Missbrauchsvorwürfe: Papst-Vertrauter Pell beurlaubt

Rom/Sydney (dpa) - Erstmals wird gegen einen der ranghöchsten Kardinäle im Vatikan wegen des Vorwurfs des Kindesmissbrauchs ermittelt. Der Papst-Vertraute und Chef des Finanzsekretariats, der Australier George Pell, legte darauf sein Amt vorübergehend nieder.

Gleichzeitig beteuerte er seine Unschuld. Der Australier gehört auch dem Kardinalsrat des Papstes an und ist inoffiziell die Nummer Drei im Vatikan.

Er habe sich von Papst Franziskus beurlauben lassen, um in seiner Heimat die Vorwürfe auszuräumen, sagte Pell in Rom. «Die Anschuldigungen sind falsch. Die ganze Vorstellung von sexuellem Missbrauch ist für mich abscheulich», versicherte er. In dem Fall geht es um angebliche Taten, die Jahrzehnte zurückliegen.

Die australische Polizei hatte mitgeteilt, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den 76-Jährigen wegen Missbrauchsverdachts eingeleitet worden sei. Wie die Polizei im Bundesstaat Victoria mitteilte, muss Pell am 18. Juli zu einer Gerichtsanhörung in Melbourne erscheinen.

Während Pells Abwesenheit von Rom werde das Wirtschaftssekretariat seine Arbeit wie gewohnt fortführen, teilte der Vatikan mit. Die Sekretäre blieben im Amt, solange nicht anders entschieden werde.

Pell war vor seiner Versetzung nach Rom Erzbischof von Melbourne und Sydney. Anfang 2014 ernannte ihn Franziskus zum Leiter der neu geschaffenen Aufsichtsbehörde für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Vatikans.

Die australische Polizei und Pell führten nicht näher aus, worum genau es bei den nun zu untersuchenden Vorwürfen geht. Die Geschehnisse lägen schon weit zurück, hieß es in Australien.

In der Vergangenheit hatte es mehrfach Beschwerden gegeben über angebliche Fälle von Kindesmissbrauch während Pells Zeit als Priester in Ballarat (1976 - 1980) und als Erzbischof in Melbourne (1996 - 2001). Ihm wurde zur Last gelegt, mehrere Jungen sexuell belästigt zu haben. Im Juli vergangenen Jahres erhoben zwei Männer direkte Missbrauchsvorwürfe gegen den Geistlichen, der sie in den 1970er Jahren in einem Schwimmbad unsittlich angefasst habe. Ein weiterer Mann berichtete, Pell habe sich in den 1980er Jahren vor Jungen in einem Umkleideraum am Strand entblößt.

«Keine der gegen Kardinal Pell erhobenen Anschuldigungen ist bislang von einem Gericht überprüft worden», betonte Victorias Vize-Polizeichef Shane Patton. Pell habe «das Recht auf ein faires Verfahren».

Die Vorwürfe sind besonders heikel, weil Pell eingeräumt hatte, dass Australiens katholische Kirche über Jahre hinweg den Missbrauch von Kindern heruntergespielt habe. Auch er selbst wurde dafür kritisiert, derartige Fälle unter den Teppich gekehrt zu haben, und musste sich vor Untersuchungskommissionen in Australien den Vorwürfen stellen.

Für den Heiligen Stuhl ist das Ermittlungsverfahren äußerst unangenehm. Papst Franziskus rief Ende 2014 im Vatikan ein neues Gremium ins Leben, um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und anderen schwerwiegenden Delikten in der katholischen Kirche zu erleichtern. Zuletzt war ein Mitglied der Kinderschutzkommission zurückgetreten, aus Frust darüber, dass es mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen nicht vorwärts gehe.

Kirche / Kriminalität / Papst / Australien / Vatikan
29.06.2017 · 19:02 Uhr
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