Pro Evolution Soccer 2015 – Fortschritt rückwärts
Wenn man sich unter den Fußballnarren so umhört, gibt es Jahr für Jahr immer ein Spiel, auf das sich jeder freut wie Bolle. FIFA nennt sich diese sogenannte Fußballsimulation. Wird dann gefragt, wieso sich gerade für diesen der beiden großen Fußballtitel entschieden wird, kommen immer die selben Argumente, die zu 95% aus, “Es gibt alle Lizenzen” und zu 5% aus ” Ey Alter FIFA!!!” zusammensetzen. Dass es darüber hinaus für die seit Jahren auf der Stelle tretenden FIFA-Reihe wenig Argumente gibt, die für einen Kauf sprechen, wird von jahrelangen FIFA-Anhängern einfach stillschweigend ignoriert. Einmal FIFA, immer FIFA, dabei hat sich Konami´s Pro Evolution Soccer heimlich zur einfach besseren Fußballsimulation entwickelt. Wann diese Erkenntnis endlich einmal auch im Volk ankommt, kann bei weiterem Öffnen der Qualitätsschere, nur noch eine Frage der Zeit sein.
PES, das bessere FIFA?
Besser als FIFA zu sein, bedeutet jedoch noch lange nicht, dass es sich bei Pro Evolution Soccer 2015 bereits um ein perfektes Spiel handelt. Zwar wurde an der Aufmachung spürbar gearbeitet, dennoch wirkt das PES-Interface teilweise noch sehr altbacken, besonders im Vergleich zu Vertretern aus anderen Sportarten, wie NBA 2k15 (wir berichteten), wo förmlich ein cineastisches Feuerwerk abgebrannt wird. Bei PES hingegen wirkt das ganze sehr nach alten Füßen. Zumindest lassen sich alle Zwischensequenzen problemlos weiterdrücken, immerhin.
Auch in Sachen Spielgrafik hat sich bei Konamis Fußballsimulation wenig getan. Zwar wurde beim letztjährigen Vertreter mit der FOX Engine erst ein neues Grundgerüst präsentiert, jedoch scheint dieses bereits nach einem Jahr wieder veraltet. Auch den “Kniff” sich mit der Entwicklung für die NextGen-Konsolen Zeit zu lassen und PES 2014 nicht für diese auf den Markt zu bringen ist mit dem nicht wirklich vorhandenen Grafikzuwachs, nicht nachzuvollziehen. Im Gegenteil, trieb diese Maßnahme NextGen-Konsolen Besitzer zwangläufig in die Arme des Branchenrivalen.
Natürlich sieht PES besonders in Sachen Spielermodellen immer noch deutlich besser aus als sein Rivale und auch die Bewegungen der Protagonisten gleichen sich immer näher dem Realfußball an. Jedoch soll die grafische Fähigkeit von Pro Evolution Soccer 2015 nicht in Abhängigkeit anderer Titel bewertet werden und so kann man, was einem dieses Jahr geboten wird, nicht als NextGen-würdig bezeichnen.
Kommentare aus dem Volksempfänger
Absolut als Frechheit sind 2015 der Sound sowie die Kommentatorenleistung zu bezeichnen. Ist der reine Stadionsound noch einigermaßen erträglich, da sich sehr im Hintergrund haltend, könnte das, was die altbekannten Kommentatoren Hansi Küpper und Wolff-Christoph Fuss abliefern, genausogut aus dem Jahre 1920 stammen. Die immer gleichen, pseudokomischen Floskeln wiederholen sich selbst im ersten Spiel bereits mehrfachund auch passen die Äußerungen selten auf die gerade erlebten Spielszenen. Wer glaubt zumindest im Menü, wo man den beiden Kommentatorenrentnern nicht zuhören muss, hätte man seine Ruhe, hat die Rechnung ohne Konami gemacht. Anscheinend hatten die Japaner, als es um die Menüsong-Auswahl ging wohl kein Budget mehr, zumindest kommt es einem so vor, wenn sie die gefühlt drei lahmen Lieder zum 100sten Mal wiederholen.
