Ab wann Siezen/Duzen?

Aus meiner Sicht ist es echt kritisch seine Eltern zu siezen. Respekt gut und schön, aber warum soll man dadurch eine Distanz zu den Leuten aufbauen, die einem eigentlich am nächsten stehen und die man am längsten kennt?

Wie ich im Reno-Thread schon geschrieben habe, hängt das z.t. auch mit sprachlichen Gegebenheiten zusammen. Wenn ich mit meinen Eltern Punjabi spreche, sieze ich sie, spreche ich Deutsch, duze ich sie.

Ich bin es einfach gewohnt, sie auf meiner Muttersprache zu siezen, weil ich noch nie eine/n Inder/in seine/ihre Eltern habe Duzen hören.

Dabei behandle ich meine Eltern keinerlei distanziert. Im Gegenteil, ich kann mit ihnen über jeden Mist scherzen, egal wie vulgär ich dabei werde, doch solange ich Punjabi spreche, bleibe ich beim "Sie".

Ebenso, würde ich nie auf die Idee kommen, meine Eltern, Großeltern, Tanten oder Onkel nur bei ihren Vornamen zu rufen, da wir für jeden Verwandtheitsgrad einen bestimmten Ausdruck haben - wir unterscheiden zwischen Verwandschaften seitens der Mutter und des Vaters, sowie im Alter der Tanten und Onkel - welcher, im Falle mehrerer Anwesenden, dem Namen vorangeführt wird.

Und da soll noch jemand sagen, die Deutsche Sprache sei kompliziert.
 
Wie ich im Reno-Thread schon geschrieben habe, hängt das z.t. auch mit sprachlichen Gegebenheiten zusammen. Wenn ich mit meinen Eltern Punjabi spreche, sieze ich sie, spreche ich Deutsch, duze ich sie.
Das gibts im Deutschen noch nicht allzu lange - kam (mit Napoleon?) aus dem Französischen. Vorher war Deutsch wie andere germanische Sprachen so angelegt wie das Englische und jeder wurde geduzt.
 
es haben ja (auch hier schon) einige angesprochen, dass sie besonders die menschen siezen, die sie nicht mögen. ich sehe das wirklich so, dass man durch das siezen eine distanz schaft.
Interessant ist auch, dass Englisch die einzige (mir bekannte, kenne leider nicht so viele) Sprache ist, die kein "Sie", also keine Höflichkeitsform kennt. Dabei sind die Engländer doch als besonders höflich bekannt (jaja, ich weiß, doofe vorurteile).

also ich sieze private kontakte wenn sie so ca. 10 Jahre älter sind, manchmal auch ein wenig früher. Geschäftlich würde ich wahrscheinlich auch jeden siezen, der wenigstens 16 ist.

mir is auch schon mal aufgefallen, wie unangenehm vielen Leuten das ist, wenn sie z.B. von McDonalds Verkäufern ungefragt geduzt werden.

ich finde es nur schade, dass das ungefragte duzen einigen so viele probleme bereitet.
 
Grundsätzlich habe ich kein Problem damit geduzt zu werden. Weder von älteren noch von jüngeren Menschen.

Ich reagiere jedoch leicht gereizt, wenn mich ein Mitarbeiter, der ganz neu bei uns arbeitet mich mit "Du" oder noch schlimmer "Du Chef" anredet. Ich meine, ich hätte selbst bei Mitarbeitern, die längere Zeit bei uns beschäftigt sind kein Problem, aber sowas muss im gegenseitigen Einverständnis ablaufen. Konkret habe ich den Fall erst letzte Woche erlebt, als eine Mitarbeiterin, die 6 Jahre jünger als ich ist zur Türe hereinkam und mich duzte, obwohl diese erst seit einer Woche bei uns beschäftigt ist. Ich bezweifle, dass diese überhaupt meinen Vornamen kennt... :roll:
 
Es kommt doch immer darauf an, wie man geduzt wird. In der Heimat meiner Mutter duzt jeder jeden. Als ich bei meiner Tante mal an die Türe bin und der Postbote war da, hat der mich geduzt - aber auf eine ganz natürliche respektvolle Art. Das fand ich nur angenehm. Als aber mein Großvater einen runden Geburtstag feierte und die Bedienung in dem Restaurant mich geduzt hat, fand ich das respektlos. Sie machte es irgendwie anders, unhöflicher. Wenn ich mit den Kollegen mal über Mittag in den Biergarten gehe, werden wir von den Wirtsleuten dort auch geduzt. Macht mir wieder gar nix aus...

