Ich sehe mehrere Aspekte; es ist wie immer wesentlich komplexer als es den Anschein macht. Das sich die meisten Wählerstimmen auf nur wenige, etablierte Parteien aufteilen, könnte dafür sprechen, dass gar nicht so viel Veränderung gewollt ist. Entweder der Mut fehlt oder die Angst ist zu groß. Immerhin ist man mit den Verhältnissen vertraut und lebt weitestgehend in guten Umständen, überwiegend und vergleichsweise. Politik und Parteien dienen auch als Sündenböcke und Frustventile.
Ich vermute, dass auch deshalb in Deutschland eher weniger (Massen-)Proteste vorkommen. Und bei denen ist auch entscheidend, ob eine anständige Masse protestiert. Denn das führt dann selten zu dauerhaften Veränderungen, weil man weiß, dass von diesen Leuten keine Gefahr ausgeht. Andererseits reicht eine kleine Masse lauter und krawalliger Leute, um die Politik in Aktionismus zu bringen.
Weil Glaube hoffentlich Berge versetzt.
Es fehlt an politischer Bildung, was die alten Parteien selber mit verschuldet haben, da sie ebenfalls davon profitierten und möglicherweise hofften, dass das ewig so weitergehen würde. Ich sehe Veränderung zum Guten nur in einer Mischung aus Aufklärung und Partizipation. Der Staat sollte seinen Bürger mehr Teilnahme ermöglichen, diese auch einfordern und dann nutzen. Die Bürger brauchen mehr Bereitschaft zur Teilnahme.
Grundsätzlich finde ich immer noch dieses kurzweilige Werk empfehlenswert: https://www.db-thueringen.de/servlets/MCRFileNodeServlet/dbt_derivate_00020399/wie_politikfunktioniert.pdf Gibt einen guten Einblick in die Welt der Politik, der hilft die Abläufe zu verstehen.
PS: Danke für eine Frage, die mal für ein bisschen Austausch und Diskussion sorgt und neues Wissen schafft und nicht einfach nur Umweltverschmutzung ist, weil sie dafür sorgt dass lexikalisches Wissen von einer Internetseite mehrfach auf eine andere kopiert wird.
Politik ist ein Wechselspiel von Angebot und Nachfrage und die Notwendigkeit von Koalitionen verhindert, dass eine Partei all ihre Vorhaben umsetzen kann. Natürlich gibt es auch Menschen mit reinem Macht- und Geltungsinteresse in der Politik, was scheinbar honoriert wird. Ebenso das Anbieten von großen Versprechen und einfachen Lösungen. Aber gleichzeitig ist auch Idealismus vorhanden, der allerdings wiederum auch vom Wähler einiges abverlangt und somit weniger Zuspruch findet.
Und dann haben wir den Umstand, dass Politik selber sehr komplex ist und von keinem Berufstätigen (inklusive Care-Arbeit etc.), der sich nicht beruflich damit befasst, erfasst und verfolgt und beurteilt werden kann. Es bleibt dann nur der Rückgriff auf Journalismus, der zum einen weitestgehend einer Verwertungslogik unterliegt und zum anderen ja auch nur entsprechend der eigenen Tendenzen und Gewohnheiten konsumiert und konsultiert wird.
Es gibt nicht mehr die klassischen Volksparteien auf ganz Dtl. gesehen, