Angespielt: Zelda: Breath of the Wild in der Preview – Zelda erfindet sich neu
Mit Legend of Zelda: Breath of the Wild macht Nintendo Ernst: Nachdem jahrelang die Kritik nicht abriss, dass die Zelda-Reihe stagniere und Rufe immer lauter wurden, dass sich die legendäre Serie neu erfinden müsse, tat Nintendo kurzerhand genau das. Mit Legend of Zelda: Breath of the Wild geht Nintendo neue Wege, trennt sich von selbstverständlich gehaltenen Zelda-Konventionen — und lässt sich von Open-World-Spielen aus dem Westen inspirieren.
Nicht aber, ohne dabei den unverwechselbaren Zelda-Charme gekonnt zu bewahren. Auf Nintendos Post-E3-Event in Frankfurt hatten wir die Gelegenheit, in zwei verschiedenen Demos in die weite Welt Hyrules abzutauchen.
Ein Open-World-Sandkasten
Keine Aufgabe, kein Ziel: Die erste Demo zu Zelda: Breath of the Wild wirft uns ohne Umschweife in die offene Welt Hyrules und verlässt sich dabei einzig und allein auf unseren Forscherdrang, der uns antreiben und vom neuen Zelda überzeugen soll. Eine durchaus gewagte Wette. Schließlich sind Open Worlds im Jahre 2016 eher die Regel als eine Ausnahme — und viele Spieler beschweren sich unlängst darüber, dass die gigantischen Welten vieler heutiger Spiele eher langweilig und karg denn spannend und spaßig seien. Um mit einer bloßen Open World-Demo zu überzeugen, muss man also schon besonders gute Karten auf den Tisch legen, um der Spielerschaft mehr als nur ein leichtes Gähnen zu entlocken.
Nachdem wir das GamePad in die Hand genommen haben und mit Link einen kleinen Wald erkundeten, wird schnell klar, wie Nintendo überzeugen möchte: Hat man in vielen Open-World-Rollenspielen manchmal das Gefühl, dass man durch eine Kulisse läuft, mit der man nur oberflächlich interagieren kann, bietet das Demo-Gebiet von Zelda: Breath of the Wild einen wahren Sandkasten, der immer wieder neue Überraschungen parat hält. In einer kleinen Waldlichtung schnappen wir uns zunächst ein herrenloses Schwert, einen simplen Bogen und eine unangezündete Fackel.
Da jedoch unser Magen knurrt, ziehen wir noch nicht angriffslustig in die Ferne, sondern gehen mit unserem Bogen zunächst auf Wildschweinjagd, sind überrascht wie flink und bedrohlich so ein saftiges Tier doch ist und begnügen uns dann bescheiden mit einer kleinen Taube als Frühstück. Damit diese wirklich gut schmeckt, muss sie aber erst einmal gekocht werden: Link steht nicht auf Rohkost. Wir entzünden unsere Fackel an einem kleinen Lagerfeuer um anschließend eine Kochstelle anzuzünden: Und wie ein echter Fünf-Sterne-Koch zu brutzeln. Da pures Fleisch langweilig ist, fügen wir dem Rezept noch ein paar Früchte und Pilze hinzu. Nur um daraufhin eine Mahlzeit zu erhalten, welche dummerweise ungenießbar ist.
Mist.
Ausbildung zum Koch nicht bestanden, macht nichts. Ohne Proviant folgen wir den Wald in Richtung Nordwesten und da wir einen lebensbejahenden Link verkörpern, springen wir dabei wie ein gutgelaunter Flummi durch das hohe Gras. Warte. Wir springen? Tatsächlich: 20 Jahre nach Ocarina of Time ist Breath of the Wild das erste 3D-Zelda, das einen eigenen Sprungbutton bietet und Auto-Jump einmottet.
Dummerweise verhalten wir uns dabei wie die sprichwörtliche Axt im Walde (nicht-sprichwörtlich kann man in Breath of the Wild mit einer Axt in der Hand übrigens auch Bäume fällen) und machen somit einen Haufen Bokblins auf uns aufmerksam. Panisch visieren wir einen Gegner an, wollen ihm zeigen, wer der wahre Schwertmeister ist und … werfen ihm unsere Klinge vor die Füße. Verdrückt. Ups. Schwertlos greifen wir notgedrungen zum Bogen und machen unseren Widersacher mit einem gezielten Headshot fertig (eine weitere Zelda-Premiere: Kopftreffer, die kritischen Schaden anrichten). Bevor uns seine Kollegen auf das Fell rücken können, schnappen wir uns eine auf dem Boden liegende Keule und verprügeln die restliche Bokblin-Meute. Gegnerische Waffen konnte man zwar bereits in The Wind Waker kurzzeitig aufheben, in Zelda: Breath of the Wild werden sie aber sogar Links Inventar hinzugefügt, der neuerdings auf ein breites Arsenal an Waffen und Rüstungen zurückgreifen kann. Das ist auch notwendig: Unsere Klopper gehen nämlich ziemlich schnell kaputt.
