Analyse: Wähler für Obama wichtiger als Klimaschutz

Washington (dpa) - Als Hüter des Klimas trat er einst auf die Weltbühne. Doch von Barack Obamas hehren Zielen ist wenig geblieben. Wirtschaftskrise und Wahlkampf haben in Washington die Gewichte verschoben.

Das Ergebnis von Durban spielt in seine Hände, denn es spielt auf Zeit, kritisieren Umweltschützer. Obamas Klimapolitik, meinen sogar manche Kritiker, ist im Grunde eine Fortsetzung der seines Vorgängers George W. Bush. Der Ökologe Michael Dorsey vom renommierten Dartmouth College kritisiert im Radiosender «Democracy Now» die Verhandlungen von Durban. Die US-Diplomatie sei völlig unakzeptabel gewesen, so Dorsey: «behindernd, blockierend, unterminierend und nur darauf aus, politische Wagnisse zu vermeiden.»

Dies wies der US-Delegierte Todd Stern vehement zurück. Er wehrte sich gegen den Vorwurf, die USA wollten im eigenen Interesse Klimamaßnahmen auf das Jahr 2020 verschieben und verteidigte das Gipfel-Ergebnis. «Es ist ein bedeutendes Paket. Keinem von uns gefällt alles daran», sagte er. «Glauben Sie mir, es gibt vieles darin, über das die USA nicht glücklich sind.»

Unglücklich reagieren vor allem amerikanische Umweltschützer auf den politischen Schwenk ihres Präsidenten. Der hatte der Welt vor zwei Jahren in Kopenhagen versprochen, den Ausstoß schädlicher Treibhausgase in den USA bis zum Jahr 2020 um 17 Prozent unter das Niveau von 2005 zu senken. Ein US-Klimagesetz sollte es möglich machen, mit bindenden Obergrenzen für Emissionen und Förderanreizen für alternative Energien. Die USA als derzeit zweitgrößter Klimasünder der Welt nach China sollte ein Vorbild für alle werden.

Doch nach der Niederlage von Obamas Demokraten bei der Kongresswahl im vergangenen Jahr war es mit dem Klimaschutzgesetz vorbei. Obama musste einräumen, dass er dafür nicht mehr genug Stimmen im Parlament bekommt. Vor wenigen Wochen dann der nächste Schlag ins Gesicht der Klimaschützer: Obama kippte eine schärfere landesweite Smogverordnung und pfiff seine Umweltbehörde EPA zurück. Die «Washington Post» sprach von einem «Sieg für die Wirtschaft», die sich angesichts der Konjunkturflaute für eine Verschiebung der neuen Vorschriften für die Smogbelastung bis zum Jahr 2013 ausgesprochen hatte. Umweltschützer sprechen von Verrat.

Zur selben Zeit nämlich sorgte die Obama-Regierung dafür, dass eine Schädlichkeitsstudie zum Umweltgift Trichlorethen fürs Trinkwasser zurückgehalten wurde. Den Knebel setzte in beiden Fällen nicht der Kongress an, sondern ein Büro, das direkt im Weißen Haus angesiedelt ist: Das Büro für Information und Regulierung (OIRA). Keine Umweltstudie, keine Richtlinie der EPA kann dieses Büro seit der Reagan-Ära ohne grünes Licht passieren. Denkfabriken wie das «Center for Progressive Reform» werfen dem Büro vor, Wirtschaftsinteressen den Vorrang zu geben. Lobbyisten gingen dort ein und aus. Die Obama-Regierung räume den Interessenvertretern der Industrie mindestens soviel politische Entscheidungsmacht ein wie sein Vorgänger.

«Die Art und Weise, wie das Weiße Haus etwa auf die chemische Industrie eingeht, lässt uns befürchten, dass es der Bush-Regierung darin nacheifert, Gesundheitsstudien zu blockieren», erklärt Daniel Rosenberg vom «Natural Resources Defense Council». Jason Rano von der Umweltgruppe «Environmental Working Group» sagt es noch deutlicher: «Es scheint, dass das Weiße Haus bereit ist, die menschliche Gesundheit für Wählerstimmen zu opfern, die es noch nicht gibt.»

Klima / USA
11.12.2011 · 22:02 Uhr
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