Wieso haben so viele Menschen ein Burnout?

Segeltuch

Well-known member
31 Dezember 2008
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Arbeiten wir uns zu Tode? Früher wurde doch auch fleissig geschuftet und das Thema war nicht so viel in den Medien vertreten. Spontan tendiere ich dazu die ganze technologische Möglichkeit jeden und überall jederzeit zu erreichen als einen Mitgrund zu sehen. Ich meine damit, dass es im Dienstleistungssektor sehr schwer ist alle zufrieden zu stellen - gibt es Beschwerden und Probleme und die gibt es jetzt vermehrt denke ich, weil sich jeder vor seinem PC setzen kann und schnell mal eine Beschwerdemail verfasst...diese neue Art von Beschwerdekultur, die ja eigentlich demokratisch anmutet ist aber sicher nicht der Hauptgrund für das Burnout-Phänomen...nur ein kleiner Teilaspekt.
 
das Problem an der Sache ist vllt. auch einfach, dass von allen zuviel erwartet wird...

ich weiss noch, wie wir als Kinder ganze Nachmittage im Wald, auf der Wiese oder aufm Spielplatz verbracht und Blödsinn gemacht haben. Das gibts doch heute alles nicht mehr. Wie sollen also diese Menschen, die ihre Kinder zum Erfolg drillen selbst noch entspannen können?
 
Weil heutzutage jeder, der mal ein bisschen erschöpft ist, einen Arzt findet, der ihm bei gutem Zureden Burnout diagnostiziert. :yawn:

(Natürlich gibt’s auch stärkeren Leistungsdruck durch unsere immer schnelllebigere Gesellschaft)
 
Grundsätzlich sehe ich hier 3 Gründe
1. vor allem in Bürojobs bietet die technische Entwicklung die Möglichkeiten, immer und überall erreichbar zu sein. Damit fehlt vielen halt einfach der Abend/Wochenende, um auch mal abzuschalten.
2. diese ganzen flexiblen Arbeitszeitmodelle verlagern gewisse Risiken der Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer. Früher war man halt von 8-16 Uhr am arbeiten und was nicht fertig geworden ist, wurde am nächsten Tag weitergemacht. Heute kann man sich ja seine Zeit selbst einteilen und dann arbeitet man halt auch mal länger, um fertig zu werden.
3. Kollegen, die teilweise von anderen erwarten, ebenfalls so lange zu arbeiten und einen dann auch quasi unter "moralischen Druck" setzen.

Ich bekomme heute immer noch seltsame Blicke von manchen Kollegen, wenn ich sage, dass mein Handy abends und nachts ausgeschaltet ist.

anddie
 
Grundsätzlich sehe ich hier 3 Gründe
1. vor allem in Bürojobs bietet die technische Entwicklung die Möglichkeiten, immer und überall erreichbar zu sein. Damit fehlt vielen halt einfach der Abend/Wochenende, um auch mal abzuschalten.
2. diese ganzen flexiblen Arbeitszeitmodelle verlagern gewisse Risiken der Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer. Früher war man halt von 8-16 Uhr am arbeiten und was nicht fertig geworden ist, wurde am nächsten Tag weitergemacht. Heute kann man sich ja seine Zeit selbst einteilen und dann arbeitet man halt auch mal länger, um fertig zu werden.
3. Kollegen, die teilweise von anderen erwarten, ebenfalls so lange zu arbeiten und einen dann auch quasi unter "moralischen Druck" setzen.
[...]
4. Befristete Arbeitsverträge und damit einhergend Angst vor Arbeitsplatzverlust
5. Immer mehr Anspruch an den Job. Damals hat man Container im Hafen verladen, heute muss man die Maschinen die das machen steuern können.
6. Immer geringere Löhne und entsprechend wenig Vergütung für die getane Arbeit, so dass Zweit- und Drittjob auch in sonstigen "Mittelschichten" keine Seltenheit mehr ist, welche natürlich auch wieder eine Mehrbelastung der Person erfordern.
7. In Großstädten generell mehr Singlehaushalte, weniger soziale Kontakte und wenn, dann kurzlebiger usw.

...
 
Früher waren die Ansprüche, die das (Arbeits)Leben gestellt hat, mehr körperlicher Natur. Mittlerweile stehen die mentalen/seelischen Belastungen im Vordergrund. Man kann es auch Zivilisationskrankheit nennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ursache sind u.a. mangelnde Fähigkeiten in Zeit- und Aufgabenplanung. Viele reagieren auf Druck dadurch, dass alles sofort und auf einmal gemacht wird. Diesbezüglich sehe ich auch Defizite in der Ausbildung.

Früher waren die Ansprüche, die das (Arbeits)Leben gestellt, mehr körperlicher Natur. Mittlerweile stehen die mentalen/seelischen Belastungen im Vordergrund. Man kann es auch Zivilisationskrankheit nennen.
So sehe ich das auch. Früher waren halt Knochen, Lunge usw. hinüber, heute gibt es ehern mentale Schädigungen. Damit also ein Fortschritt, denn letzteres läßt sich wohl besser behandeln.
 