Ich habe noch nicht genau raus gefunden, was es ist, daß mich mal das geduzt werden stört und mal überhaupt nicht. Aber: ich weiß, daß - wenn es mich stört - irgendeine Grenze überschritten wurde und Vorsicht geboten ist. Auf mein Bauchgefühl kann ich mich also in dieser Hinsicht verlassen.

BTW: Meine Eltern hätte ich niemals bei ihrem Vornamen gerufen; Eltern sind Personen mit denen man solch ein Vertrautheitsverhältnis haben sollte, daß diese ganz besondere Stellung auch durch die besondere und - aus meiner Sicht - einmalige Anrede Mama und Papa zum Ausdruck kommt. Für mich gibt es viele Menschen die Wolfgang heißen aber eben nur einen Papa.
 
Wie ich im Reno-Thread schon geschrieben habe, hängt das z.t. auch mit sprachlichen Gegebenheiten zusammen. Wenn ich mit meinen Eltern Punjabi spreche, sieze ich sie, spreche ich Deutsch, duze ich sie.
Ja okay, von sowas bin ich jetzt nicht unbedingt ausgegangen. Ich dachte schon, dass wir uns auf den deutschen Sprachraum beziehen. Im Englischen hat man die Unterscheidung ja z.B. auch nicht.
 
Interessant ist auch, dass Englisch die einzige (mir bekannte, kenne leider nicht so viele) Sprache ist, die kein "Sie", also keine Höflichkeitsform kennt. Dabei sind die Engländer doch als besonders höflich bekannt (jaja, ich weiß, doofe vorurteile).

Das ist nicht unbedingt ein Widerspruch. Im Englischen Sprachgebrauch wird ja ein "you" nicht mit einem (unfreundlichen) "Du" gleichgesetzt - es gibt dort ja kein Siezen in dem Sinne und ist eher eine Mischung aus "du" und "Sie". Es gibt nichts anderes, es ist einfach üblich.
Ich finde das ganze auch sehr praktisch, es wird (unangenehme) Distanz abgebaut aber trotzdem bleibt die Höflichkeit und der Respekt gegenüber der anderen Person bestehen - anders als manchmal beim deutschen Duzen.

In englischsprachigen Ländern stellt man sich gegenseitig auch immer mit Vornamen vor, in Supermärkten etc. sind auch auf Namensschildchen der Angestellten oft nur die Vornamen aufgedruckt. Ich finde, das schafft eine angenehme, persönliche Atmosphäre, ohne dass dadurch Höflichkeit abgebaut wird.
In Deutschland könnte man das aber nicht ohne weiteres übernehmen, weil das Duzen unter fremden Menschen grundsätzlich als Gegenpol zum Siezen als leicht unhöflich/distanzlos gewertet wird.
 
1) Ich finde, es kommt hier weniger auf den Altersunterschied an als mehr auf den Rahmen, in dem man sich begegnet. Im Amt käme ich nicht auf die Idee zu duzen, selbst wenn der Angestellte offensichtlich jünger ist als ich. Im Fitnessstudio käme es mir befremdlich vor, von allen geduzt zu werden. Im Verein wäre es wiederum komisch, von Sportkameraden gesiezt zu werden. Professoren oder sonstige Vorgesetzte würde ich immer siezen. Hier im Forum oder wenn man sich im Stadion trifft, würde ich immer duzen.

2) Wenn mich jemand ungebeten duzt, finde ich das nur unangenehm, wenn es Leute sind, denen ich Geld geben muss, also in der Bäckerei oder so.

