Factorio: Das Paradies für Logistik-Nerds
In meinem Studium hatte ich ziemlich viele Module, die sich auf die Bereiche Produktion und Logistik bezogen. Diese waren zumeist vollgepackt mit Theorie und haufenweise Formeln. Aber auch im Alltag finden diese schnöden Theorien stets praktische Anwendung: Wird im Kühlschrank ausschließlich das First In – First Out Prinzip angewandt, macht man schon einmal nicht viel verkehrt und es ist auch für jeden verständlich. So werden zuerst die Lebensmittel aufgebraucht, die sich am längsten im Kühlschrank befinden. Kommt jetzt aber noch hinzu, dass die Lieblingswurst vom Vater und der Lieblingsjoghurt der Tochter auf Vorrat gehalten und so nachgekauft werden müssen, dass sie nicht ausgehen, wird es schon komplizierter.
Stellt man sich jetzt einmal vor, man muss den Joghurt auch noch herstellen, ist für die gesamte Lieferkette zuständig und kümmert sich darüber hinaus auch noch um die Rohstoffbeschaffung, dann ist schon ein hoher organisatorischer Aufwand damit verbunden. Müssen dann noch die Maschinen für die Herstellung und zig andere weitere Produkte hergestellt werden, hat man Factorio.
Von 0 auf industrielle Revolution
In dem Indie-Simulationsspiel übernimmt man die Steuerung eines blauen Männchens, das meist auf einem Brachland versuchen muss die gesamte Industrie wieder zum Laufen zu bekommen. Der Entwickler hat noch keine richtige Idee, was das Endgame eigentlich sein soll. Bisweilen müssen meist irgendwelche Missionsziele erreicht werden, doch das kann sich mit einem baldigen Multiplayer-Release freilich ändern. Wir haben mit dem Preview jedoch nur die Singleplayer-Variante getestet. Ziele braucht es allerdings in Factorio gar nicht, da jeder Simulationsfreund sich wohl nach den ersten Minuten eigene Herausforderungen setzen wird, von denen es einige gibt.
Manchmal findet man noch verwaiste Bruchstücke einer großen Industrielandschaft vor, wenn nicht muss die perfekte Maschinerie eben von eigener Hand aufgebaut werden. Dazu bedient man sich den Grundrohstoffen Stein, Kohle, Holz, Erz usw. Im Baumenü stehen allerhand Optionen zur Verfügung wie der emminent wichtige Schmelzofen mit dem die Rohstoffe weiterverarbeitbar gemacht werden. Seien es Stahlplatten, Erz oder Sonstiges. Mit diesen wiederum lassen sich Bauteile wie Zahnräder oder Platinen herstellen, die dann für die Produktion von Maschinen, Förderbänder, Roboterarme und vieles vieles mehr eingesetzt werden.
Ganz schön viel Aufwand für einen Einzelnen. Da unser blaues Männchen allerdings keine Chance hat, die Aufgaben in ein Billiglohnland outzusourcen, muss er sich an der Erfindung, die von Henry Ford perfektioniert wurde, bedienen: Dem Fließband.
Die Kohle und das Erz werden ab sofort von einer Förder-Maschine über das Fließband Richtung Schmelzofen transportiert, dort warten Roboterarme nur darauf die Rohstoffe ins Feuer zu werfen. Anschließend kommen Eisenplatten heraus, die ein anderer Roboterarm auf ein anderes Fließband legt und das so zur nächsten Station weiterfährt. Diese ist meist eine “Montier-Maschine”, die wie es der Name vermuten lässt, aus vielen Rohstoffen ein neues Produkt herstellt.
Vom Ressourcen- zum Produktmanager
Eine Art von Produkten, die man en masse benötigt sind verschiedene Tränke, die in Forschungseinrichtungen benötigt werden um neue Technologien zu erforschen. Zur Produktion des ersten Trankes werden nur eine Kupferplatte und ein Zahnrad benötigt. Dies ist noch sehr einfach zu handhaben. Für den blauen Trank benötigt es allerdings einen Stahlträger, eine Platine, eine Batterie und einen Roboterarm, die wiederum alle selbst einige Bauteile und eine Montier-Maschine benötigen um hergestellt zu werden. Was hier also für ein Rattenschwanz dranhängt um letztendlich zum gewünschten Produkt zu kommen, könnt ihr euch denken.
So müsst ihr euch nicht nur Gedanken machen, welche Rohstoffe ihr für die jeweiligen Endprodukte, von denen es wirklich zahlreiche gibt, benötigt, sondern auch wie ihr die Rohstoffe, Bauteile und Co. zu den Stationen bringt ohne ein Chaos zu verursachen. Für lange Strecken kann später beispielsweise eine Zuglinie eingerichtet werden, aber auch die muss so gestaltet werden, dass sie nicht zu viel Platz in Anspruch nimmt und die angelieferten Rohstoffe schnell zu ihren Verbrauchern geliefert werden können.
Hilfe Aliens
Wer damit noch nicht ausgelastet ist, der wird sich freuen zu hören, dass das Lager ab und an von Aliens angegriffen wird. Diese verwüsten nicht nur das Quartier selbst, sondern können natürlich auch unserem blauen Männchen das Licht ausschalten. Das Bauen von Waffen und Verteidigungsanlagen wird in dem kommenden Multiplayer-Modus sicher noch eine größere Bedeutung besitzen, als jetzt schon. Dabei ist es natürlich wichtig, auch die Infrastruktur, um die ihr euch übrigens ebenfalls kümmern müsst zu schützen. Ein Laserturm wird nur schwer seine Verteidigungspflicht nachkommen können, wenn der Strommasten kaputt ist oder gar kein Strom durchfließt, weil der Kohlenachschub zum Kraftwerk stockt.
Insgesamt ist Factorio ein sehr durchdachtes und komplexes Simulationsspiel, welches es derzeit auf dem Markt gibt. Fertig soll es Ende 2015 werden, wobei die Entwickler versprechen auch dann noch an ihrem Kunstwerk zu arbeiten. Kapital für dieses Vorhaben müsste genügend vorhanden sein. Nach der erfolgreichen Indiegogo-Kampagne Anfang 2013 (~22.000$) wurde das Spiel bis heute rund 50.000 Mal verkauft. Bei einem Grundpreis von 12,50€ sind das immerhin mindestens 625.000€ Umsatz, was für ein Indie-Game schon beachtlich ist.