Soziales ACTA - Eine Bedrohung fürs Internet?

Die Unterhaltungsindustrie ist in der Krise und das Urheberrecht verliert zunehmend an Bedeutung. Man kann in fast jedem Bereich auf freie oder zumindest kostenlose Werke zurück greifen - bei Spielfilmen hapert es noch an der Qualität. Jede Minute, die Videos bei Youtube geschaut werden, bricht bei Absatz der Unterhaltungsindustrie weg.
Dagegen wird ihnen ACTA auch nichts helfen.
 
Dann ist doch alles in Butter. Man bekommt freie und kostenlose Musik aller Genres, freie und kostenlose Software für alle Bereiche, evtl. demnächst auch Filme... Dann muss ja niemand mehr etwas kaufen und auch niemand mehr etwas illegal aus dem Netz ziehen.

Ich frag mich nur, warum alle so scharf auf Lady Gagas neueste Musikergüsse sind, dass sie sich strafbar machen, um kostenlos da ran zu kommen, wenn es doch vergleichbares kostenlos gibt?

Marty
 
Bei ACTA geht es doch erstmal um den Schutz geistigen Eigentums.
Das hat weder was mit Vermarktungsformen noch mit der Preisbildung zu tun.
Bei ACTA geht es um die gesetzliche Zementierung der Ansichten der Rechteverwerter.
Weder Urheber noch Konsumenten haben da irgendwas zu sagen gehabt. Und nur um die beiden geht es eigentlich im Urheberrecht.
Auch, dass lebenswichtige Medikamente, die in Indien für Afrika hergestellt werden, dann zerstört werden, weil die Verpackung so ähnlich ist wie die in den USA - auch das halte ich nicht für ethisch.


Nur geht es dabei so ganz nebenbei auch um die wesentlichen Grundlagen unseres wirtschaftlichen Erfolges, nämlich den Bereich Forschung und Entwicklung aller kleinen und großen deutschen Firmen.
Ja, und in einigen Bereichen führen die Patentorgien zu enormen wirtschaftlichen Schäden. Abschreckung von Konkurrenz, Patenttrolle, innovativen Unternehmen, die zerstört werden, weil sie sich jahrelange Rechtsstreits nicht leisten können... von der volkwirtschaftlichen Unsinnigkeit, Dinge mehrfach zu erforschen (gerade bei Medikamenten) mal ganz zu schweigen.
Oder nimm Monsanto, das Biobauern verklagt, weil Monsantos genveränderte Pflanzen die Pflanzen der Biobauern per Luftbestäubung verseucht haben, und die Biobauern somit gegen das Monsanto-Pantent erstoßen, weil sie keine Lizenzzahlungen leisten
Eigenes Saatgut unbrauchbar gemacht und dafür von demjenigen noch verklagt, einfach herrlich.
Gerade in den USA (und nicht nur dort) kann dich so ein Prozess schon mal Millionen kosten - und selbst wenn du das überstehst, ist nicht sicher, dass du das Geld zurück erhältst. Fördert Innovationen ungemein ;)


Diese "gesellschaftliche Veränderung", von der Du sprichst, ist aber eine Sackgasse. Sie hat nämlich als Grundlage die Theorie, dass im Internet nach Möglichkeit alles kostenlos sein soll, auch, wenn das für Dich persönlich nicht gelten mag.
Er dürfte eher davon sprechen, dass eine immer längere Schutzdauer (kann bis mehr als 100 Jahre sein) wohl kaum Anlass ist, sich mehr anzustrengen. Ich würde mich jedenfalls nicht noch länger hinsetzen nur weil ich weiß, dass nicht nur meine Enkel, sondern auch meine Urenkel einen "bedingungslosen Wohlstand" haben können - unter der Voraussetzung, dass X dann noch verkäuflich ist und ich oder meine Erben es nicht sowieso an einen Verwerter abgetreten haben und nichts mehr davon haben. Von bereits toten Urhebern bei einer rückwirkenden Verlängerung mal ganz zu schweigen (einfach mal nach "Mickey Mouse Gesetz" googeln).


