welche inhalte von youtube spielst du den genau an. meinst du konform oder verfassungsfeindlich? ;) auch würde mich mal interessieren von welcher musik und welchen büchern du sprichst. klar gibt es schon einige beispiele, wo man als erwachsener, mündiger bürger bevormundet wird. zb. die cover von "cannibal corpse" werden in deutschland regelmäßig indiziert, von auftrittsverboten ganz zu schweigen. wenn du das damit meinst, hast du meine volle zustimmung. :D
 
[...] auch hier muss ich dir widersprechen. unabhängig von der heutigen technik, kannst du die überwachung heutzutage nicht mit der stasi vergleichen. allein schon, weil hier die regierung nicht das letzte wort hat, sondern das bundesverfassungsgericht. somit kann hier auch nicht jeder machen was er will. akt. bsp. vorratsdatenspeicherung.
Ja, das ist wahr. Allerdings sagt es der Name schon selbst: "Bundesverfassungsgericht". Soll bedeuten, dass dieses Gericht streng nach der Verfassung Entscheidungen trifft. Sollte durch eine Mehrheit im Bundestag/rat eines Tages die Verfassung geändert werden, hat auch das Bundesverfassungsgericht neue Maßstäbe. Und grundsätzlich anders war es in der DDR auch nicht, nur dass eben die Verfassung eine andere war...

planwirtschaft ist schon deshalb ein problem, weil nicht nach bedarf, sondern nach plan (wie der name ja schon sagt) produziert wurde. [...]
Und nach welchen Kriterien wurde der Plan erstellt? Nach Bedarf? ;)

Vielleicht gab es aber auch nur Engpässe, weil man sich eben von unten nach oben in die Tasche gelogen hat und das real produzierte auch noch zur Hälfte unter dem Ladentisch weg gegangen oder eben umgelagert wurde?

[...] vielleicht kam es auch mehr auf das "personal" an, das an den jeweiligen schulen "gelehrt" hat. [...] einem schüler aus der klasse meines bruders [...] wurde der parker zerrissen, weil sich auf dem ärmel eine deutschlandfahne [...] befand. beim versuch diesen von der jacke zu entfernen, hat man ihm den halben ärmel abgerissen. diese parker waren seit dem verboten bei uns.
Ich hatte damals (und ich bitte zu beachten, dass ich 14 Jahre alt war!) eine Hose aus dem Westen, die hatte auf dem Hosenbein eine Deutschlandfahne. Darauf wurde ich angesprochen. Ich habe mir aus einem kleinen DDR-Wimpel den Hammer, Zirkel, Ährenkranz ausgeschnitten und mit Sicherheitsnadel auf der Fahne befestigt. Das war's, keine weiteren Fragen :LOL:

Als ich mit Westtüte zum Sport erschienen bin, musste ich diese nur umdrehen und gut war. Gegen diese Sticker, die in den 80ern modern waren, hat kein Lehrer was gesagt, auch nicht gegen den "Handel" mit der Bravo. Im Gegenteil haben wir teilweise gut an die Lehrer verkauft. Geheim natürlich und verbilligt :)

Aber vielleicht ist es wirklich so, wie Jacky schon schrieb: Abhängig von der Zeit. Vielleicht war die DDR der 60er und 70er ganz anders als die der 80er und vielleicht spielt auch die Region eine entscheidene Rolle.

mein bruder selbst wurde verhaftet, weil er einen reisebus mit polnischen deligierten mit einem ei bewarf.
Sowas tut man ja auch nicht ;)

[...] und ich durfte seinerzeit nicht mit auf die klassenfahrt und sollte in der parallelklasse am unterricht teilnehmen. ;)
Ui, das ist ärgerlich. Aber gut, sowas kannst Du eigentlich auch nicht der DDR zum Vorwurf machen, vielmehr Deiner (überzeugten) Klassenlehrerin oder eben Direktorin. Sowas ist aber bei uns gar nicht vorgekommen.

[...]auf welche inhalte von youtube spielst du den genau an. meinst du konform oder verfassungsfeindlich? ;)
Verfassungsfeindlich. Oder zumindest das, was nach Definition der BPfJS "verfassungsfeindlich" sein könnte.

auch würde mich mal interessieren von welcher musik und welchen büchern du sprichst.
Das kann ich mir vorstellen, aber ich werde natürlich hier keine dieser Bücher, Tonträger oder ähnliches bewerben. Schließlich könnten ja Minderjährige mitlesen.