Viel Flow und Slapstick
Spielerisch gibt es in diesem Jahr wenig zu meckern und wie jedes Jahr gilt auch bei PES 2015 wieder “easy to learn, hard to master”. Die Bewegungsanimationen werden immer flüssiger, Spieler laufen gut ein und auch ansonsten halten sich die unterschiedlichen Mannschaftsteile penibel an die Traineranweisungen. Auch macht es tatsächlich einen Unterschied, wie man seine Mannschaft auf den Gegner abstimmt, da die Fähigkeiten der Spieler nie in die Beliebigkeit abrutschen. Wer also mit einem krückenlangsamen Verteidiger versucht dem schnellen gegnerischen Jungspund nachzuhetzen, wird das eine oder andere Mal mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen. Ebenso ein zu offensives Spiel, oder Lücken im Abwehrverbund, werden den Gegner dazu reizen, mit schnellen Pässen in die Schnittstelle, die ganze, wohlüberlegte Taktik auszuhebeln.
Richtig auf das gegnerische Spiel zu reagieren, ist bei zumindest rudimentär vorhandenem Taktikverständnis auch nicht wirklich kniffelig, würde es nicht, besonders zu Beginn, oftmals am eigenen Unvermögen scheitern. PES 2015 bestraft nämlich Fehler direkt und verlangt den Zockerhänden doch ein gewissen Gefühl für Timing und Knopfdruckstärke ab. Tödliche Pässe in die Spitze müssen mit genau dem richtigen Kraftaufwand zum richtigen Zeitpunkt gespielt werden, Pässe präzise zum richtigen Mitspieler gelenkt und Abwehrversuche sinnvoll getimed werden, sonst verspielt man, besonders gegen bessere Computergegner gerne auch einmal eine 2:0 Führung.
Natürlich ist PES auch wieder für die ein oder andere Slapstickszene gut, doch macht dies die Fußballsimulation nicht eigentlich erst sympathisch? Zumindest schadet das Zusammenlaufen mancher Spieler, oder Torhüter, die dämlich den Ball zum Gegner werfen, nicht wirklich dem Realismus. Viel ärgerlicher gestalten sich in Pro Evolution Soccer dieses Jahr leider die Schiedsrichterleistungen. Mag das Empfinden, es würden nur eigene Aktionen abgepfiffen, oder fragliche Abseitssituationen eventuell der subjektiven Wahrnehmung geschuldet, sind manche Foulbestrafungen einfach nicht nachzuvollziehen. Der Gelbe und Rote Karton sitzt 2015 auf jeden Fall sehr locker in der Tasche.
Neuigkeiten ohne Mehrwert
Eine Frage, die sich natürlich auch dieses Jahr wieder aufwirft, ist die nach den Lizenzen. Mit dabei dieses mal, zumindest was die wichtigsten Ligen betrifft, sind eine voll lizensierte spanische, italienische und französische Liga. Die englische Liga ist ebenfalls vorhanden, jedoch bis auf Manchester United nur mit Fantasienamen der Mannschaften. Aus der Bundesliga sind Bayern, Leverkusen und Schalke mit von der Partie. Für manche ein Hauptgrund, auch dieses Jahr wieder zum Konkurrenten zu greifen, jedoch sollte wie immer auch für PES 2015 ein Community Patch erscheinen, der alles fehlende nachliefert.
In Sachen Spielmodi bleibt auch 2015 wieder alles mehr oder weniger beim Alten:
Meisterliga: bleibt der Modus mit dem Meisten Spaßpotential. Was gibt es schöneres, als seine eigene Mannschaft mit Underdogs zum Championsleaguetitel zu führen.
“Werde zur Legende” Modus: Langweilig wie eh und je. Alleine auf dem Fußballplatz herumzulaufen und alle 3 Tage mal den Ball zu bekommen, kann eigentlich keinen Spaß machen.
myClub-Modus: Die von FIFA abgekupferte Kartenvariante. Ebenso gut umgesetzt wie beim Rivalen und wohl auch nur Online spaßig. Wegen klar erkennbarem Pay2Win Konzept und fehlenden Lizenzen jedoch wenig sinnig.
UEFA Champions League, UEFA Europa League und Copa Libertadores sowie die AFC Champions League und die FIFA-Klub-Weltmeisterschaft: Nettes Goodie, aber hätte auch keinen gestört wenn diese Turniere nicht implementiert gewesen wären.
Onlinemodus: Am Anfang stark von Spielabbrüchen geprägt, mittlerweile aber stabil und ein klasse Zeitvertreib, besonders gegen Freunde.