News Union und SPD wollen Führerschein auch bei Diebstahl entziehen

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25 April 2006
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Folgende News wurde am 21.11.2013 um 09:08:36 Uhr veröffentlicht:
Union und SPD wollen Führerschein auch bei Diebstahl entziehen
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Berlin (dts) - Union und SPD wollen Gesetzesbrecher effektiver vor Straftaten abschrecken: Der Führerschein soll laut eines Berichts der "Welt" künftig auch dann eingezogen werden können, wenn ein Fall von Alltagskriminalität wie zum Beispiel Diebstahl vorliegt. Darauf haben sich die Parteien in den Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Inneres und Justiz geeinigt. In der schriftlich festgehaltenen Vereinbarung heißt es: "Um eine Alternative zur Freiheitsstrafe und eine Sanktion bei Personen zu schaffen, für die eine Geldstrafe kein fühlbares Übel darstellt, werden wir das Fahrverbot als eigenständige Sanktion im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht einführen." Bisher kann ein Fahrverbot nur dann erteilt werden, wenn eine Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder bei Verletzung von Pflichten eines Fahrers begangen wurde. Die Union hat sich nun in den Verhandlungen mit den Sozialdemokraten dafür eingesetzt, dies zu ändern."Wir wollen den Instrumentenkasten der strafrechtlichen Sanktionen erweitern, um flexibler auf einzelne Täter einzugehen", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Günter Krings (CDU), der "Welt"."Die fühlbare Einschränkung der Mobilität kann eine wirksamere Sanktion als eine Geldstrafe bedeuten, auf der anderen Seite ist sie weniger schwerwiegend als die Haftstrafe." Der Innenexperte der CSU im Bundestag, Hans-Peter Uhl, ergänzte: "Wir wollen möglichst früh kriminelle Karrieren stoppen. Mit dem Entzug der Fahrerlaubnis treffen wir die Heranwachsenden, die gerade die Freiheit der eigenen Mobilität erleben, empfindlich und regen zum Nachdenken an." Der SPD-Innenexperte Michael Hartmann verweist darauf, dass dieses Thema nicht auf dem "Wunschzettel" seiner Partei in den Verhandlungen gestanden habe. Jedoch: "Uns Deutschen ist das Auto und das Fahren heilig", sagte Hartmann."Eine solche Strafe kann belehrender wirken als eine Geldstrafe." Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, findet, es werde "höchste Zeit", dass die Richter diese Sanktionsmöglichkeit bekommen, schließlich hätten sich solche Leute als "charakterlich ungeeignet" für das Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen."Insbesondere bei jungen Menschen, bei denen das Fahren auch Statussymbol ist, kann eine solche Sanktion Eindruck machen", sagte Wendt. Bisher gelte: Wer Geld habe, zahle seine Geldstrafen aus der Portokasse.
 
In der heutigen Zeit gibt es immer weniger heranwachsene, welche erst sehr sehr später den Führerscheinmachen oder gar kein Auto fahren aus Kostengründen. Und viele Straftäter die eh "nichts haben" werden - meine Meinung dazu - eh nicht alle ein Führerschein besitzen :ugly:

Der Grundgedanke ist gut - ob es effektiv ist, wird sich zeigen.
 
Naja, es soll ja zusätzlich zu dem bisherigen sein, also eine Wahlmöglichkeit. Heißt ja nciht, das es dann keine Geldstrafe mehr gibt. Somit kann man das so entscheiden wenn der Jenige dann einen Führerschein hat.

Aber vielleicht wäre auch gut, wenn dann die Strafe zusätzlich lautet (zur geldstrafe), in den nächsten X Jahren gibt es keinen Führerschein.
 
Aus meiner Sicht ungeheurer Käse. Ich habe mich einst, vor deutlich mehr als einer Dekade, in meiner Diplomarbeit mit dem Thema Ziele und Wirkung von Strafrecht beschäftigt. Dazu habe ich unter anderem eine Reihe von Erhebungen herangezogen die sich mit der Wirksamkeit von Abschreckung bei Straftaten beschäftigt haben.
In gradezu langweiliger Einmütigkeit lauteten die Ergebnisse: Die Androhung von umfassenderen oder erhöhten Strafen hat in keinem der untersuchten Gesamtzusammenhänge zu einer erhebungsrelevanten Veränderung von straftatsrelevantem Verhalten geführt.
Da ich einfach mal davon ausgehe, dass auch Gesetzgeber wie die hier genannten diese wissenschatlichen Ergebnisse kennen (ist ja deren Job) kann ich immer dann wenn ich einen dieser Herrschaften nach schärferen Strafen brüllen höre nur drei Beweggründen voraussetzen:
1. Inkompetenz
2. Billigster Parteipopulismus der sich der Rachegelüste der Bevölkerung in Bezug auf ein aktuelles Medienthema zu Nutze machen will.
3. Vertretung alternativer, ungenannter Interessen.
 
Hmm, die Frage ist wie denn hier die
umfassenderen oder erhöhten Strafen
aussahen?

Ich glaube das es da einen großen Unterschied gibt ob ich einfach eine Strafe erhöhe, erweitere oder gar eine ganz andere Strafe einsetze.

Drohst deinem Kind mit Hausarrest, wird dem Kind das egal sein, drohst du aber ihm den PC, Handy oder ähnliches wegzunehmen, wird das eher Wirkung zeigen.
 