Aber sollte es nicht zu denken geben, dass man zum Kauf bestimmter Bücher seinen Personalausweis in der Kopie abgeben muss? Dass Tonträger nur auf Anfrage dann verkauft werden, wenn man wenigstens einen Altersnachweis erbracht hat? Und dass Händler bestimmte Werke gar nicht vertreiben dürfen? Oder dass es eigentlich allgemein genauso bekannt ist, dass wenn man als Händler diese Werke kauft, definitiv unter Beobachtung gestellt wird?

klar gibt es schon einige beispiele, wo man als erwachsener, mündiger bürger bevormundet wird. zb. die cover von "cannibal corpse" werden in deutschland regelmäßig indiziert, von auftrittsverboten ganz zu schweigen. wenn du das damit meinst, hast du meine volle zustimmung. :D
Also bis gerade eben kannte ich Cannibal Corpse gar nicht. Wikipedia hat mir geholfen zu begreifen, dass ich auch nichts verpasst habe. Aber schon allein die Tatsache, dass es verboten ist/war beschreibt genau das, was ich meine. Man kann sich jetzt natürlich darüber streiten, ob diese Kapelle nun wirklich ein fehlendes Stück Kultur ist oder ob ich die auch ohne Verbot nicht hören würde. Aber ich würde es trotzdem gern selbst entscheiden ;)

Gruß,
Photon
 
Ja, das ist wahr. Allerdings sagt es der Name schon selbst: "Bundesverfassungsgericht". Soll bedeuten, dass dieses Gericht streng nach der Verfassung Entscheidungen trifft. Sollte durch eine Mehrheit im Bundestag/rat eines Tages die Verfassung geändert werden, hat auch das Bundesverfassungsgericht neue Maßstäbe. Und grundsätzlich anders war es in der DDR auch nicht, nur dass eben die Verfassung eine andere war...

aber wie du selbst geschrieben hast, ist es ja garnicht so einfach, die verfassung zu ändern. das war im "arbeiter-und bauernstaat" etwas anderes. ;)

Und nach welchen Kriterien wurde der Plan erstellt? Nach Bedarf? ;)

Vielleicht gab es aber auch nur Engpässe, weil man sich eben von unten nach oben in die Tasche gelogen hat und das real produzierte auch noch zur Hälfte unter dem Ladentisch weg gegangen oder eben umgelagert wurde?

der plan wurde danach erstellt, was man für die russen produzieren sollte. :p
der schwarzhandel, spielte natürlich genau so eine rolle, wie das horten von bspw. autoteilen, um diese dann später zu verkaufen oder einzutauschen. und nicht zu vergessen, dass man darauf angewiesen war, was der russe einem geliefert hat. es fehlte oft schlicht und einfach am material. deshalb wurde nach plan produziert. es gab zb. an einem weihnachten ausschliesslich weiße schokolade, weil man keinen kakao hatte

Ich hatte damals (und ich bitte zu beachten, dass ich 14 Jahre alt war!) eine Hose aus dem Westen, die hatte auf dem Hosenbein eine Deutschlandfahne. Darauf wurde ich angesprochen. Ich habe mir aus einem kleinen DDR-Wimpel den Hammer, Zirkel, Ährenkranz ausgeschnitten und mit Sicherheitsnadel auf der Fahne befestigt. Das war's, keine weiteren Fragen :LOL:

tja, wir hatten an unserer schule leider nicht so tolerante lehrkräfte :)

Als ich mit Westtüte zum Sport erschienen bin, musste ich diese nur umdrehen und gut war. Gegen diese Sticker, die in den 80ern modern waren, hat kein Lehrer was gesagt, auch nicht gegen den "Handel" mit der Bravo. Im Gegenteil haben wir teilweise gut an die Lehrer verkauft. Geheim natürlich und verbilligt :)

alleine das bestätigt ja schon, dass eure penne nicht ganz so inientreu war.
ich hatte sehr gute beziehungen zu meinem musiklehrer, mit dem ich lp´s (das sind die großen schwarzen cd´s :mrgreen:) ausgetauscht habe. ein cooler typ, der in der pause nicht ins lehrerzimmer ging, sondern zum coolen sportlehrer in die turnhalle :D

der mit dem vorhin erwähnten turnbeutel war dann mathelehrer. nur um missverständnisse zu vermeiden

Sowas tut man ja auch nicht ;)

:) ja, schon richtig.

Ui, das ist ärgerlich. Aber gut, sowas kannst Du eigentlich auch nicht der DDR zum Vorwurf machen, vielmehr Deiner (überzeugten) Klassenlehrerin oder eben Direktorin. Sowas ist aber bei uns gar nicht vorgekommen.

meine mutter hat mich glücklicherweise davor bewahrt, indem sie mich einfach für die 3 tage aus der schule genommen hat. :p

Verfassungsfeindlich. Oder zumindest das, was nach Definition der BPfJS "verfassungsfeindlich" sein könnte.