Ich kenne Leute, die haben zig Terabyte von mehr als 1000 Filmen zu Hause. Kann mir doch niemand erzählen, dass man die mal alle anschaut.
und der entstandene Schaden = 0

Wo ist denn diese Preisgrenze, wo die Masse der Downloader zu den legalen Angeboten wechselt?
Fließend. Beim Studenten auf BaFög deutlich niedriger als beim Millionär. Nur falls der Student Millionär wird, steigt diese Grenze eben auch an.
Frag einen beliebigen Psychologen, und der wird dir sagen, dass der Mensch das natürlich Bedürfnis hat, eine Gegenleistung zu leisten.

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Und davon ganz abgesehen ist die Behauptung, dass Filesharing der Musik- und Filmindustrie schadet, eine.. sagen wir ziemlich mutige. Studien, die nicht von der Indstrie bezahlt werden, kommen im Allgemeinen zu den Schluss, dass es keinen oder höchstens geringen Schaden gibt, oft eher positive Effekte - diese aber meist bei den Künstlern und nicht bei den Verwertern.

Im Gegenteil z.B. erst vorige Woche: Das verzögerte Release von Filmen in Europa (wie die DVD-Region-Codes zur Gewinnmaximierung) führt dazu, dass mehr illegal verbreitet wird und die Einnahmen sinken. Erfolgt das Release gleichzeitig, ist der Effekt weg. Eine bessere Verfügbarkeit ist also direkt übersetzbar in mehr Umsatz.


Ein Radiomitschnitt reicht offensichtlich nicht.
Taping kills music...
Früher hat sich niemand (außer die Musikindustrie) über Radiomitschnitte aufgeregt - heute schon. Was hat sich geändert? (Außer, dass das Radio kleiner geworden ist und viel mehr kann, zum Beispiel diesen Text hier schreiben.)

Nach meinen Infos kann man auch eine CD aus der Bibliothek für private Zwecke kopieren.
Nein, es sei denn, der Bibliotheksbesitzer ist dein Freund und du umgehst keinen Kopierschutz.



Ich frag mich nur, warum alle so scharf auf Lady Gagas neueste Musikergüsse sind, dass sie sich strafbar machen, um kostenlos da ran zu kommen, wenn es doch vergleichbares kostenlos gibt?
Gut, nehmen wir mal dieses Beispiel. In den meisten Fällen dürften das Schüler sein.
Die haben wenig Geld.
Sie stehen vor der Wahl: Handy oder Lady Gaga bezahlen?
Handy gewinnt.
Lady Gaga bekommt nichts.
Ob das nun noch was runter geladen wird oder nicht macht auch keinen Unterschied, weder für die Lady noch für die Verwerter - außer, dass die Fans Fans bleiben und somit potentielle Zahler in der Zukunft sind, wenn sie mehr haben als 10€ Taschengeld.
 
Irgendwie sehe ich da Parallelen zu unseren allseits beliebten Abmahnungen und deren rechtlicher Grundlage. Die Absicht, die zumindest zum Teil dahintersteckt, nämlich, außergerichtlich und - für alle! - billiger gegen Rechtsverletzungen vorgehen zu können, mag ja löblich sein. Wie das in der Praxis gehandhabt wird, hat ja jeder schon irgendwie und irgendwo gelesen. Da wird oft mit Kanonen auf Spatzen geschossen, Abzocker haben eine sichere Einnahmequelle. Und zwischendrin gibt es zweifellos "die eine oder andere" berechtigte Abmahnung.

Eine weitere Parallele ist, daß die Schnittstelle - in dem Fall der Anwalt - oft der ist, der am meisten profitiert.
 
Bei ACTA geht es um die gesetzliche Zementierung der Ansichten der Rechteverwerter.
Weder Urheber noch Konsumenten haben da irgendwas zu sagen gehabt. Und nur um die beiden geht es eigentlich im Urheberrecht.

Es geht schlicht und ergreifend um das Urheberrecht.
Ich kenne weder bei Linux einen Rechteverwerter, noch bei den von uns hergestellten Systemen, da wir diese selbst verkaufen.
Beides wird jedoch von Acta geschützt.

Auch, dass lebenswichtige Medikamente, die in Indien für Afrika hergestellt werden, dann zerstört werden, weil die Verpackung so ähnlich ist wie die in den USA - auch das halte ich nicht für ethisch.

