Migranten wehren sich gegen Deutschpflicht
Berlin (dpa) - Deutschlands Migrantenverbände wehren sich gegen eine Deutschpflicht auf Schulhöfen - und bekommen Unterstützung von den Bildungsministern von SPD und Grünen.
Mit Sprachförderung und geringen Schülerzahlen in Klassen mit vielen Migrantenkindern wollen die Länder Integrationsprobleme mindern. Zwischen der Kultusministerkonferenz (KMK) und den Migrantenverbänden herrsche Einigkeit, dass die Schule ein zentraler Ort der Integration sei, sagte Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) nach einem gemeinsamen Treffen am Freitag in Berlin.
Eine Deutschpflicht auf Schulhöfen führe zur Stigmatisierung der Migrantensprachen, warnten die Migrantenorganisationen in einer Erklärung. KMK-Präsident Ludwig Spaenle (CSU) dagegen hält freiwillige Vereinbarungen zwischen Eltern, Lehrer und gegebenenfalls Schülervertreter über Deutsch auf dem Pausenhof für interessant, wie er sagte. «Ich kann darin keine Diskriminierung der Muttersprache erkennen», sagte der bayerische Kultusminister.
Zöllner bezeichnete es als nicht hilfreich, auf dem Pausenhof von oben herab die Muttersprache zu verbieten. Bei Deutsch als Unterrichtssprache gebe es aber kein Wenn und Aber. Die rheinland- pfälzische Ministerin Doris Ahnen (SPD) sagte: «Ich finde es traurig, dass mit schöner Regelmäßigkeit dieselben Vorschläge auf den Tisch kommen, die in keiner Weise geeignet sind, die Probleme zu lösen.» Ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Sylvia Löhrmann (Grüne) sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Wenn Menschen ihre Herkunftssprache verboten bekommen sollen, ist das absurd.» Klar sei aber, dass man hierzulande nur dann Erfolg haben könne, wenn man Deutsch spreche.
Zöllner sagte, die Bildungsminister stellten sich der Herausforderung, die Pflege der Muttersprache auch als Reichtum zu sehen und zu unterstützen. Die Migrantenorganisationen forderten Bund und Länder auf, Mehrsprachigkeit und Vielfalt zu fördern. Die von Regierungsparteien angestoßene Integrationsdebatte mache sie «sehr besorgt». Sie versicherten: «Die Erstrangigkeit der deutschen Sprache ist für uns selbstverständlich.» Es sei aber ein Skandal, dass Schulen ausgezeichnet werden, weil sie Kindern mit ausländischen Wurzeln in der Pause die Benutzung ihrer Muttersprache verbieten.
Für eine Deutschpflicht hatte sich unter anderem die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, ausgesprochen. Zu den Unterzeichnern der Erklärung zählen die Arbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände, der Verband Deutsch- Arabischer Vereine und die Türkische Gemeinde.
Fortschritte beim Ausbau von Ganztagsschulen, der Sprachförderung in den Kitas und anderen Mitteln zur Integrationsförderung gebe es - aber es gehe zu langsam, sagte Zöllner. Schulen müssten Angeboten machen, die Migrantenkinder aber auch bereit sein, sie anzunehmen. Spaenle kündigte jährliche Treffen zwischen Migrantenvertretern und den Kultusministern an.