;) ja, das ist schon ein lustiger haufen.

Das kann ich mir vorstellen, aber ich werde natürlich hier keine dieser Bücher, Tonträger oder ähnliches bewerben. Schließlich könnten ja Minderjährige mitlesen.

hey, erst neugierig machen und dann kneifen :mrgreen:

Aber sollte es nicht zu denken geben, dass man zum Kauf bestimmter Bücher seinen Personalausweis in der Kopie abgeben muss? Dass Tonträger nur auf Anfrage dann verkauft werden, wenn man wenigstens einen Altersnachweis erbracht hat? Und dass Händler bestimmte Werke gar nicht vertreiben dürfen? Oder dass es eigentlich allgemein genauso bekannt ist, dass wenn man als Händler diese Werke kauft, definitiv unter Beobachtung gestellt wird?

das ist ist nicht so einfach zu beantworten, da es doch sehr vom inhalt abhängig ist ... du weißt ja was ich meine. aber im prinzip hast du schon recht.

Also bis gerade eben kannte ich Cannibal Corpse gar nicht. Wikipedia hat mir geholfen zu begreifen, dass ich auch nichts verpasst habe. Aber schon allein die Tatsache, dass es verboten ist/war beschreibt genau das, was ich meine. Man kann sich jetzt natürlich darüber streiten, ob diese Kapelle nun wirklich ein fehlendes Stück Kultur ist oder ob ich die auch ohne Verbot nicht hören würde.

:LOL::LOL::LOL::LOL::LOL::LOL:

ich kann dir gerne mal eine kopie machen ... ähhhh, ich meine natürlich ausleihen ;)

Aber ich würde es trotzdem gern selbst entscheiden ;)

darüber sind wir uns einig !!!:mrgreen:

PS: bin dann mal weg, die frau nörgelt schon widda :)

FROHE OSTERN EUCH ALLEN!
 
Zuletzt bearbeitet:
Hmmm...

Ich habe mir zwar nicht alles durchgelesen.
Ich bin aber der Meinung, dass man die DDR gar nicht als Sozialismusversuch als solches werten kann.
Bzw. sind die Ursachen für diverse unrechtsstaatliche Mittel nicht wirklich im Sozialismus zu suchen.

Die Reisefreiheit zum Beispiel ist ja nun kein typisch kapitalistisches Merkmal.

Genauso wenig wie ein Geheimdienst typisch sozialistisch ist.

Auch führte die Situation nach dem zweiten Weltkrieg zu einer starken Verwischung...
Während bei uns die Russen Industrien abbauten und nach Russland schaften, haben die Westalliierten aktiv am Wiederaufbau Westdeutschlands mitgewirkt.

Die DDR würde ich daher nicht als Sozialismusversuch betiteln, sondern eher als Bereitstellungsraum für russische T74 und SS20.

gruss kelle!
 
Wow, ich als waschechter Wessi finde das Thema hier echt interessant.

Wenn man im Westen aufgewachsen ist, dann weiß man die Dinge nur aus Erzählungen, es gibt Ossis (darf ich das sagen.?) die alles ganz unproblematisch fanden, aber auch einige, für die ihr Leben erst 1989 richtig angefangen hat.

Ich denke vieles ist einfach von der Sichtweise abhängig. Ich hatte erst letztens mit einer Freundin eine Diskussion, und sie vertrat Photons Meinung von :

Im Osten ging es niemandem schlecht, auch wenn er keine Westverwandten hatte. Auch nicht, wenn er kein Westfernsehen schauen konnte/durfte. Warum setzt jemand Leib und Leben aufs Spiel, um das Land zu verlassen durch eine Flucht? Wenn der Vater/Mutter im Westen gelebt hat, ging ein Ausreiseantrag meist schnell und unproblematisch. Dennoch sind viele nachts durch die Spree geschwommen oder haben sich irgendwo versucht einen Tunnel zu buddeln. Warum?

Für mich freies Kapitalisten-Kind ist das schon problematisch. Ich hatte ja Probleme mir von meiner Mutter sagen zu lassen, wann ich denn nach Hause zu kommen habe...und da soll ich es akzeptieren, dass mir der Staat vorschreibt, wo ich hinzureisen habe?

Für mich ist die DDR (vielleicht fälschlicherweise...) immernoch der Inbegriff der Unterdrückung. Ich bin ein seeehr freiheitsliebender Mensch..für mich wäre es furchtbar gewesen. Andererseits hört man auch oft von den guten Seiten..für mich aber irgendwie nicht ausgleichend..

Eines noch: Mein Onkel (ein sehr spitzfindiger, cleverer Kerl) hat sich in den 70 und 80 Jahren sein Studium (und Leben) u. A. dadurch finanziert, dass er mit Südfrüchten und Obst in die DDR gefahren ist....ALLES kann es dort also nicht gegeben haben...
 
