(Zeit-) exklusiv?: Konsolenwettstreit und „exklusive“ Zusatzinhalte von Destiny & Co.
Was darf es sein, bitte? Sony, Nintendo oder möglicherweise doch die Heimkonsole aus dem Hause Microsoft? PS4, Wii U oder Xbox One? Der Konkurrenzkampf um die Poleposition im Konsolenrennen brodelt. Natürlich möchten weder Microsoft noch Sony oder Nintendo mit einer belanglosen Urkunde für die „erfolgreiche Teilnahme“ am Hardware-Wettstreit ausgezeichnet werden. „Dabei sein“ ist längst nicht mehr alles. Die Teilnahme allein reicht in keinem Fall aus und verkümmert ungeachtet in ihrer Belanglosigkeit. Mitgespielt zu haben und nichts als ein Stück Papier vorweisen zu können, dass einem den tatkräftigen Einsatz bescheinigt, heißt verloren zu haben. Marktführend, dominierend, revolutionierend sollte ein Produkt mindestens sein.
Auf dem Treppchen ist ausreichend Platz für drei, doch nur ein Teilnehmer kann vor aller Augen in Glanz und Glorie zum Sieger gekrönt werden und erhält neben der obligatorischen Champagnerdusche allem voran ein Bad in Ruhm, Anerkennung und dem wohligen Gefühl, alles – scheinbar – richtig gemacht zu haben. Sieger ist, wer in einem Wettstreit besser als seine Kontrahenten war. Besser als die vermeintlich missgünstige Widersacher, die die klare Überlegenheit des Primus einfach nicht zu schätzen wissen, ihm gar Steine in den Weg legten. Fotofinish oder meilenweiter Vorsprung spielen dabei keine Rolle – ebenso wie Probleme, Schwächen und Nachteile des eigenen Produkts. Was zählt ist der Triumph.
Mario, Master Chief oder Sackboy
Der andauernde Kampf um die Gunst des Gamers ist anstrengend, verschlingt Unmengen an Ressourcen und wird nicht immer mit fairen Mitteln geführt – zu Lasten des aufgeschlossenen Spielers. Doch auch die Fanlager führen den Konsolenwettstreit mit ihren Möglichkeiten fort:
Flagge zeigen, sich bekennen und dann heißt es nicht nur Mario gegen Master Chief, Kratos gegen Link und Marius Titus gegen Sackboy, nein, auch Fan gegen Fan, Spieler gegen Spieler. Die Identifikation mit dem fortschrittlicheren Unternehmen, der leistungsfähigeren Hardware oder einer vermeintlich überlegenen Spielephilosophie scheint unantastbar. Im Konsolenwettstreit werden Meinungshalter nur allzu schnell zu „Fanboys“ degradiert und wieder andere als „Hater“ abgestempelt. Wo Gegenargumente Mangelware sind, darf außer der eigenen „Konsolenreligion“ trotz allem keine andere existieren. „Du sollst keine Konsole neben mir haben.“ – in Anlehnung an das erste biblische Gebot. Als Resultat einer stark rivalisierenden Marketingpolitik verkommt Koexistenz zur Theorie. Flacht die Debatte über die einzige wahre Erfüllung spielerischer Wünsche ab – ein kurzer Waffenstillstand genügt – so schütten die milliardenschweren Konzerne einfach Öl ins Feuer, um selbiges vor dem Erlöschen zu bewahren. Dann wird mit Zahlen um sich geworfen: „60 FPS“, „720p“, „30 FPS“ und „1080p“ oder das eigene Produkt als wesentlich exklusiver vermarktet, als es in Wirklichkeit ist.
Exklusiv! Wirklich?!
Der irreführende Gebrauch der vermeintlichen Auszeichnung „exklusiv“ wird im Next-Gen-Wettstreit aktuell so inflationär verwendet, dass nicht einmal überall „exklusiv“ drin ist, wo „exklusiv“ drauf steht. Eine Mogelpackung. Täuschung am Kunden. Das Prädikat „exklusiv“ meint mittlerweile immer öfter „zeitexklusiv“, also eine temporäre, zeitgebundene Exklusivität. „Exklusiv“ sind heutzutage Beta-Zugänge, DLC-Inhalte, Charaktere oder eben ganze Spiele. Selten hält das Wort aber, was es verspricht. Beispielsweise erscheint Rise of the Tomb Raider „exklusiv“ für die Xbox One: In einem späterem Interview wurde die versprochene Exklusivität dann jedoch schnell entschärft: Tomb Raider erscheint 2015 (!) „exklusiv“ für die Xbox One. Was danach, also ab dem Jahr 2016, ist, steht in den Sternen.
Bevor die Diskussion erneut entbrennt: Die Hardware-Hersteller tun sich in dieser Hinsicht nichts. Auch Sony wirbt mit exklusiven Inhalten, zum Beispiel für Destiny und verspricht neben einer Multiplayer-Karte und einer zusätzlichen Strike-Mission auch zahlreiche “exklusive” Ausrüstungsgegenstände – darunter auch Waffen und Raumschiffe für den vielversprechenden „Shared-World-Shooter“, der am 09. September für PS3, PS4, Xbox 360 und Xbox One erscheinen wird. Die Aussage stimmt bedingt: So müssen Xbox One-Besitzer voraussichtlich bis zum Herbst 2015 warten, um auch in den Genuss dieser Inhalte zu kommen – aber sie bleiben ihnen nun einmal nicht vorenthalten, wie das Wort „exklusiv“ suggeriert.
Rivalität im Sport wird gern als gesund bezeichnet, wenn sie ein gewisses Maß sportlichen Ehrgeizes nicht überschreitet und sich innerhalb eines fairen Rahmens bewegt. Auch wirtschaftlich ist Konkurrenz etwas durchaus wünschenswertes, sie soll ja bekanntlich das Geschäft beleben. Ein Plädoyer die Waffen niederzulegen und den Streit zwischen Team Sony und Team Microsoft – und möglicherweise auch Team Nintendo – niederzulegen. Letztlich hat jede Konsole, ob nun PS4, Wii U oder Xbox One ihre Vorzüge – und seien es einfach individuelle Geschmäcker, die mit dem technischen Datenblatt einer Konsole nun wirklich nichts zu tun haben. Jedem Tierchen sein Pläsierchen und jedem Gamer seine Konsole. Kein Grund sich zu grämen, schließlich kommen ohnehin alle Spieler – ob nun etwas früher oder etwas später – an die meisten Inhalte.