Bilfinger Berger: Neue Baustelle für Roland Koch

Mannheim (dpa) - Umstrittener Wandel vom Landesvater zum Konzernlenker: Hessens ehemaliger Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wird neuer Chef des zweitgrößten deutschen Baukonzerns Bilfinger Berger.

Der 52-Jährige wird zum 1. März 2011 Vorstandsmitglied und übernimmt zum 1. Juli für zunächst fünf Jahre den Vorstandsvorsitz, entschied der Aufsichtsrat einstimmig am Freitag. Scharfe Kritik am schnellen Wechsel kam von Opposition und Anti-Korruptionsexperten.

Koch hatte im Mai überraschend seinen Rückzug aus der Politik angekündigt und schied Ende August nach elf Jahren an der hessischen Regierungsspitze aus dem Amt. Sein Wechsel sei «sehr gut zu verantworten», wehrte er sich gegen die Vorwürfe.

Koch folgt dem Beispiel anderer prominenter Politiker, die vor ihm in die Wirtschaft gewechselt waren, wie Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Der hatte unmittelbar nach seiner Wahlniederlage 2005 den Aufsichtsratsvorsitz bei der von Gazprom dominierten Ostsee- Pipeline übernommen und musste dafür heftige Kritik einstecken.

Bei der börsennotierten Bilfinger Berger tritt Koch die Nachfolge von Herbert Bodner (62) an, der nach zwölf Jahren als Vorsitzender in den Ruhestand geht. «Ich freue mich auf dieses Unternehmen, weil es ein sehr spannendes Unternehmen ist, das von Herrn Bodner und dem Vorstand in dem letzten Jahrzehnt in eine neue veränderte Dimension geführt worden ist», sagte Koch. Die Börse reagierte am Freitag indes mit Enttäuschung. Zeitweise sackte der Kurs unter die Marke von 52 Euro. Zuletzt büßten die Titel noch 2,93 Prozent auf 52,65 Euro ein.

Die «Bild»-Zeitung hatte bereits während Kochs Amtszeit im August über den Wechsel berichtet, die hessische Staatskanzlei hatte das damals aber harsch dementiert und von «Unfug» gesprochen. Dennoch kursierten seit Wochen Gerüchte. Kritisiert wurde der mögliche Wechsel von den Grünen, der SPD und der Antikorruptions-Organisation Transparency International.

Die einstimmige Entscheidung des Aufsichtsrates zeige, dass Koch «neben anderen guten Kandidaten die allerbeste Wahl für Bilfinger Berger» sei, sagte Aufsichtsratschef Bernhard Walter. Kochs «immer wieder bewiesene Führungskraft» sei «die beste Voraussetzung, die sehr erfolgreiche Entwicklung von Bilfinger Berger fortzusetzen und das Unternehmen in eine gute Zukunft zu führen». Dabei wolle Koch auf der von Bodner vorgegebenen Spur bleiben. Nach Walters Darstellung hatte «ein gemeinsamer Bekannter» die Männer zusammengebracht. Das erste konkrete Gespräch habe es aber erst am 18. September gegeben.

Als Ministerpräsident hat Koch Erfahrung mit Großprojekten gesammelt: Er setzte unter anderem die neue Landebahn am Frankfurter Flughafen durch. Dabei baut auch Bilfinger Berger mit. Die hessischen Grünen wittern deshalb ein «Geschmäckle». Der hessische SPD- Generalsekretär Michael Roth forderte Koch auf, nicht zu dem Baukonzern zu gehen. «Jetzt wissen wir, was Roland Koch mit persönlicher Lebensplanung gemeint hat: Er erliegt dem Lockruf des Geldes.» Roth verlangte einen Verhaltenskodex für in die Wirtschaft wechselnde Politiker.

Die Vorsitzende von Transparency International, Edda Müller, sagte der «Berliner Zeitung», Spitzenpolitiker sollten mindestens drei Jahre lang nicht in Positionen der Wirtschaft arbeiten, die vorher in ihrem Verantwortungsbereich gelegen hätten. «Bilfinger Berger kauft sich nicht die Wirtschaftskompetenz von Herrn Koch ein, sondern die politischen Kontakte und die Durchsetzungsfähigkeit», sagte Wirtschaftsprofessor Max Otte der dpa.

Koch verteidigte seinen Schritt. «Ich glaube in der Tat, dass wir in Deutschland eher eine bedauernswert geringe Tendenz zum Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik haben. Ich glaube, dass darunter beide Seiten leiden», sagte er. Der Erfahrungsaustausch sei durch nichts zu ersetzen. Er versicherte, er habe als Ministerpräsident und als Fraport-Aufsichtsratschef (1999 bis 2003) in keinem Fall etwas mit Entscheidungen für oder gegen Bilfinger Berger zu tun gehabt.

Ein Sprecher der IG Bau sagte, die Gewerkschaft erwarte, dass Koch die Kompetenz habe, die Strategie des Unternehmens am besten umzusetzen. Auch sei es wichtig, dass er den Bereich Bau sichere.

Bilfinger Berger will 2010 seine bisherigen Bestmarken bei Ergebnis und Gewinn aus dem Jahr 2008 übertreffen. Bodner hat schon viele Weichen gestellt und den Konzern verstärkt auf Dienstleistungen ausgerichtet, die weniger risikoreich als der Bau sind. Ein Kapitel ist allerdings noch offen: Der Konzern steht wegen möglichen Pfuschs beim Bau der Kölner U-Bahn in der Kritik, durch den das Stadtarchiv einstürzte. Damals starben zwei Menschen.

Bau / Personalien
29.10.2010 · 21:30 Uhr
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