ALLES kann es dort also nicht gegeben haben...

Sicherlich gab es nicht alles zu der damaligen Zeit.

Ist nur die Frage, ob Orangen zum essentiellen Bestandteil des Lebens gehören, oder ob man 18 Sorten Milch im Einkaufsladen stehen haben muss.

Oder andersrum, was man von frustrierten Ossis hin und wieder zu hören bekommt:
Was nutzt mir jetzt die Reisefreiheit, wenn ich kein Geld zum Reisen habe....

Kurz gesagt:
Heute hat man zig Möglichkeiten, die man nicht bezahlen kann, früher hatte man keine Möglichkeiten, konnte die sich aber leisten.

Der Sozialismus wie er in der DDR existierte, war ein Riesenvorteil für Benachteiligte, die einen IQ von 18 haben, die Ihr Leben nicht selbst regeln konnten etc...
Klar blieben die ambitionierten Leute mitunter auf der Strecke, weil sie behindert wurden.

Tja, heute hat sich das einmal gedreht.

Ob das nun toller und richtiger ist?

gruss kelle!
 
Also ich kann so nicht denken: Wenn ich im Moment nicht nach Timbuktu reisen möchte (oder kann), dann können sie es mir ruhig verbieten...
Nee, geht nicht.
 
Also ich kann so nicht denken: Wenn ich im Moment nicht nach Timbuktu reisen möchte (oder kann), dann können sie es mir ruhig verbieten...
Nee, geht nicht.

So soll ja auch keiner denken.

Nur die Freiheiten des kapitalistisch-demokratischen Systems bleiben auch nur einer gewissen Gruppe vorbehalten.
Die mag zwar prozentual größer sein als zu DDR Zeiten.

Nur stellen sich halt genug Leute die Frage, was sie mit Ihren Freiheiten anfangen sollen, wenn Sie unter Hartz IV sowieso arg staatlich reglementiert werden.

gruss kelle!
 
Nur stellen sich halt genug Leute die Frage, was sie mit Ihren Freiheiten anfangen sollen, wenn Sie unter Hartz IV sowieso arg staatlich reglementiert werden.

Reglementiert werden oder sich selbst reglementieren? Warum so passiv? ...aber die Diskussion gehört wahrscheinlich an eine andere Stelle.

Ich verstehe ja dein Prinzip und die schwierige praktische Umsetzung, aber auch wenn es nur theoretisch ist:
Sarah möchte nach Timbuktu, Sarah fährt nach Timbuktu! :mrgreen:
Sarah möchte Bananen, Sarah bekommt Bananen.
Für mich zählt die Theorie halt mehr, man könnte immerhin und es ist nicht schon von vorneherein reglementiert.
 
aber wie du selbst geschrieben hast, ist es ja garnicht so einfach, die verfassung zu ändern. das war im "arbeiter-und bauernstaat" etwas anderes.
Also regen wir uns doch eigentlich nur über die Verfassung und das Strafrecht der DDR auf? Da mache ich mit :)

[...] Auch führte die Situation nach dem zweiten Weltkrieg zu einer starken Verwischung...
Während bei uns die Russen Industrien abbauten und nach Russland schaften, haben die Westalliierten aktiv am Wiederaufbau Westdeutschlands mitgewirkt.
Ja, aber dafür haben die Russen den Osten Nachkriegsdeutschlands massenhaft mit Lebensmitteln versorgt, während die Westler in der Anfangsphase den Osten leer gekauft haben, weil es die Amis nicht geschafft haben.

Später hat sich das Blatt dann etwas umgekehrt, weil wir ja bis zum Schluss Reparationszahlungen an unsere armen russischen "Brüder" leisten mussten, während der Westen mit toller Exportunterstützung Amerikas aufblühte. Interessant wäre wirklich, was wohl passiert wäre, wenn uns die Russerei nicht so ausgepresst hätte.

Die DDR würde ich daher nicht als Sozialismusversuch betiteln, sondern eher als Bereitstellungsraum für russische T74 und SS20.
Ja, schon recht. Aber nun tu' mal nicht so, als ob im Westen nicht an jeder Ecke ein "Wachmann der NATO" gestanden hätte, der den Warschauer Pakt beobachtete. So gesehen war ganz Deutschland nur ein Sensor für den jeweiligen Club...

