Die Asche bremst Europa aus - auch die Mächtigen

Hamburg (dpa) - Wohl noch nie hat eine Naturgewalt Mensch und Maschinen so in die Schranken gewiesen: Die Aschewolke des isländischen Vulkans macht das Fliegen über fast ganz Europa weiter unmöglich. Hoffnung auf Besserung ist nach isländischen Angaben nicht in Sicht. An diesem Sonntag kommen deshalb viele Staatsgäste, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, nicht zur Trauerfeier für Polens Präsident Lech Kaczynski und seine Frau Maria nach Krakau.

Barack Obama wollte unbedingt anreisen, der US-Präsident gab seine Pläne nach Angaben des polnischen Außenamtssprechers vom Samstagabend aber ebenfalls auf. Auf dem Rückweg von ihrer USA-Reise schlug sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) per Auto und Bus quer durch Europa. Am Abend musste auch die Kanzlerin ihre Teilnahme an der Trauerfeier für Kaczynski absagen. Deutschland wird in Krakau nun von Bundespräsident Horst Köhler und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) vertreten.

Millionen Menschen können in den kommenden Tagen Geschäfts- und Urlaubsreisen abschreiben. Angehörige der vier in Afghanistan getöteten Soldaten müssen weiter darauf warten, dass die Särge nach Deutschland kommen.

Der deutsche Luftraum sollte nach Angaben der Flugsicherung bis mindestens 14.00 Uhr am Sonntag gesperrt bleiben. In weiten Teilen Frankreichs oder auch in Norditalien wurden Airports bereits bis Montag geschlossen.

Meteorologen und Vulkanologen in Reykjavik erklärten am Samstag übereinstimmend, dass der Vulkan unter dem Gletscher Eyjafjalla weiter riesige Mengen Dampf und Asche in die Atmosphäre stößt und Änderungen nicht in Sicht sind. Das werde «sicher noch Tage, vielleicht aber auch Wochen oder Monate so weitergehen».

Die Aschewolke wirbelte am Samstag in zwei Ausläufern über dem Kontinent. Im europäischen Luftraum gab es nur geschätzte 5000 der üblichen rund 22 000 Flüge, wie die für 38 Länder zuständige Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol in Brüssel mitteilte.

Die Teilchen aus der Vulkanasche können die Triebwerke und Sensoren von Flugzeugen in vielen Kilometern Höhe beschädigen und nehmen Piloten außerdem die Sicht. Jeder Tag dieser Art kostet die Branche laut Flugverband IATA etwa 150 Millionen Euro.

Hunderttausende sitzen überall in Europa fest. Viele müssen sich mit Zügen, Mietautos oder Bussen durchschlagen. Allein auf den Kanarischen Inseln harren rund 30 000 Reisende aus, auch auf Mallorca und den übrigen Balearen-Inseln sind es Tausende.

Die Deutsche Bahn setzte für die vielen Flugreisenden, die ihre Pläne ändern mussten, am Samstag wieder mehr Züge und Personal ein. Sollte der Luftraum über Deutschland auch am Sonntag gesperrt bleiben, will die Bahn erneut zusätzliche Züge einsetzen. «Wir stehen sozusagen Gewehr bei Fuß», sagte ein Konzernsprecher am Samstagabend. Die französische Bahn kündigte an, am Sonntag 8500 zusätzliche Plätze von Paris bereitzustellen, davon 6100 für den Eurostar nach London und 400 für den TGV nach Frankfurt/Main.

Bundeskanzlerin Angela Merkel musste auf ihrer Rückreise aus den USA zunächst in Lissabon stoppen und dann in Rom. Mit einer Limousine fuhr sie nach Bozen, wo sie übernachten wollte. Auf dem Weg dorthin wurde sie am Samstagabend kurz vor Florenz durch eine Reifenpanne gestoppt. Betroffen war ein Bus der Delegation. Merkel wartete nicht ab, bis die Panne behoben war. Sie fuhr in ihrem gesicherten Wagen schon vor in Richtung Südtirol. An diesem Sonntag wollte Merkel im Bus nach Deutschland zurückfahren.

Der Rücktransport der vier am Donnerstag in Nordafghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten verzögert sich. Die Maschine mit zwei schwer verletzten Soldaten musste in der Türkei zwischenlanden. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der die Männer begleitete, sagte: «Sie sind hier, so ist mir gesagt worden, in besten Händen.»

Laut Eurocontrol sind in den meisten Teilen Nord- und Mitteleuropas für zivile Maschinen keine Starts oder Landungen möglich. Nur in Südeuropa wie einigen Teilen Spaniens, im Südbalkan, in Süditalien, Griechenland oder der Türkei blieb der Luftraum offen. In einigen der gesperrten Gebiete sei der obere Luftraum zwar prinzipiell frei. Dieser Luftraum sei wegen der geschlossenen umliegenden Gebiete aber schwer erreichbar.

Airline-Chef Niki Lauda («Flyniki») und die Führung der Austrian Airlines (AUA) kritisierten die Sperrung des österreichischen Luftraums. Die Flugunternehmer bezweifeln, dass die Vulkanasche-Wolke aus Island derzeit noch eine Gefahr für den Flugverkehr in dem Alpenland darstellt. «Die Partikel sind nach Rücksprache mit meinem Triebwerkserzeuger mittlerweile kein Problem mehr» sagte Lauda auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den AUA-Vorständen Peter Malanik und Andreas Bierwirth in Wien. «Meiner Meinung nach könnte man schon lange fliegen.»

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wies darauf hin, dass Menschen mit Asthma und Atemwegserkrankungen wegen der Miniteilchen in der Aschewolke Probleme bekommen könnten. Allerdings nur, wenn die kleinen Partikel, die zurzeit noch in hoher Höhe fliegen, auf die Erde fallen.

Für den Fall, dass die Sperrungen aufgehoben werden, fordern die deutschen Fluggesellschaften bereits eine kurzfristige Aufhebung des Nachtflugverbots. Die Politik müsse unbürokratisch helfen, damit Passagiere dann schnell an ihr Ziel kommen.

Das Wetter kommt dem gelähmten Europa und dem Luftverkehr nicht zu Hilfe, was in diesem Falle Regen wäre, der die Asche aus der Luft spült. Laut Deutschem Wetterdienst bleibt es in Deutschland schön. Und am Himmel still.

Vulkane / Luftverkehr / Island
17.04.2010 · 23:13 Uhr
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