Die Gründe sind sicher sehr vielfältig und liegen sowohl im persönlich-psychischen Bereich (Belastbarkeit, allg. Persönlichkeit) als auch in der allgemeinen Entwicklung begründet.
Persönlich meine ich damit, wie die Person mit Herausforderungen umgeht und auch aufgrund der äußeren Einflüsse gelernt hat, umzugehen. Ich kenne in meinem Bekanntenkreis z.B. jemanden mit Burnout. In dem Fall eine Sie, wurde halt von den Eltern in der ganzen Kindheit verwöhnt und musste nie schwere Aufgaben erledigen. Dies spiegelt natürlich nicht das Leben wider...jetzt hat sie Probleme, da sie sich kaum zu organisieren weiß (was mein Vorposter schrieb).
Aber auch gesellschaftliche Entwicklungen sind ein Grund. So geht ja die Entwicklung zu einer immer größeren Komplexität. Das heißt für jeden, um eine Aufgabe zu erledigen müssen viel mehr Bereiche beachtet werden: Für eine Arbeit z.B. aktuelle Forschungsergebnisse, Erfahrungen aus der vergangenen Zeit usw. Auf diese kann man durch die modernen Medien zugreifen und muss sie einarbeiten und auch einbeziehen in seine Überlegungen.
 
aber man muss wirklich einhaken - wir arbeiten vergleichbar viel. 40std+ die woche, da ist nur wenig luft um mal durchzuatmen. ich habe im ersten jahr in einer werbeagentur locker 70 std die woche gearbeitet. man kommt da einfach in einen trott rein, denkt nur daran, was erledigt werden muss und stellt sich selbst hinten an. wenn man da nicht rechtzeitig die augen aufmacht und was unternimmt, kann es sicher schief gehn. und das dann nicht eingebildet sondern leider ernsthaft krank...
im rest europas lachen sie doch über unsere arbeitszeiten...
 
EIN Grund für Burn-out ist denke ich auch, daß man es in seiner Freizeit nicht schafft, mal richtig abzuschalten. Besonders schlimm ist dabei das Internet. Es gibt immer etwas, was man dort machen kann und verpassen kann. Telefonisch erreichbar ist man außerdem. Sport als Ausgleich nimmt immer mehr ab. Vor einiger Zeit bin ich mal für Tage nicht ins Internet gekommen, die ersten zwei Tage hat es mich genervt, ab dritten Tag fand ich es eher erholsam und war viel ruhiger. Natürlich trifft es nicht auf jeden zu, aber ich empfehle jedem mal einfach einen Selbsttest zu machen. Wer dann noch den Streß durch körperliche Betätigung (soweit möglich) ausgleicht sollte seine Burn-out-gefahr deutlich senken können.
 
Naja das kommt ganz einfach zu stande (mal von meiner Seite gesehen und von meinem Job)
Muß für den Mindestlohn Ost arbeiten (zahle aber Westabgaben und auch Miete, wohne in Berlin/Wilmerdorf)
Muß um meine Miete zahlen zu können (und auch mal ins Kino/Kneipe gehen zu können) bis zu 260h/Monat arbeiten. Naja da bleibt keine Zeit mehr um abzuschalten, 6Tage arbeiten (das auch noch Nachts) da bleibt nur der Sonntag (den verschläft man nur), da dreht man irgendwann am Rad (oder bekommt ein burnout)
 
260 std im monat? was machst du denn dann alles für jobs? das ist ja echt ne menge, das kann man sich kaum vorstellen... und mit dem internet, user-maat-re, da gebe ich dir absolut recht. man steht auf jeden fall permanent unter strom. ich habe es auf jeden fall gemerkt, dass ich leicht nervös bis seit ich ein smartphone habe. permanent habe ich die möglichkeit emails abzurufen und zu beantworten. und das mache ich auch... da muss man auf jeden fall darauf achten, dass man sich am wochenende oder im urlaub selbst verbietet, da andauernd up to date sein zu wollen. besonders im urlaub ist es wichtig. das sind nur wenige tage im jahr, die sollte man dringend nutzen!!
 
Wie schon erwähnt wurde sind die Stunden im Vergleich zu früher nicht unbedingt sehr viel mehr geworden. Arbeit hat sich einfach verändert. Stand man früher von 8 bis 5 in der Fabrik und konnte danach nach Hause - war körperlich erschöpft - ist es heute so, dass man zwar (manche Glückliche) auch nur von 8 bis 5 arbeiten muss, man die Probleme aber von der Arbeit mit nach Hause nimmt/nehmen muss. Somit kommt man einfach nicht mehr zum Abschalten. Der Kopf rattert weiter und weiter und man liegt im Bett und denkt immer noch über die Arbeit nach: Wie ist dieses und jenes Problem zu lösen? Was erwartet mich heute? Wie war der letzte Tag und welche Situation ist wie zu bewerkstelligen.