Wir verlassen die Schlacht mit neuem Wissen: Gegner lauschen unseren Schritten – wenn wir unbemerkt bleiben wollen, können wir im MGS5-Style Widersacher markieren und uns anschleichen. Waffen können aufgesammelt und geworfen werden. Außerdem müssen Zelda-Veteranen zunächst einige Minuten in die Steuerung investieren, um sich mit Link wieder vertraut zu machen.
Mit ein paar neuen Keulen und einigen Ästen (hey, man kämpft womit man kann) im Inventar ziehen wir weiter und entdecken letztlich ein enorm windiges Gebiet, das in eine Totenkopfhöhle führt aus welcher uns bereits aus der Ferne eine Schatzkiste anlächelt — klingt einladend, also ignorieren wir die Gegner, die die Höhle bewachen, und laufen schnurrstracks zur Schatztruhe. Nachdem Link die Kiste aufkickt – und sich anschließend schmerzerfüllt den Fuß hält – erhalten wir … eine Fire Rod! Nice. Gleich ausgerüstet, nutzen wir sie um die Gegner zu bezwingen, die uns so langsam in einem halben Dutzend auf die Pelle rücken. Die Fire Rod entpuppt sich dabei als effektiver als erwartet: Wir schießen mit riesigen Feuerbällen durch die Gegend und pusten den Bokblins die Lebenslichter aus. Die Freude hällt allerdings nur kurz: Als wir versuchen die Höhle zu verlassen, sehen wir den vollen Umfang unseres feurigen Spaßes: Das gesamte Gras hat Feuer gefangen, lodert wild umher und getragen vom Wind breitet sich der Brand immer weiter aus. Ups. Sorry, Link, da musst du wohl für das Team ein paar Brandwunden auf dich nehmen und durchs Feuer stapfen.
Da es im Gras keine Herzchen mehr zu finden gibt, essen wir ein paar Äpfel um unsere soeben verlorenen Herzen wieder aufzufüllen und setzen unsere Erkundungstour vorsichtig fort. Wir haben schließlich aus unserer jüngsten Unachtsamkeit gelernt. Doch wer hätte ahnen können, dass in einer unscheinbaren Lichtung plötzlich ebenso unscheinbare Felsen zum Leben erwachen und ein gigantisches Steinmonster bilden? Nun heißt es kühlen Kopf bewahren: Wir sehen ein kristallartigen Schwachpunkt auf seinem Rücken, Pfeile zeigen jedoch keine Wirkung. Was tun? Mit dem Mut der Verzweiflung springen wir auf den Rücken des Monsters – und siehe da: Im besten Shadow of the Colossus-Style erklimmt Link seinen Gegner sodass wir auf ihn steigen können, um mit unserer Fire Rod den Schwachpunkt zu attackieren.
Schlechte Idee: Nach nur wenigen Schlägen zerbricht unsere feurige Waffe. Als wir noch trauern, schmeißt uns der Steinkoloss von seinem Rücken und vernichtet uns mit einem einzigen Schlag. Das war’s. Tot. Passenderweise lief zu genau diesem Moment auch der 15 Minuten lange Demo-Timer ab. 15 Minuten, in denen wir Abenteuer erlebt haben, von neuen Mechaniken überrascht wurden – und gerade mal den nordwestlichen Zipfel der Demo-Map erkundet haben.
