Merkel erhöht Druck auf Griechenland

Berlin (dpa) - Griechenland taumelt durch die Schuldenkrise, die Finanzmärkte sind nervös, und die Regierung Merkel zieht nicht an einem Strang. Die CSU ist notfalls für Athens Rauswurf, FDP-Chef Rösler für eine Insolvenz.

Aus Angst vor einer Pleite Griechenlands mit dramatischen Folgen für die Euro-Zone setzt die Bundesregierung Athen massiv unter Spardruck. Nach umstrittenen Äußerungen von Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) über eine mögliche Insolvenz hoch verschuldeter EU-Staaten bekräftigte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag, Griechenland werde ohne Erfüllung der Sparvorgaben kein Geld mehr bekommen. Einen vom Koalitionspartner CSU als letztes Mittel geforderten Rauswurf Griechenlands aus der Euro-Zone lehnte Merkel aber ab. Dies ist nach der Rechtslage auch gar nicht möglich.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ging auf Distanz zu Rösler. In der ZDF-Sendung «Was nun» sagte er, die Finanzmärkte reagierten derzeit übertrieben nervös.«Da macht es keinen Sinn, (...) die Nervosität durch Gerede zu verstärken.»

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou bedauerte «anti-europäische Stimmen» in der EU. Griechenland werde es schaffen, «egal ob einige mittlerweile offen davon reden, das Land sollte den Euroraum verlassen», sagte er.

Die Opposition im Bundestag warf der schwarz-gelben Koalition eine verantwortungslose Politik vor. Linke und Grüne nannten Röslers Vorstoß einen «Brandbeschleuniger». Die FDP entwickele sich aus Panik vor weiteren Wählerverlusten zu einer «radikalen euroskeptischen Partei», sagte Grünen-Chefin Claudia Roth. Auch in der CDU und selbst in der FDP wurde Rösler kritisiert. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte zur CSU-Idee des Euro-Austritts Athens, das sei politisch dumm und verunsichere die internationalen Finanzmärkte.

Ohne neue Kredite dürfte Griechenland bald pleite sein. Zu den Konsequenzen wollte sich Regierungssprecher Steffen Seibert nicht äußern. Dazu müsse man die griechische Regierung befragen.

Schäuble hatte jüngst in der Union gewarnt, die Auswirkungen könnten schlimmer sein als die nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers 2008. Viele Politiker befürchten, eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands werde auch andere Schuldenstaaten der Euro-Zone in Bedrängnis bringen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte nach einem Gespräch mit Merkel, die Deutschen hätten viel mehr zu gewinnen als mit ihrem Beitrag für den Euro-Rettungsschirm EFSF zu verlieren. Deutschland will sich am EFSF mit Bürgschaften von mehr als 200 Milliarden Euro beteiligen. Dies ist unabhängig von der Griechenland-Hilfe.

Seibert betonte, die Bundesregierung gehe davon aus, dass Griechenland zumindest den Weg aus der Schuldenkrise «klar beschreiben kann». Für die Kanzlerin seien die Schlussfolgerungen der «Troika» Grundlage für eine Entscheidung. Das gelte für die ganze Regierung. Es bestehe Einigkeit zwischen Merkel und Rösler.

Die «Troika» aus Experten der Europäischen Union, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) reist am Mittwoch erneut nach Griechenland, um die Fortschritte des Sparprogramms zu kontrollieren. Seibert sagte: «Es bedarf eines positiven Zwischenberichts der Troika, um die Tranche auszahlen zu können.» Der Bericht soll Ende September vorliegen. Schäuble pochte im ZDF ebenfalls darauf, dass Griechenland alle Auflagen erfüllen müsse: «Es kann hier keinen Rabatt geben. Das, was vereinbart worden ist, muss eingehalten werden.»

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der WAZ-Mediengruppe: «Griechenland ist unter dem Rettungsschirm und hat ausreichend Zeit eingeräumt bekommen, seine Reformen durchführen zu können, damit die Stabilität des Euro gewahrt bleibt.» FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle brachte als Option einen Schuldenschnitt ins Gespräch. Dabei müssten Gläubiger wie Banken wohl auf einen erheblichen Teil ihrer Forderungen verzichten.

Die CSU will chronische Schuldensünder aus der Euro-Zone ausschließen. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Parteivorstand in München. Dazu soll beim Parteitag Anfang Oktober ein Leitantrag verabschiedet werden. CSU-Chef Horst Seehofer sagte, primär gehe es um «solidarische Hilfen gebunden an starke Sanierungsmaßnahmen». Aber: «Als Ultima Ratio muss man immer die Überlegung anstellen: Was ist, wenn dies nicht zu schaffen ist?» Schäuble wies allerdings darauf hin, dass es nach den EU-Verträgen gar keine Möglichkeit gebe, Griechenland auszuschließen.

Außen-Staatsminister Werner Hoyer (FDP) mahnte in Brüssel auch mit Blick auf Rösler «Behutsamkeit in der Wortwahl» an. Die EU habe noch kein gutes Instrument für eine geordnete staatliche Insolvenz. «Deswegen darf man mit diesem Instrument auch nicht herumspielen. (...) Die Gefahr, dass es hier Dominoeffekte gibt, ist einfach zu groß.» Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) sprach in der ARD von «gefährlichen» Spekulationen. Der EFSF-Kritiker und CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach findet Röslers Vorschlag aber gut. Damit kehre endlich ein Stück Realismus ein, sagte er der Zeitung «Die Welt».

EU / Finanzen / Bundestag
12.09.2011 · 20:23 Uhr
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