3) Bis zu dem Alter, wo sie selbstständig und reif auftreten. Eine 16-jährige, die bereits in einer Ausbildung steckt und angemessen seriös auftritt würde ich siezen. Einen total albernen 19-jährigen Schüler würde ich duzen. Schließlich weiß ich doch auch nicht immer das Alter vorher.

4) Nein. Ich respektiere meine Freunde und auch meine Eltern, auch wenn ich sie duze. Das Siezen ist ja nur eine gesellschaftlich vereinbarte Form, das Gesicht des anderen zu wahren, wenn man sich nicht (so gut) kennt, aber trotzdem in Diskussion mit einander treten muss. Respekt ist keine Folge des Siezens, sondern nur ein Zeichen, mit dem man Respekt zeigen möchte.
 
Ich geh das ganze eigentlich immer so an, das ich im Gespräch weder Du noch Sie sagen muss. Also immer schön so hintendrum, bis mein Partner dann das Sie/Du vorgibt. Danach richte ich mich dann.
 
Das gibts im Deutschen noch nicht allzu lange - kam (mit Napoleon?) aus dem Französischen. Vorher war Deutsch wie andere germanische Sprachen so angelegt wie das Englische und jeder wurde geduzt.
Früher gab es im Deutschen die Anreden "Sie/Er" statt heute Du ("komme Er hier rüber!") und "Ihr" als "majestätischen Plural" der 2. Person ("gehabt Euch wohl!").
es haben ja (auch hier schon) einige angesprochen, dass sie besonders die menschen siezen, die sie nicht mögen. ich sehe das wirklich so, dass man durch das siezen eine distanz schaft.
Interessant ist auch, dass Englisch die einzige (mir bekannte, kenne leider nicht so viele) Sprache ist, die kein "Sie", also keine Höflichkeitsform kennt. Dabei sind die Engländer doch als besonders höflich bekannt (jaja, ich weiß, doofe vorurteile).
"DU kannst mich mal" sagt sich leichter als "SIE können mich mal" (beides natürlich als VOLLSTÄNDIGER Satz).

Im Englischen unterscheidet man, ob man denjenigen mit Vor- oder mit Nachnamen anspricht. Nur für Kohl und Westerwelle gibt's: "You can say You to me" :mrgreen:
mir is auch schon mal aufgefallen, wie unangenehm vielen Leuten das ist, wenn sie z.B. von McDonalds Verkäufern ungefragt geduzt werden.
Kann ich nicht bestätigen, hab ich noch nie erlebt.

Was mich tierisch aufregt: Wenn mich jemand noch nie in seinem Leben gesehen hat, mir gegenübersteht, anfängt mich auf's übelste anzumachen und dann noch per "Du". Der muß sich nicht wundern, wenn ich ihn einfach stehen lasse. Die Wand kann er gern duzen, der ist das egal.
Die Taxi-Faher hier vor Ort haben die gewohnheit jeden Kunden zu duzen. Ich hasse das. Ich bin nicht deren Bierkumpel, sondern zahlender Kunde. Wenn mir einer also sagt "wo willst Du hin", gibt es immer nur eine Antwort "Ich habe Ihnen nie das Du angeboten, also unterlassen Sie das". 9 von 10 guggen dann auch noch doof.
Dann sollte er das unterlassen... solche Leute zu fahren. Gehe sie doch zu Fuß!
In meinem Laden sieze ich grundsätzlich jeden Kunden. Auch Leute die jünger sind als ich. Kinder kommen allerdings erst gar nicht zu uns (höchstens mit der Mutter als Begleitung) - die jüngsten Kunden sind ab 16.
Klar, so wie sie hier auftritt, traut sich kein Kind in ihren Laden ohne Schutz der Mutter.
Ich sieze sogar meine Eltern - meine Mum würde mich nämlich direkt fragen, ob ich meine Erziehung vergessen hätte, wenn ich sie duzen würde. Hat mit meiner Herkunft zu tun - dort dutzt niemand die Eltern, Großeltern, Onkels, Tanten.
die treten da im Dutzend auf? Da hätt ich Probs, mir alle Namen zu merken. Naja, wenn man beim Nachnamen bleibt, kann man in der eigenen Familie ja nicht viel falsch machen.
Das erklärt vieles... :roll:
Hätte nie gedacht, daß ich Dir mal zustimme :mrgreen:
Das ist durchaus heute noch üblich. Habe das schon des öfteren bei der von den Kommunisten verschleppten volksdeutschen Gruppe erlebt. Es scheint allerdings keine Regel zu sein.
Sprichst du von den deutschen Kriegsgefangenen, die Adenauer "heimgeholt hat"?
 