Daran erkennt man, dass die Menschen nicht mehr in der Lage sind abzuschalten. Selbst im Urlaub hab ich das Gefühl können Leute einfach nicht abschalten. Damit meine ich jetzt nicht die Always-Online Menschen, die auch im Urlaub Blackberry und iPhone an haben sondern auch die ganz normalen Menschen. Sich einfach mal auf Entspannung und Co. einlassen scheint immer weiter an den Rand der Arbeitswelt gedrängt zu werden und viele vergessen es.
Mir geht das mittlerweile genauso. Wenn ich 10 Tage Urlaub mache und ans Meer fahre, kann ich mal mindestens drei Tage einrechnen, an denen ich am Strand liege und komplett unruhig und unzufrieden mit meiner Situation bin, weil das kleine Männchen im Kopf immer weiterrattert. Mittlerweile gönne ich mir deswegen teilweise Cluburlaub, weil man dort ein recht großes Programm an Fitness und Wellness Akitivitäten angeboten bekommt und ich dadurch schneller aus dem Arbeitsalltag in den Entspannungs-Alltag switchen kann...
Das ist zwar jetzt keine Ursachenbekämpfung aber wenigstens komme ich danach wirklich erholt nach Hause und hab wieder kraft getankt :)
 
Die Sozialabgaben unterscheiden sich doch gar nicht nach Ost und West.
Grundsätzlich gilt aber immer für Geringverdiener, dass man Wohngeld oder sonstige Zuschüsse beantragen kann (z.B. Aufstockbeträge bei Hartz IV ).

anddie

OK war falsch ausgedrückt, muß natürlich andere Miete(Unterhaltskosten) zahlen als im Osten und nein ich will kein Wohngeld beantragen (da sagt man eh mir was ich mit einer 2 Zimmer Wohnung will) und mit dem Amt (hartz 4 will ich noch weniger zu tun haben)
 
aber man muss wirklich einhaken - wir arbeiten vergleichbar viel. 40std+ die woche, da ist nur wenig luft um mal durchzuatmen. ich habe im ersten jahr in einer werbeagentur locker 70 std die woche gearbeitet. man kommt da einfach in einen trott rein, denkt nur daran, was erledigt werden muss und stellt sich selbst hinten an. wenn man da nicht rechtzeitig die augen aufmacht und was unternimmt, kann es sicher schief gehn. und das dann nicht eingebildet sondern leider ernsthaft krank...
im rest europas lachen sie doch über unsere arbeitszeiten...

Wieso lacht der Rest Europas?
Ist zwar etwas off topic, aber die meisten Staaten in Resteuropa schreien, weil es keine Jobs gibt...und während ich das jetzt gerade schreibe, kommt mri der Gedanke, dass es seltsam ist. In manchen Ländern brechen die Leute zusammen - in anderen gibt es bis zu 30% Arbeitslosigkeit. Sollten die Aufgaben als Folge auch globalisiert werden? Ist das eine Lösung?
 
Welche Aufgaben meinst Du? Meinst Du, dass Jobs über Landesgrenzen hinweg verteilt werden, oder wie? (Das soll jetzt kein Angriff sein, lediglich eine Verständnisfrage ;) )
Als ich vom "Rest Europas" gesprochen habe, habe ich mich zugegeben nicht präzise genug ausgedrückt. Ich habe da vor allem an Frankreich gedacht. Dort gab es ja bis vor ein paar Jahren, ich glaube 2008, noch eine 35 Stunden Woche Regelung. 35 Stunden sind für viele hier in Deutschland unfassbar. Ich kenne kaum Leute, die 35 Stunden in der Woche arbeiten. Nur die, die in der Gewerkschaft sind, können das genießen. Alle anderen (ich rede jetzt vor allem von Leuten in meinem Alter, zwischen Ende 20 und 40), sind froh, wenn es um die 45 Stunden sind.
In Frankreich wurden die 35 Stunden dann unter Sarkozy wieder eingestellt damit die Firmen Freiheit haben, Leute länger arbeiten zu lassen. Man hat sich davon einen Aufschwung erwartet. Wie es nun unter Hollande weitergeht, weiss ich nicht. Eher in die entgegengesetzte Richtung, vermute ich.
Die Franzosen, die ich in meiner Zeit dort kennenlernen durfte, zeigen sich jedenfalls wenig verständlich, dass wir hier so viel arbeiten. Eine Freundin hat bei einem Verlag geschrieben, wo sie erst um 13h angefangen haben, zu arbeiten. Hier wäre das nicht vorstellbar.
 
woran erkennt man eigentlich burnout?
gibt es bestimmte symptome an denen man das erkennen kann?
ich bin selten erschöpft oder müde. und wenn das einmal vorkommt nehme ich mir die zeit die ich brauche um zu entspannen.
das kann man natürlich nicht immer machen. ich glaube auch, dass es wichtig ist die eigene zeit für arbeit und freizeit gut zu planen.
das ist natürlich kein allheilmittel aber ein guter ansatz oder anfang, wie ich finde.