Für mich freies Kapitalisten-Kind ist das schon problematisch. Ich hatte ja Probleme mir von meiner Mutter sagen zu lassen, wann ich denn nach Hause zu kommen habe...und da soll ich es akzeptieren, dass mir der Staat vorschreibt, wo ich hinzureisen habe?
Du, für mich war es auch problematisch, für die meisten Ostler auch. Deswegen habe ich ja auch behauptet, dass wenn die DDR Reisefreiheit gehabt hätte und jeder Ostler auch Geld verdient hätte, das etwas wert gewesen wäre, dann würde es noch heute eine DDR und eine BRD geben.

Eine nette Geschichte aus dem Staatsbürgerkundeunterricht: Unser Lehrer brachte uns den "Charakter unserer Epoche" bei. Für die mitlesenden Westler der genaue Wortlaut, für dessen Auswendiglernen ich mal eine 1 bekam :LOL: :"Unsere Epoche ist der schrittweise Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus, wobei der Kaiptalismus an Einfluß verliert und aggressiver wird und der Sozialismus an Einfluss gewinnt."

Meine Frage war: "Ja, aber warum flüchten denn die Menschen von Ost nach West? Aus dem Westen können die Leute doch her kommen und sich von unseren "Vorteilen" überzeugen lassen. Warum bleibt nicht ein einziger hier?" Gut, die Frage war wider besseren Wissens, weil ja tatsächlich mal eine Westlerin in den Osten gegangen ist. Für den Osten war es eine Heldin, die sich nicht vom Kapitalismus hat blenden lassen. Für den Westen war es eine gesuchte RAF-Terroristin, die geflüchtet ist. Wer nun recht hatte, lass' ich mal dahin gestellt.

Die Antwort liegt mir nicht mehr genau im Ohr, aber sinngemäß: "Weil der Kapitalismus es versteht, die Menschen zu verblenden und den Menschen vorzugaukeln versteht, dass die Waren in den Geschäften, die sich die meisten sowieso nicht leisten können, mit genügend viel Anstrengung erwerbbar sind. Außerdem ist der Luxus des Einzelnen nicht wichtiger, als die Befriedigung der Grundbedürfnisse aller."

Da meldete sich ein Klassenkamerad, der anmerkte, dass sein arbeitsloser Onkel in Westberlin knapp 2000 DM Arbeitslosengeld bekäme. Der kann sich alles leisten, auch ohne dafür arbeiten gehen zu müssen. Da spielt es doch eigentlich keine Rolle, ob ein Brot 3 DM kostet, oder 0,80 Mark. Die Antwort war eigentlich wieder die gleiche: "Das ist aber nicht der Durchschnitt." Schließlich gibt es in der kapitalistischen BRD auch Obdachlose und die meisten Arbeitslosen nagen am Hungertuch.

Darauf folgte von mir natürlich die Frage, warum denn nicht wenigstens alle Obdachlosen aus Westberlin und Westdeutschland in die DDR kommen würden. Schließlich hätten "Flüchtlinge" aus der BRD sofort eine schöne Wohnung in bester Lage mietfrei oder sehr günstig bekommen. Dazu einen Job und einen zinslosen Startkredit. Vielleicht sogar staatlich verordnete Freunde *g* Also warum sind nicht wenigstens die P*nner zu uns gekommen? Naja die Antwort ist doch klar, oder? "Sie sind verblendet und wissen aufgrund manipulierter Medien nichts davon, wie gut es ihnen hier gehen würde."

Daraufhin habe ich angemerkt, dass ich zum Zwecke der Feindbeobachtung gestern abend Westfernsehen geschaut habe, natürlich nach der Aktuellen Kamera. Die AK hat 1/3 nur über die Planerfüllung gesprochen, dann noch die Arbeitslosenzahlen des Westens gemeldet, ein paar Aktivistenordenverleihungen gezeigt und sonst nur mit ein paar Sätzen angerissen, wo die USA mal wieder Krieg führt (und wieviel Tote), wen Erich Honnecker begrüßt hat und das war's auch schon. Der Westen hat so gut wie nichts für oder gegen den Osten gesagt, nur Nachrichten aus der Welt gebracht. Warum hetzt also die DDR ständig gegen den Westen, während es den Westen nicht mal interessiert?

Tja, zur Antwort bekam ich, dass ein kalter Krieg herrscht zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Der Kapitalismus versucht den Siegeszug des Sozialismus tot zu schweigen, während die DDR auf die Missstände des Westens aufmerksam macht und damit auch versucht, die Menschen in den kapitalistischen Ländern friedlich zu überzeugen, dass der Sozialismus die natürliche Übergangsgesellschaft vom Kaiptalismus zum Kommunismus ist.

Naja, mehr weiß ich nicht mehr aus dieser Stunde, aber wir haben uns jedenfalls köstlich auf dem Schulhof darüber amüsiert und Autokarten getauscht...

