(Bier)Kelle
BackRoad Fahrer
- 28 April 2006
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Konnte man nicht. Jede Partei hatte am Anfang oder auch noch heute mit Extremisten zu kämpfen. Extremisten haben natürlich immer das Ziel, selbst zu erstarken und wenn möglich, die Macht an sich zu reißen. Duldet doch ein Extremist ohnehin nur seine eigene Meinung.
Eine Partei kann nicht viel dagegen tun, unterwandert zu werden. Das wirkungsvollste Mittel ist, wenn die Basis insgesamt breit genug aufgestellt und zahlenmäßig den Extremisten weit überlegen ist. Ein Parteiausschlussverfahren ist langwierig und es bedarf schon mehr als mal hier und da eines falschen Wortes, um jemanden aus der Partei zu schmeißen. Und wenn erst mal genug "falsche" Leute in den entsprechenden Positionen installiert sind, dann funktioniert auch der Filter bei den Zugängen nicht mehr, weil gar nicht mehr geprüft oder sogar manipuliert wird.
Prinzipiell würde ich Dir da zustimmen, nicht aber bei der AfD.
Die in der Luckevariante verabschiedenten Positionen zum Theme EU und €uro waren national-betont bis reaktionär.
Damit stand die Partei in dem Bereich rechts neben der CDU/CSU.
Die CDU/CSU selbst als (ehemals) konservative Partei wird aber schon seit ~15 Jahren vom BVerfG vor selbigen her getrieben. Ich erinnere da bloß an die gescheiterte Klage gegen die eingetragenen Lebenspartnerschaften bzw. die erfolgreiche Klage gegen die Herdprämie der CSU.
Auch die Klagen einzelner Mitglieder wie z.B. von Gauweiler von der CSU zum Thema €uro und EU wurden vom BVerfG negativ beschieden, bzw. es wurden Änderungen angeregt, aber dem Kern der Klage nie stattgegeben.
Das BVerfG gibt somit einen politischen Spielraum vor, den ich gerne als Straße beschreibe.
Links ne Leiplanke, rechts ne Leitplanke, dazwischen kann jeder fahren, wie es ihm gefällt.
Die Linke würde wohl regelmäßig links anditschen, wenn sie denn Gesetzt effektiv einbringen könnte, und die CSU ditscht halt rechts an.
Wenn man jetzt eine Partei gründet, die per Definition (in Teilen) schon in einem der beiden Straßengräben unterwegs ist, gibt es für diese Partei keine unabhängige Instanz, die weitere Planken aufstellt, dafür ziehen sie aber genug Volk an, welches mit der FDGO so seine Probleme hat.
Sicherlich hast Du noch die Grenze VS und Verbotsverfahren, aber dann ist es imho schon zu spät.
Von daher konnte die AfD nur ins extreme abrutschen oder, mangels Masse, in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.
Als Gegenbeispiel können hier die Piraten dienen, die grundsätzlich zwischen den Leitplanken unterwegs waren, und damit deutlich mehr Möglichkeiten und Willen hatten, dieses auch so zu belassen, und so der Radikalisierung entgingen.
Die AfD wirbt zwar gerne damit, den Platz zu besetzen, den die CDU/CSU verlassen hat, was auch stimmt wenn man so an den Anfang der 90er zurückdenkt, nur ist da der Fehler, dass Konservatismus nie absolut ist.
Die CDU/CSU hat hier in meinen Augen den Fehler gemacht, nie wirklich eine Konservatismus Debatte geführt zu haben.
Sowohl intern als auch extern nicht.
Ein Adenauer-Deutschland taugt halt nicht als Vorbild in einer globalisierten Welt mit einem vereinten Europa.
Eine Partei, die im Bundestag Abgeordnete afrikanischer und türkischer Herkunft sitzen hat, sollte dann auch mal klar sagen, dass wir ein Einwanderungsland sind und entsprechende Gesetze benötigen, und nicht in Generation vier der Gastarbeiter meinen, ein Doppelpass wäre schädlich.
Da wird dann irgendwie aus Konservatismus Ignoranz der Realtät.
Die Grünen haben ja ein ähnliches Problem, dass ihr Kernthema inzwischen allgemein anerkannt ist, von einem mehr, vom anderen weniger.
Die Parteien haben, glaube ich, noch nicht gelernt, ihre Klientel mit der Zeit mitzunehmen, egal ob sie progressiv vorne weg rennen, oder konservativ auf der Bremse stehen.
Das wird eine sehr große Aufgabe der Parteien für die Zukunft, weil es sowas irgendwie noch nie gab.
Früher kam ja zuverlässig alle paar Jahrzehnte ne Revolution, nen Krieg oder ähnliches dazweischen, wo man dann eh immer wieder von null anfangen musste.
gruss kelle!