Drohst deinem Kind mit Hausarrest, wird dem Kind das egal sein, drohst du aber ihm den PC, Handy oder ähnliches wegzunehmen, wird das eher Wirkung zeigen.

Oh, ein Pädagoge? Beim letzten Satz bin ich zumindest komplett bei Dir. Als Eltern kann und sollte man bei Sanktionen unbedingt wissen welche Maßnahme das liebe Kindchen trifft und entsprechend sanktionieren. Da ist es auch nicht so entscheidend ob die Sanktion in einer direkten Beziehung zum Vergehen steht. Hier steht eher im Vordergrund, dass die Bestrafung einem zusammenhangsrelevanten Zweck dient, nämlich dem Fördern der Einsichtsfähigkeit und dem pädagogischen Aufzeigen von Handlungsalternativen.

Das Erwachsenenstrafrecht kennt aber keine Pädagogik und das ist auch genauso gewollt. Man kann den Inhalt des gegenständlichen Themas auch gerne nochmal in zwei Fragestellungen aufteilen:

Wird durch die Einführung von Führerscheinentzügen mit einer abschreckenden Wirkung und demnach mit einem relevanten Rückgang von Straftaten zu rechnen sein?
Antwort aufgrund aller mir bekannten Erhebungen eindeutig: Nein!
Strafen dienen allein dem rechtmäßigen Anspruch einer Gesellschaft auf Vergeltung für ihr zugefügtes Unrecht. Für die Wirksamkeit von Abschreckung die von der Obrigkeit trotz klarer Faktenlage immer und immer und immer wieder vorgehalten wird gibt es NULL wissenschaftlich belastbare Belege.

Bei welcher Art Straftäter wird diese Gesetzteserweiterung in der Praxis realistischer Weise Anwendung finden?
Ein erheblicher Teil der Straftaten wird von einem geringen Teil der Bevölkerung (häufig wiederholend) begangen. Die Persönlichkeitsstruktur von Tätern auf die (wenn ichs richtig verstanden habe) die Gesetzeserweiteung Anwendung finden soll ist wohl in etwa wie folgt zu beschreiben: Überschaubares Bildungsniveau, Untere soziale Schicht, Perspektiv- und Mittellos, meist unter 30, gemindertes Verständnis von Recht und Unrecht.
Die meisten von denen haben ohnehin keinen Führerschein. Führerscheinbesitzer werden ihn in den seltensten Fällen selbst bezahlt haben. Entweder von der Familie gesponsort oder durch den Ertrag von Straftaten finanziert. Im zweiten Falle können Führerscheine auch nach aktueller Rechtslage entzogen werden, da bedarf es also keiner Änderung. Im ersten Falle besteht kein Grund zu der Annahme, dass eine Wegnahme des Führerscheins von den Betroffenen einen spürbaren Wertverlust darstellt.
Das einzige was die Allgemeinheit damit erreichen würde derartigen Straftätern den Führerschein zu entziehen ist ihre Perspektivlosigkeit nachhaltig noch weiter zu erhöhen und ihnen den möglichen Weg in etwa ein straffreies Arbeitsleben deutlich zu erschweren. Das sollte aber vorderrangiges Ziel eines resozialisierenden Strafsystems sein.
Wenn ich es richtig verstanden habe geht es den Herrschaften vorderrangig um die Frage "Was soll man jemandem durch Strafe wegnehmen der nichts hat??"
Der reinen Logik nach komme ich bei dem Thema da spontan nur auf eine Idee: Darum geht es bei dem Thema garnicht, es geht um Einsparungen.
Derzeit kennt unser Erwachsenenstrafrecht nur zwei Sanktionsmöglichkeiten: Geldstrafe und Haftstrafe. Beides wird immer mehr zum Problem da immer mehr (ich würde mittlerweile schon sagen fast alle) Straftäter kein Geld haben, somit die Verfahrenskosten die Geldstrafe meist deutlich übersteigen und die Strafen sehr oft garnicht bezahlt werden (wovon auch?) sondern sinnlos abgearbeitet oder eben im Knast abgesessen werden. Letzteres ist für die Allgemeinheit irre teuer und unterm Strich haben wir folgende Situation:
Die Gesellschaft leidet unter dem begangenen Unrecht des Täters.
Die Gesellschaft leidet unter den Verfahrenskosten.
Die Gesellschaft leidet und den Kosten für die Strafe.
Am Ende steht sie (etwas ärmer) da wie sie am Anfang stand, nämlich vor der Frage: Was tun mit dem Straftäter der nun weiterhin kein Geld, keine Perspektive und bald auch noch keinen Führerschein mehr haben soll. Drum frage ich mich:

Welchem sachdienlichen gesellschaftlichen Zweck soll eine derartige Bestrafungsmöglichkeit dienen?

Wie ich das sehe gibt es nur eine Antwort: Der von mir oben genannte Punkt 3 fällt praktisch weg, wodurch die Allgemeinheit Geld spart. Das würde ich vom Grundsatz her sogar einigermaßen nachvollziehen können aber dann sollen die Herrschaften das doch bitte auch klar benennen und nicht den Abschreckungsmüll daherblubbern damit die Bevölkerung es besser schluckt.
Wenn es aber (wie ich vermute) eher um Einsparungen geht gäbe es deutlich sinnvollere Wege wie etwa eine Ausweitung des Täter-Opfer-Ausgleichs.
 
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