Oh, das nächste Horrorszenario.
Wie hoch ist dort der Wahrheitsgehalt?

Oder nimm Monsanto, das Biobauern verklagt, weil Monsantos genveränderte Pflanzen die Pflanzen der Biobauern per Luftbestäubung verseucht haben, und die Biobauern somit gegen das Monsanto-Pantent erstoßen, weil sie keine Lizenzzahlungen leisten
Eigenes Saatgut unbrauchbar gemacht und dafür von demjenigen noch verklagt, einfach herrlich.

Und was hat das jetzt mit Acta zu tun?

Gerade in den USA (und nicht nur dort) kann dich so ein Prozess schon mal Millionen kosten - und selbst wenn du das überstehst, ist nicht sicher, dass du das Geld zurück erhältst. Fördert Innovationen ungemein ;)

Ich weiß nicht, was daran innovativ ist, wenn ich etwas entwickel, was ein anderer schon entwickelt hat.

und der entstandene Schaden = 0

Falsch.
Alleine die Infrastruktur, die bereitgestellt werden muss, damit das Internet trotz illegalem FileSharing noch stabil läuft, ist ein wirtschaftlicher Schaden für das Gros der Anwender.

gruss kelle!
 
Es geht schlicht und ergreifend um das Urheberrecht.

Da hat doch niemand etwas gegen. Was mir gegen den Strich geht, ist der Versuch, die Gewalten des Staates aussen vor zu lassen und den Rechteinhabern direkte Zugriffsmöglichkeiten auf eine Infrastruktur zu geben.

Stellst Du eine Webseite online und irgendjemand meint, sein Rechte sind verletzt, dann kann er demnächst den Provider dazu verpflichten, Deine Inhalte zu sperren. Auch, wenn die vielleicht völlig unbendenklich sind. Das ist dann dein Problem.

Marty
 
Da hat doch niemand etwas gegen.

Es gibt aber offensichtlich welche, die das ganze so nicht wahrhaben wollen.

Stellst Du eine Webseite online und irgendjemand meint, sein Rechte sind verletzt, dann kann er demnächst den Provider dazu verpflichten, Deine Inhalte zu sperren. Auch, wenn die vielleicht völlig unbendenklich sind. Das ist dann dein Problem.

Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass das eintritt?
Gegen Internetpräsenzen, die in nicht ACTA Staaten liegen ist es eh aussichtslos, hier in Deutschland gilt immer noch deutsches Recht.
Hat das jemand mal beleuchtet?
Welche geschäftlichen interessen hätte denn eine Firma private/nicht-kommerzielle Seiten sperren zu lassen?

gruss kelle!
 
Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass das eintritt?
Aus meiner Sicht: ziemlich hoch.

Welche geschäftlichen interessen hätte denn eine Firma private/nicht-kommerzielle Seiten sperren zu lassen?
Wieso denn nur privat/nichtkommerziell? Und wieso nicht einfach die Telekom anweisen, den Internetzugang von Tauschbörsennutzern mal zu sperren?

Marty
 
Wieso denn nur privat/nichtkommerziell?

Bei "Stellst Du..." fühlte ich mich angesprochen, und ich habe keine kommerziellen Seiten ;-)

Und wieso nicht einfach die Telekom anweisen, den Internetzugang von Tauschbörsennutzern mal zu sperren?

Für mich stellt sich eine andere Frage:
Auf der einen Seite haben wir ACTA. ACTA ist ja ein Handelsabkommen welches zwischen mehreren Ländern abgeschlossen wurde.
Auf der anderen Seite haben wir einen Verhau von Bundes- und Landesgesetzen.

Auf den ersten Blick stehen den Reglungen in ACTA diverse Gesetze entgegen.
Das heißt, es fehlt Providern meiner Ansicht nach jegliche sichere Rechtsgrundlage, Kunden einen Zugang ohne gerichtliche Verfügung zu sperren.

Warum sollte also ein Provider ohne rechtliche Grundlage einen zugang sperren?

Ein handelsabkommen steht meines Wissens nach nicht über staatlichen Gesetzen.

gruss kelle!
 
