Analyse: Bahn muss in Hitze improvisieren

Berlin (dpa) - Durchgeschwitzte Fahrgäste, gestresste Schaffner und die brennende Frage nach den Ursachen: Die ungelösten Probleme mit der Kühltechnik etlicher Fernzüge setzen die Bahn unter Druck.

Heizt sich der Fahrtwind über 32 Grad auf, ist auf die Klimaanlagen älterer ICE-Züge offensichtlich kein Verlass. Damit die Maschinen wenigstens möglichst lange durchhalten, haben die Zugbegleiter einen Katalog mit technischen Erste-Hilfe-Schritten an die Hand bekommen. Dabei hatte Bahnchef Rüdiger Grube den Kunden nach Zugausfällen im eisigen Winter eigentlich eine «Qualitätsoffensive» versprochen.

Die Anfälligkeit der weißglänzenden Vorzeigezüge sorgt inzwischen nicht nur bei genervten Passagieren für Kopfschütteln. Es scheine, als sei das Wetter «der größte Feind» der Bahn, konstatierte Michael Gehrmann, Vorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). «Im Sommer verstopften die Filter der Klimaanlagen, im Herbst führt Laub zu Fahrzeitverlängerungen, im Winter frieren Weichen ein.»

Probleme machen besonders die 44 ICE-Hochgeschwindigkeitszüge der zweiten Generation, die seit 14 Jahren im Einsatz sind. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Experten der Hersteller versuchte die Bahn schon, den Störungen auf den Grund zu gehen. Der Befund: Es liege «weder ein Wartungsmangel noch ein systematischer technischer Fehler» vor, wie Bahn-Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg am Donnerstag sagte. Warum die Technik seit dem Wochenende trotzdem in mehr als 40 Fernzügen kapitulierte und Waggons zu brütend heißen Backröhren wurden, können die Fachleute aber noch nicht sagen.

Für tropische Temperaturen bis zu 38 Grad wie im deutschen Hochsommer 2010 ist die Kühlungstechnik im Grunde nicht wirklich gerüstet. Als die ICE 2 bestellt wurden, seien die Klimaanlagen nach der damals gültigen Norm des Welteisenbahnverbands UIC ausgelegt worden, hieß es bei der Bahn. Das bedeutet: volle Kühlleistung bei Außentemperaturen bis maximal 32 Grad. Bei den später in die Flotte gekommenen ICE-3-Zügen liegt dieser Schwellenwert bei 35 Grad. Ist es heißer, soll sich die Anlage aber normalerweise nicht abschalten, sie kühlt die Wagen jedoch zum Beispiel nur noch auf 27 statt 24 Grad.

Da weiterhin mit Hitzetagen zu rechnen ist, hat die Bahn für die Zugbegleiter mehrere «vorbeugende Maßnahmen» zusammengestellt, um einen Kühlungsausfall zu vermeiden. Schon vormittags, ehe es richtig heiß wird, soll die Anlage lieber nur in die Stellung «warm» gebracht werden. Das bewirkt wenigstens eine moderate Abkühlung um fünf Grad. Wenn sie durch den Zug gehen, sollen die Mitarbeiter zudem darauf achten, dass Abteiltüren geschlossen werden. Und auch bei längerem Halt an Bahnhöfen soll die Kühlung nicht unnötig in Höchstleistung versetzt werden. «Meine Damen und Herren, wir schließen jetzt zur Entlastung der Klimaanlage die Einstiegstüren», lautet daher der Mustertext einer entsprechenden Lautsprecherdurchsage.

Als kurzfristige Hilfsmaßnahmen sollen schwitzenden Kunden zudem - ausdrücklich «kulant» - Gratisgetränke angeboten werden. Fällt die Kühlung komplett aus, soll der Zug am nächstmöglichen Bahnsteig stoppen, damit die Fahrgäste ins Freie können. Doch dafür muss sich der Zugchef in der Regel erst mit der Transportleitung abstimmen. «Wenn ich weiß, dass ein Zug auf einem Bahnhof liegenbleibt, muss aber auch Personal auf dem Bahnsteig sein», mahnt der Vorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn, Karl-Peter Naumann.

Für kommende Sommer können Reisende immerhin auf robustere Technik hoffen. Bei der im Herbst geplanten Generalüberholung der ICE 2 ist auch mindestens eine Grundreinigung der Klimaanlagen geplant. Die für 2011 erwartete nächste ICE-3-Generation legen Bahn und Hersteller schon bis 40 Grad Außentemperatur aus. Sogar bis 45 Grad standhaft bleiben sollen dann die Klimaanlagen der ICx-Züge, die von 2015 an zunächst die in die Jahre gekommenen Intercitys ersetzen sollen.

Wetter / Hitze / Bahn
16.07.2010 · 06:23 Uhr
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