Für mich ist die DDR [...] immernoch der Inbegriff der Unterdrückung. Ich bin ein seeehr freiheitsliebender Mensch..für mich wäre es furchtbar gewesen. Andererseits hört man auch oft von den guten Seiten..für mich aber irgendwie nicht ausgleichend..
Also sagen wir es mal so: Wenn alles ganz beschissen läuft, kommst Du vielleicht wie wir alle schon bald in den Genuss, es zu erleben. Im Grunde war die flächendeckende Überwachung der Stasi vor allem zu einer Sache gut: Der Kriminalitätsbekämpfung. Identifizierte Täter waren nur selten länger als 24 Stunden auf freiem Fuß. Terrorismus wie etwa zur gleichen Zeit in der BRD mit der RAF gab es nicht (wobei ich mich noch immer frage, warum nicht mal die RAF-Schweine in den Osten "abgehauen" sind. Wurden wohl gut von der DDR bezahlt...) Du hast also so gesehen Reisefreiheit und Überwachung für weitaus mehr Sicherheit (unfreiwilig) getauscht. Man konnte die ganze Nacht in jeder Großstadt mit der Bahn oder dem Bus fahren und musste nicht um Leib und Leben fürchten. Ist ein Kind verschwunden, wurde es innerhalb von 24 Stunden wiedergefunden. Drogen gab es keine, Prostitution offiziell auch nicht. Und solche Sachen wie Messerstecherein auf dem Schulhof kannte man nur aus dem Westfernsehen oder von Erzählungen aus dem Westen.

Wenn ich sehe, was der Schäuble vor hat - dann sind wir davon gar nicht mehr weit entfernt. Wer mehr Sicherheit will, muss in der Währung "Freiheit" dafür bezahlen. Das hat man im Osten getan und dafür war das Leben in jedweder Hinsicht wesentlich sicherer als heute. Auch wenn ich persönlich lieber Freiheit als Sicherheit habe, so kann ich die Menschen zumindest verstehen, die es lieber anders herum hätten.

ALLES kann es dort also nicht gegeben haben...
Gab es ja auch nicht. Aber es gab alles was man zum Leben brauchte im Überfluss. Und diese Dinge wurden auch staatlich soweit subventioniert, dass es sich jeder leisten konnte. Ein ganzes Kilo Brot = 80 Pfennig. Ein halber Liter Milch 15 Pfennig. Eigentlich kostete jedes Grundnahrungsmittel unter 1 Mark. Die nötigste Bekleidung war sehr billig. Aber Luxusartikel waren teuer. So kam ein Videorekorder eben 4000 Mark. Aber jeder hatte definitv alles zum Leben und musste dafür nicht betteln, eigentlich noch nicht mal arbeiten gehen...

Gruß,
Photon
 
... und es ist nicht schon von vorneherein reglementiert.

Genau den Satz unterschreib ich nicht! :mrgreen:

In der DDR hieß es von Staatswegen: Mittelmeer nicht, Ballaton ja!
Heutzutage heißt es von Finanzen her: Mittelmeer ist nicht, Ballaton alle zwei Jahre.

Klar versteh ich Deine prinzipielle Freiheit.

Nur was muss man als Mensch aufgeben, um diese Freiheiten nutzen zu können?

Ist man wirklich frei, wenn man Freunde und Familie, seine Heimat verlassen muss, um ne adäquate Ausbildung zu bekommen?

Ich meine, ich kann mir diese Unfreiheit ja immer noch damit schönreden, dass ich jetzt nen Motorrad habe (achja, da war ja noch was... :ugly:), was ich mir hier hätte nie leisten können.
Aber ob das wirklich besser ist?

Klar, wohnt man günstig in einem Ballungsraum, wo man Kindergarten, Schulen und zahlungsfreudige Firmen im Umkreis von zehn Kilometer hat, ist das was anderes, aber wer hat das schon im Osten?

gruss kelle!
 
Zitat Photon:
zum Zwecke der Feindbeobachtung
...Ich schmeiß mich weg..

Nur was muss man als Mensch aufgeben, um diese Freiheiten nutzen zu können?

Klar, einges. Auch in der BRD sind wir ja nicht bei 'Wünsch-Dir-Was'. aber....: Du tust gerade so, als wäre dir deine finanzielle Situation von Frau Merkel und ihren Kumpanen vorgegeben worden....
 
Klar, einges. Auch in der BRD sind wir ja nicht bei 'Wünsch-Dir-Was'. aber....: Du tust gerade so, als wäre dir deine finanzielle Situation von Frau Merkel und ihren Kumpanen vorgegeben worden....

Lass doch mal Angie aus dem Spiel :)

Sicherlich kann man in dem heutigen System keinen namenhaft dafür verantwortlich machen, welche Regeln man einhalten muss, welche Freiheiten man einbüßt, um ggf. neue zu bekommen, was man machen muss, um die Freiheiten überhaupt nutzen zu können...

