FDP-Chef Westerwelle rutscht weiter ab
Berlin (dpa) - Kurz vor ihrem Dreikönigstreffen verharrt die FDP im Umfragekeller. Nach dem neuen Forsa-Wahltrend kommen die Liberalen bundesweit auf 4 Prozent. Parteichef Guido Westerwelle fiel in der Beliebtheitsskala auf ein Rekordtief.
Während Partei-Schwergewichte zum Ende der Personaldebatte und zur Themenarbeit mahnen, formieren sich Nachwuchskräfte, die später Westerwelle beerben könnten. «Es zeigt, dass sich die Macht in der FDP zu verschieben beginnt», sagt der frühere FDP-Innenminister Gerhard Baum.
Die baden-württembergische Landesvorsitzende Birgit Homburger forderte ihre Partei auf, den Weg aus dem Umfragetief mit einem breiteren Themenspektrum zu finden. «Die Haushaltssanierung hat Priorität, aber wir müssen die Themenverbreiterung fortführen», sagte die Chefin der FDP-Bundestagsfraktion auf dem FDP-Landesparteitag in Stuttgart.
Länderumfragen zufolge muss die FDP befürchten, bei allen sieben Landtagswahlen in diesem Jahr an der Fünfprozenthürde zu scheitern. In Baden-Württemberg, dem Stammland der Liberalen, käme dies für die FDP einer Katastrophe gleich. Wahlkämpfer aus anderen Ländern dringen auf einen Kurswechsel. Nach dem Forsa-Wahltrend von «Stern» und RTL liegt die FDP mit 4 Prozent aktuell zwar um einen Punkt höher als in der Vorwoche, würde aber klar an der Fünfprozenthürde scheitern. Westerwelle fällt mit 29 von 100 Punkten auf ein Allzeittief.
Der FDP-Spitzenkandidat für die rheinland-pfälzische Landtagswahl, Herbert Mertin, forderte ein klares Bekenntnis zu einem Neuanfang. «Es geht dabei nicht nur um die Person Westerwelles, sondern um die Zukunft des Liberalismus als solchem», sagte Mertin der dpa. «Aus meiner Sicht kann Westerwelle den Neuanfang auch von der Spitze aus gestalten - er muss nur deutlich machen, wie er das tun will.»
Westerwelle will am Donnerstag beim Dreikönigstreffen in Stuttgart Wege aus der Führungskrise der Partei aufzeigen. Derweil gehen als potenzielle Westerwelle-Erben gehandelte Nachwuchskräfte in die Offensive. Generalsekretär Christian Lindner, NRW-Landeschef Daniel Bahr und Gesundheitsminister Philipp Rösler riefen die Basis in einem «Neujahrsappell» zur Erneuerung auf.
Die Liberalen müssten sich thematisch breiter aufstellen und ihr Profil in der Koalition als «eigenständige Gestaltungskraft» schärfen, heißt es in der von der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Dienstag) veröffentlichten Erklärung. Dies wurde auch als Kritik am wirtschaftsliberalen FDP-Flügel um Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle gesehen. «Die drei fangen jetzt an, Flagge zu zeigen», sagte Baum «Handelsblatt Online» zu dem Appell. «Es zeigt, dass sich die Macht in der FDP zu verschieben beginnt und beim wem sie in Zukunft liegen wird.» Ob Westerwelle die Substanzauffrischung mittrage, werde die Frage des Parteivorsitzes mitentscheiden. «Die Jüngeren beginnen, die Zukunft der Partei in die Hand zu nehmen.»
Der mit Westerwelle inhaltlich nicht abgesprochene Text beinhaltet auch eine Abgrenzung vom bisherigen Führungskurs des Parteichefs in der Koalition. «Die Union führt uns zu oft in kräftezehrende Debatten, an deren Ende nicht durchgreifende Reformen, sondern nur Kompromisse stehen. Gerade Liberalen ist das zu wenig», heißt es in dem Appell.
Die CSU im Bundestag rief die Liberalen zu Einigkeit auf. «Wer es gut mit der FDP meint, wird in Stuttgart für kraftvolle Geschlossenheit sorgen und nicht für Unfrieden», sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich dem «Straubinger Tagblatt» und der «Landshuter Zeitung» (Mittwoch). Der Dauerstreit zwischen CSU und FDP hatte in der ersten Jahreshälfte 2010 die schwarz-gelbe Koalition belastet.
Der hessische FDP-Vorsitzende Jörg-Uwe Hahn ging in der Debatte um Westerwelle mit den Unionsparteien hart ins Gericht: «Es ist weder kameradschaftlich noch klug, dass sich CDU und CSU in innere Debatten der FDP einmischen», sagte er dem «Wiesbadener Kurier» (Mittwoch). Er kommentierte damit die Solidaritätsbekundungen der Parteivorsitzenden der Union für Westerwelle. «Ich verbitte mir diese aufgesetzten Krokodilstränen von (Horst) Seehofer und (Angela) Merkel zur Frage der Person des FDP-Chefs», sagte er.