Warum sollte also ein Provider ohne rechtliche Grundlage einen zugang sperren?

Ein handelsabkommen steht meines Wissens nach nicht über staatlichen Gesetzen.

Das ist die Freiheit des Internets - Dieter Nuhr hat das gestern im Satiregipfel auf den Punkt gebracht, Meister.

Im Internet ist nicht wahr, was stimmt, sondern wahr, was sich verbreitet... Das ist Demokratie, wenn sich die Wahrheit nach der Mehrheit richtet....[es] kursieren Gerüchte, wenn ACTA kommt, dann wird jeder, der Musik Hört, sofort erschossen. Und weils im Internet steht, stimmt es dann auch... [und] im Internet gibt man sowieso besser keine Widerworte, sonst bricht im Internet ein sogenannter Shitstorm los, dann können Sie Ihre Internetseite, ihre Facebookseite, ihre Mailadresse vergessen, da werden Sie plattgemacht, nicht. Das ist die geistige Freiheit im Internet, dass man zwar frei ist – aber in dieser Freiheit sagt man besser nix Falsches.

Quelle (ab ca. 22 min) <-- aber schnell anschauen - die ARD-Medithek ist leider vergesslich...
 
Für mich stellt sich eine andere Frage:
Auf der einen Seite haben wir ACTA. ACTA ist ja ein Handelsabkommen welches zwischen mehreren Ländern abgeschlossen wurde.
Auf der anderen Seite haben wir einen Verhau von Bundes- und Landesgesetzen.
Und Acta verpflichtet die Staaten, die es unterschreiben, Ihre Landesgesetze so anzupassen, dass sie eben diesen Verfahren nicht mehr entgegen stehen.

Heute verhindert deutsches Recht etwas. Acta beinhaltet die Verpflichtung für den deutschen Staat, sein Recht anzupassen.

Marty
 
ACTA - Europäische Kommission: 'Proteste sind anti-europäische Kampagne einer ...

Folgende News wurde am 27.03.2012 um 18:30:00 Uhr veröffentlicht:
ACTA - Europäische Kommission: 'Proteste sind anti-europäische Kampagne einer demokratisch nicht legitimierten Internetgemeinde'
Gaming-News

Der deutschen IT-Nachrichtenseite heise.de wurde eigenen Angaben ein sogenannter Sachstandsbericht der Europäischen Kommission zugespielt, der sich mit der voraussichtlichen Unterzeichnung und Ratifizierung des stark umstrittenen Anti-Piraterie- und Urheberrechtsschutz-Abkommens ACTA befasst, und der die Ernsthaftigkeit, mit der die Verantwortlichen sich mit den Bürger-Protesten der Vergangenheit befassen, in Frage stellt. Die Demonstrationen vieler Bürger würden in dem Bericht nämlich martialisch als "aggressive pan-europäische Kampagne" gegen das Anti-Piraterie-Abkommen bezeichnet, die zudem noch von einer "demokratisch nicht legitimierten Internetgemeinde" initiiert werde, heißt es auf heise.de. Dabei würden zu allem Überfluss auch noch Cyber-Angriffe eingesetzt. Die ACTA-Prüfung durch den europäischen Gerichtshof müsse nun zügig vonstatten gehen, erklärt die Kommission weiter, da bei einem Scheitern des Abkommens die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union beschädigt werde. Weiter heißt es, dass dem Druck der Internet-Gemeinschaft keinesfalls nachgegeben werden dürfe, da sämtliche Einwände gegen ACTA völlig unbegründet seien. Es dürfte allerdings außer Frage stehen, dass gerade derartige Berichte noch zusätzlich Feuer ins Öl der Anti-ACTA-Bewegung gießen. Ein offener und aufklärender Umgang mit dem ACTA-Antrag zu Entspannung der allgemeinen Lage kommt den verantwortlichen Politikern offenbar nicht in den Sinn.
 
Ich finde, wir sollten die "Internet-Gemeinschaft" mal demokratisch legitimieren. Das könnte ja genauso gemacht werden wie damals, als wir den deutschen Vertreter für die europäische Kommission, den Herrn Oettinger gewählt haben.

Marty