Aber egal ob man jemanden konkret verhaften kann oder nicht:
Man ist immer ein "Gefangener" des Systems in dem man lebt. Da kannst Du alle Systeme nehmen.

Nur wirkt das aktuelle manchmal humaner als das zu DDR Zeiten.

gruss kelle!
 
Für mich freies Kapitalisten-Kind ist das schon problematisch. Ich hatte ja Probleme mir von meiner Mutter sagen zu lassen, wann ich denn nach Hause zu kommen habe...und da soll ich es akzeptieren, dass mir der Staat vorschreibt, wo ich hinzureisen habe?


Du darfst bei deiner Überlegung aber eins nicht vergessen. Meine Generation, die in den 70iger und 80iger Jahren dort aufgewachsen ist, kannte nichts anderes. Es war einfach so, es war Gewohnheit, wie auch immer man das nennen möchte. Ich möchte damit sagen, es war einfach normal, das man nicht überall hinreisen möchte und von daher hatte man auch nicht den Wunsch. Weil, man konnte es ja nicht. Warum sich etwas wünschen oder haben wollen, wenn man es eh nie erfüllt bekommt? Also hat man sich mit den Gegebenheiten abgefunden.

Natürlich nicht alle, dafür gibt es ja genügend Beispiele, die abgehauen sind, Ausreiseanträge gestellt haben usw.
Aber der Großteil fand es eben normal. Und so "schlecht" war es eben nicht.

Wenn ich mir überlege, wie der Staat sich um die Kinder gekümmert hat, die hockten nicht auf der Straße, wir hatten immer Anlaufstellen überall, wir hatten Sportvereine ohne Ende, ohne dafür bezahlen zu müssen, wir hatten unsere Pionierarbeit und Jugendarbeit. Natürlich unter der Prämisse der Gedankenkontrolle will ich gar nicht abstreiten, aber wir haben früh gelernt was es heißt eine Gemeinschaft zu sein, wenn man mal den ganzen Soziquatsch mal wegnimmt. Wir Großen waren echt stolz, wenn wir ab der 7. Klasse dafür zuständig waren auf die Kids der 1. - 4. Klasse in den Pausen aufzupassen etc.

Natürlich wollte man uns Kids das Gesellschaftssystem nahe bringen, aber unseren gesunden Menschenverstand hat man nicht aus uns rausgeprügelt ;)

Nicht alles war falsch. Keineswegs. Der Westen hätte sich gut daran getan, ein bisschen vielleicht vom Osten zu übernehmen. 8)
 
Du darfst bei deiner Überlegung aber eins nicht vergessen. Meine Generation, die in den 70iger und 80iger Jahren dort aufgewachsen ist, kannte nichts anderes.

Das meine ich ja. Die Sichtweisen sind einfach verschoben, deshalb nenne ich mich ein Kapitalisten-Kind. Es ist nicht möglich, mir die Sache irgendwie schmackhaft zu machen, ich bin anders aufgewachsen.
Nur weil ich es nicht konnte, soll ich mich damit abfinden? Das geht nicht. Das beste Beispiel dafür:

Warum sich etwas wünschen oder haben wollen, wenn man es eh nie erfüllt bekommt? Also hat man sich mit den Gegebenheiten abgefunden.

Das verstehe ich nicht. Also, nicht dass es nicht so wahr, es mag sein, aber es geht mir einfach nicht in den Kopf, ich kann so nicht denken.

Ich bin nun wahrhaftig kein verwöhntes Wessi-Kind gewesen, dem man täglich Zucker in den Allerwertesten gepustet hat, aber ich bin nunmal damit aufgewachsen, alles tun zu können was ich möchte, alles werden zu können was ich möchte (nicht nur beruflich). Die unbegrenzten Möglichkeiten eben. Natürlich sind auch diese begrenzt...

Ich denke einfach, es sind Ossis (darf ich das nu sagen?) und Wessis, derartig verschiedene Sichtweisen vermittelt worden, dass es für den einzelnen schwierig ist, das Gegenüber zu verstehen. Aber nur weil ich es nicht nachvollziehen kann, heißt es ja nicht, dass es schlecht war.
 
Meinetwegen darfst du ruhig Ossi sagen :biggrin:
Für mich ist es kein Schimpfwort, sondern eine Tatsache, dass ich im "Osten = DDR" aufgewachsen bin und man sollte seine Herkunft nie verleugnen.

Das verstehe ich nicht. Also, nicht dass es nicht so wahr, es mag sein, aber es geht mir einfach nicht in den Kopf, ich kann so nicht denken.