Nein, ich spreche von unseren volksdeutschen Siedlern aus der Ukraine bzw. Wolga & Kaukasusregion die von den Kommunisten Anfang der ´40er gen Osten verschleppt wurden.
 
Früher gab es im Deutschen die Anreden "Sie/Er" statt heute Du ("komme Er hier rüber!") und "Ihr" als "majestätischen Plural" der 2. Person ("gehabt Euch wohl!").
Ich meine vor dieser Zeit, als Deutschland noch von Dörfern geprägt war und die meisten Menschen von kleinem Handwerk und Ackerbau lebten. Das kam erst mit dem Aufstieg der Städte und der Bildung eines Bürgertums; der majestätische Plural macht aber durchaus Sinn, weil diese Person für das ganze Volk steht. Dementsprechend kann man ihn aber für Vertreter beliebiger Gruppen benutzen.
 
@ New Frontier: Die wurden INNERhalb der Sowjetunion zwangsweise umgesiedelt. Unter "Verschleppt" stell ich mir was anderes vor.
 
@ New Frontier: Die wurden INNERhalb der Sowjetunion zwangsweise umgesiedelt. Unter "Verschleppt" stell ich mir was anderes vor.
Freilich ja, der Sowjet nennt es umsiedeln. Ich jedoch betrachte es als Vertreibung (Verschleppung) unserer Brüder & Schwestern aus ihrem ehemals zugesichertem Siedlungsgebiet.

Wie auch immer: es ging ja eigentlich nur um eine Gruppe wo das Sie auch innerhalb der Familie üblich ist. Und das ist halt oft auch die der Volksdeutschen.
 
Aber jetzt interessierts mich doch: aus welcher Richtung kommst du denn bzw. warum hat sich das bei euch so entwickelt?

Warum sich das so entwickelt hat, weiß ich gar nicht. Ich kenne es nicht anders. Habe mir darüber also auch nie Gedanken gemacht, weil es so (zumindest für mich) immer selbstverständlich war bzw. noch ist. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es indertat (wie zuvor erwähnt wurde), dass es wohl ein Relikt aus den Zeiten Napoleons ist. Scheint mir irgendwie die meist logische Erklärung zu sein.

In Tschechien, wo ich ursprünglich herkomme, sagen Kinder grundsätzlich "Sie" zu allen Erwachsenen. Das bleibt später auch so gegenüber den Eltern/Großeltern und (je nach deren Alter) Onkels und Tanten. In den Niederlanden ist es das Gleiche - habe dort 20 Jahre gelebt. Meine Mutter (66) sagt z. B. auch "Sie" zu ihrer Mutter (97). Und ich sieze meine Oma auch. Da ich aber damit aufgewachsen bin, ist das für mich nicht distanziert oder befremdlich - ich kenne es ja nicht anders.

Übrigens - in den Flämischen Regionen Belgiens siezen sogar Eltern ihre Kinder und Freunde. Findet dort auch keiner komisch oder distanziert.
 
Ich fühl mich mit meinen fast 25 immer unglaublich alt, wenn ich gesiezt werde.
Wenn ich privat unterwegs bin, kann ich das eigentlich gar nicht leiden.
Von jüngeren erst recht nicht. Dann merkt man immer, dass man nicht mehr zur Jugend gehört :mrgreen: