News Unverständnis in der Ukraine über Boykott-Berichte

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25 April 2006
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Folgende News wurde am 30.04.2012 um 10:52:10 Uhr veröffentlicht:
Unverständnis in der Ukraine über Boykott-Berichte
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Kiew (dpa) - Medienberichte über einen möglichen Boykott der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine durch die Bundesregierung sind in Kiew auf Unverständnis gestoßen. Er hoffe, dass dies nur eine «Zeitungsente» sei, sagte Außenamtssprecher Oleg Woloschin am Montag in Kiew. «Man will gar nicht daran denken, dass die Staatsmänner Deutschlands fähig sind, die Methoden der Zeiten des Kalten Krieges wiederzubeleben und zu versuchen, den Sport zu einer Geisel der Politik zu machen», sagte Woloschin nach Angaben örtlicher Medien. Die Bundesregierung übt scharfe Kritik am Umgang mit der in Haft erkrankten Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwägt, ihren Ministern zu empfehlen, den EM-Spielen in der Ex-Sowjetrepublik fernzubleiben. Dies gilt nach einem Bericht des Magazins «Der Spiegel» für den Fall, dass Timoschenko nicht für eine angemessene medizinische Behandlung freigelassen wird. Die Ukraine ist mit Polen vom 8. Juni bis 1. Juli Gastgeber der EM. An Timoschenkos Haftort in Charkow wies die Staatsanwaltschaft schwere Beschuldigungen der Politikerin zurück, sie sei bei einem erzwungenen Transport in eine Klinik vor einer Woche geschlagen worden. Keiner der Ärzte oder Krankenpfleger habe dies bei einer Befragung bestätigt, sagte ein Justizsprecher dem Fernsehsender 5 Kanal. Timoschenko befindet sich nach eigenen Angaben seit dem 20. April im Hungerstreik.
 
Bin ich eigentlich zu naiv? Aus meiner Sicht ist es Aufgabe unserer Regierung, aktiv gegen Menschenrechtsverletzungen vorzugehen. Dafür schickt man als Erstes mal seinen Botschafter beim Aussenminister des Landes vorbei, er soll denen mal die "deutsche Meinung" mitteilen. Man kann auch durchaus weitergehende Sanktionen durchführen.

Aber als "Sanktion" das Fernbleiben von einer Sportveranstaltung anzukündigen, das wirkt lächerlich. In China werden jeden Tag weit mehr Menschenrechtsverletzungen begangen, in Russland, im mittleren Osten. Das hat aber niemanden davon abgehalten, dort mal vorbeizuschauen und ein paar Milliardenverträge abzuschliessen. Aber so ein Fussballevent, das eignet sich hervorragend...

Am besten finde ich eigentlich noch den Aufruf von Fussballpräsidenten, die Fussballer mögen doch bitte da jede Gelegengeit nutzen, um ihre Meinung zu sagen. Na, herzlichen Glückwunsch. Ich möchte eigentlich nicht sehen, dass Fussballer, öffentlich aufgefordert, ihre Meinung zur Politik äussern. Sie dürfen das gerne als Privatmann, aber nicht als sportliche Vertreter Deutschlands.

Marty
 
Bin ich eigentlich zu naiv?
Nur zu überblickend. Wenn sich die Zeitungen nicht für inhaftierte Fischer, Bauern und den langweiligen Alltag deutscher Diplomaten interessieren, juckt es auch sonst kaum jemanden. Aber internationale Sportveranstaltungen sind so wunderbar öffentlichkeitswirksam und instrumentalisierbar. Kommt gleich nach Umweltkatastrophen und Anschlägen.
 
Ähnliches war vor zwei Monaten Thema wegen des Eurovision Song Contests in Baku. Da wurde über die Verletzung von Menschenrechten in Aserbaidschan in allen Medien hergezogen, Boykott des ESC erwogen, am Ende die Künstler aufgefordert, dort "Flagge zu zeigen" und auf Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen.

Keinen Monat später begibt sich Herr Westerwelle mit führenden Vertretern der deutschen Energiewirtchaft nach Baku, um günstig an Öl und Gas zu kommen und viele neue Wirtschaftsverträge abzuschliessen zum Wohle der deutschen Wirtschaft. Menschenrechte? Kein Ton, das würde nur stören.

Heuchelei, sonst nichts.

Ich bin der Meinung, Frau Timochenko hat eine vernünftige Behandlung verdient und eine ärztliche Versorgung, wie sie nötig ist. Aber es gibt in der Welt vermutlich zig Millionen Menschen, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden sind, die deutlich schlimmer sind. Und für die wird nicht mal das Maul aufgemacht.

Marty
 
Das ukrainische Außenministerium bezeichnete einen politischen Boykott als „Methode aus den Zeiten des Kalten Krieges“.