Ok, versuche einfach dir vorzustellen, wie andere Menschen auf dieser Welt leben.
Jeder hat seine Herkunft, seine Erziehung, sein Land, seine Religion, sie haben andere Auffassungen, andere Sitten und Gebräuche. Für diejenigen sind bestimmte Sachen auch normal, was für uns Deutsche oder Europäer vielleicht unvorstellbar ist.

Ich weiß nicht, wie du dir die Unterdrückung oder Bevormundung vorstellst, sie war nicht offen, nicht greifbar. Es gab einfach Dinge, die waren so.

Man kann doch erst Freiheit erkennen, wenn man sie kennen lernt. Der Westen mag einen vielleicht freier machen, aber ist diese Freiheit besser? Auf Kosten sovieler Dinge, die hier schief laufen?

Der Kapitalismus ist eigentlich nichts anderes als eine Ellenbogengesellschaft. jeder ist sich selbst der Nächste. Ist das besser? Ich weiß nicht. Hier geht es letztendlich nur um den schnöden Mammon. Nur Geld Geld Geld.

So bin ich nicht aufgewachsen, ich habe Gemeinschaft erfahren. Menschen die für mich da waren, die geteilt und geholfen haben.
wer hilft denn heute noch für umsonst? Wenn man gute Freunde hat vielleicht, aber im Grund ist doch keiner mehr für den anderen da. Hausgemeinschaften? Kenn ich nicht mehr. Früher waren wir alle selber für unsere Aufgänge verantwortlich und haben gefegt oder gewischt. Wir haben den Alten geholfen als Kinder, sind einkaufen gegangen, haben Kohlen geschleppt. Und das für nichts. vielleicht für Bonbons, aber wir hätten niemals Geld angenommen, weil man das einfach nicht macht.
Heute versagt die Gesellschaft bei der Erziehung der Kinder. Da muss alles zusammenhalten, die Eltern und die Gesellschaft miteinander, um den Kids die Werte beizubringen.
Was glaubst du wäre mir passiert, wenn ich mich geweigert hätte, für eine alte Frau in der Bahn aufzustehen, um ihr den Platz anzubieten? Die alte Dame wäre glatt mit mir ausgestiegen, zu meiner Mutter gefahren und hätte ihr die Leviten gelesen :biggrin: Oder der Zugschaffner hätte das gemacht.

Als ich einmal Strumpfhosen geklaut hatte, gabs natürlich Ärger. Aber was war meine Strafe? Einmal den kompletten Laden fegen und wischen, Regale ausräumen und wischen und einräumen. Die Strafe hat gelangt ;)
heutzutage muss man sich schämen, wenn man Strafe verlangt, es gibt genügend Ausreden warum wieso weshalb.
Gefragt wurde bei uns nicht. Es wurde geklaut. Basta. Grund? Es gibt keinen. Strafe - gerecht. Daraus gelernt? Die meisten Kids ja. Ausnahmen gibt es immer und überall.


Es gibt hundert Beispiele, was ich "besser" im Osten fand und jetzt im Westen vermisse. Der Thread könnte theoretisch ein Dauerbrenner werden. :ugly:
 
[...] So bin ich nicht aufgewachsen, ich habe Gemeinschaft erfahren. Menschen die für mich da waren, die geteilt und geholfen haben.[...]
Absolut richtig! Das vermisse ich auch.

Aber einen Zusatz hast Du vergessen, was auch in der DDR war: Es war ein Kunststück, in der DDR nicht auf Dauer paranoid zu werden. Letztlich wusste man nie, wer wohl zur Stasi gehört und wer nicht. Klar haben sich solche Dinge sehr schnell herum gesprochen. Aber letztlich hat man jeden, der bestimmte Dinge mehr hatte als andere, erstmal unter Generalverdacht gestellt.

Fällt mir gerade ein: Da ist der Vater eines Klassenkameraden immer einen schwarzen großen Volvo gefahren mit getönten Scheiben. Er war stets gut gekleidet mit Anzug und Krawatte. Bis zum Ende wollte er uns erzählen, dass sein Vater nicht bei der Stasi war, sondern nur "Kraftfahrer". Auf unseren Hinweis, dass auch die Stasi Kraftfahrer hat, meinte er nur, dass sein Vater aber nichts mit der Stasi zu tun hat. Sein Vater doch nicht! Und die Tatsache, dass sein Vater Diplomaten von A nach B kutschieren musste, ja sogar in den Westen durfte, hat ihn auch nicht stutzig gemacht *lach* Aber es war ja nicht immer so offensichtlich.

Jedenfalls hat man eine Sache in der DDR gelernt: Menschen genau anzuschauen, bevor man sich ihnen anvertraut ;) Eine Lektion für's Leben :)

Gruß,
Photon