Darum sollte es bei diesem Durchgang nicht bleiben: In den folgenden Durchläufen erklommen wir die Spitze des Tempel der Zeits und bestaunten eine Aussicht, die uns den Atem verschlug. Wir gingen in eine eisige Landschaft, merkten, dass Link ohne warmhaltende Rüstung frierend Schaden nimmt, entschließen uns aber dazu ein heißes Chili zu kochen und Link wie einen echten Skandinaven nur mit seiner Unterhose durch das Eis laufen zu lassen: Wahre wärme kommt schließlich von innen. Wir fuhren Snowboard auf unserem Schild. Wir erklommen jede Wand, jeden Berg, eingeschränkt lediglich von Links Ausdauer. Wir nutzen unser Sheikah Slate – ein iPad-ähnliches SciFi-Gadget – um mit Magnetkraft Brücken zu bauen und wahnwitzige Physikspielchen zu treiben. Wir hielten die Zeit an. Wir fällten Bäume und errichteten mit Baumstämmen Brücken, die dummerweise den Gesetzen der Physik gehorchten und bei unserem Versuch sie besteigen in die Tiefe stürzten. Wir erkundeten Schreine – kleine Mini-Dungeons von denen es über 100 Stück geben soll – um Rätsel zu lösen. Wir spielten mit kugelrunden Felsen Bokblin-Bowling. Fanden Feuer- und Eispfeile. Wir stürzten das ein oder andere Mal in den Tod und lachten über Links bizarre Ragdoll-Physik. Und hatten trotzdem nie das Gefühl auch nur die Spitze des Eisbergs gesehen zu haben.
Zelda meets Sci-Fi
Aber da war ja noch die zweite Demo, die wir anspielen durften und welche die Story von Zelda: Breath of the Wild etwas näher beleuchtete. Wir sehen wie Link zu Beginn in einem mit einer Flüssigkeit gefüllten Kryostase-Becken in einer Umgebung aufwacht, die aus einem Science-Fiction-Film entsprungen zu sein scheint. Wie sich kurze Zeit später herausstellt, befinden wir uns in dem sogenannten „Shrine of Resurrection“. Als wir den Schrein verlassen, sehen wir nicht nur eine malerische Aussicht, sondern auch einen alten Mann, der uns erklärt, dass dieses Plateau die Geburtstätte Hyrules sei: Ein altes Königreich, das nun in Trümmern liegt.
Wenige Meter entfernt sehen wir den einst so stolzen Tempel der Zeit, der nun verfallen ist. Die Stimme – ist das Zelda? – ruft uns, möchte uns einen Punkt auf der Karte zeigen. Wir folgen ihr, finden ein Terminal für unser Sheikah Slate und sehen plötzlich wie gigantische Türme in ganz Hyrule aus dem Boden ragen. Huh? Was hat es denn damit auf sich? Bevor diese Frage geklärt wird, treffen wir wieder auf den alten Mann, der uns erklärt, was vor sich geht: Wir haben 100 Jahre geschlafen – oder waren wir tot? – in dieser Zeit hat Ganon das Königreich vernichtet und wurde mit letzter Kraft an das Schloss Hyrule – den reinsten Ort Hyrules – gebunden. Doch lange kann Ganon nicht mehr zurückgehalten werden. Link weiß zwar nicht, wer er ist, was passiert ist oder warum er 100 Jahre geschlafen hat, doch eines ist sofort klar: Er möchte helfen Ganon zu bezwingen.
Haben vergangene 3D-Zeldas zunächst stundenlang das beschauliche Leben von Link porträtiert, geht Breath of the Wild andere Wege: Innerhalb weniger Sekunden steht es uns frei, Hyrule zu erkunden und uns in die Action zu werfen. Eine Antwort auf all jene Stimmen, die die langwierigen Anfänge von Twilight Princess und Skyward Sword kritisierten.
Zelda: Breath of the Wild – Eindruck
Es wird Zeit den Staub wegzupusten und etwas Neues auszuprobieren: The Legend of Zelda: Breath of the Wild bricht mit Serienkonventionen und lädt uns in eine gigantische, offene Welt ein, die schon in der uns spielbaren Demo-Versionen mit Geheimnissen gespickt war, unheimliche viele Spielstile ermöglichte und uns auf Schritt und Tritt in überraschende Situationen brachte. Nach knapp zwei Stunden, die ich in der Welt von Breath of the Wild verbringen durfte, sehne ich mich bereits sehnlichst danach, endlich weiterspielen zu dürfen und kann sagen: Ja, Zelda: Breath of the Wild hat wirklich das Potential dazu, die Zelda-Reihe nach Ocarina of Time neu zu erfinden und in eine güldene Zukunft zu leiten.
Es bleibt zu hoffen, dass die Entwickler dieses Potential auch zu nutzen wissen: Denn trotz aller Begeisterung sahen wir bislang nur die Spitze des Eisbergs — und es bleiben soviele Fragen offen wie beantwortet wurden.
Zelda: Breath of the Wild erscheint 2017 für Wii U und NX.
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