Reform der Betriebsrente: „Sternstunde“ oder „Kardinalfehler“?
Mit der Reform der Betriebsrente plant Arbeitsministerin Nahles vor allem Entlastungen für Arbeitgeber. Sie will mehr Unternehmen für die betriebliche Altersvorsorge gewinnen etwa durch den Wegfall der Garantierente. Doch der Gesetzentwurf hat an vielen Stellen noch Verbesserungspotenzial, monieren Kritiker. Sie warnen vor einem "Kardinalfehler".
In Deutschland haben rund 60 Prozent der Arbeitnehmer eine betriebliche Altersvorsorge (bAV). In kleinen Unternehmen setzt jedoch nicht einmal ein Drittel der Angestellten auf diese Form der Absicherung. Dabei bezeichnet Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) die Betriebsrente im Bundestag neben der gesetzlichen Rente als "wichtigste und kostengünstigste Variante der zusätzlichen Altersvorsorge". Durch eine Reform will sie daher mehr Arbeitnehmer in die bAV holen sowie mehr Arbeitgeber dazu bringen, diese anzubieten.
Während die Koalition dieses Vorhaben weitgehend stützt, stößt der Entwurf bei der Opposition auf scharfe Kritik. Einige Regelungen, wie der Wegfall der Garantierente, würden die Betriebsrente zu einer "Pokerrente" machen, betont Matthias W. Birkwald von der Linksfraktion. Für die Grünen beinhaltet der Gesetzentwurf einen entscheidenden "Kardinalfehler". Peter Weiß von der CDU/CSU-Fraktion sieht das anders. Er nennt die Reform eine "Sternstunde" für die Altersvorsorge.
Änderungen bei der Betriebsrente: Entlastung für Unternehmen
Der Gesetzentwurf zur Stärkung der Betriebsrente sieht aktuell unter anderem vor, dass es künftig keine Garantierente mehr geben soll. Das bedeutet, dass Unternehmen, die eine betriebliche Altersvorsorge anbieten, bald statt einer Renten- nur noch eine sogenannte Beitragszusage machen müssen. Bisher haben sie zu gewährleisten, dass Versicherte im Rentenalter ihre festgelegte Rente bekommen. Kämpft beispielsweise eine Pensionskasse mit finanziellen Problemen und kann daher nicht die volle Rente auszahlen, muss der Arbeitgeber einspringen und die restliche Summe bis zur vereinbarten Betriebsrente beisteuern.
Nahles zufolge sei dies insbesondere für viele kleine Unternehmen ein entscheidendes Hemmnis für die betriebliche Altersvorsorge. Die Arbeitsministerin will die Betriebe daher entlasten. Das gilt allerdings nur für Unternehmen, die einen Tarifvertrag haben.
SPD möchte geplante Regelungen ausweiten
Nachdem der Bundestag erstmal über die Reform der Betriebsrente beraten hat, ist die Kritik am geplanten Gesetz groß. Für Ärger sorgt besonders, dass einige Änderungen im Entwurf auf Unternehmen beschränkt sind, die einen Tarifvertrag haben. Nicht nur die Opposition hat dafür wenig Verständnis. Auch Mitglieder der SPD wie Carola Reimann sowie Ralf Kapschack fordern, dass die Regelungen auf alle Betriebe ausgedehnt werden müssen. Kapschack geht sogar noch weiter und möchte alle Arbeitgeber dazu verpflichten, ihren Angestellten ein Angebot zur Betriebsrente zu machen und dafür zu zahlen. Er hält die bAV für die "beste Ergänzung" zur gesetzlichen Rente.
Gesetzentwurf in der Kritik: Reform fördert "Pokerrente"
Die Grünen begrüßen zwar das Konzept der Betriebsrente, sie kritisieren jedoch, dass die Regierung mit dem aktuellen Reformentwurf genau die Unternehmen benachteiligt, die eigentlich entlastet werden sollen. Denn die meisten kleineren Betriebe haben keine Tarifbindung und können daher nicht von den Regelungen profitieren. Bei den Linken fällt das Fazit drastischer aus. Der rentenpolitische Sprecher der Partei, Matthias W. Birkwald, bezeichnet das neue Konzept als "Pokerrente". Mit der Reform würde die Betriebsrente für Versicherte unberechenbar gemacht, da sie aufgrund der fehlenden Garantie nie wüssten, wie hoch ihr Plus im Alter ausfällt.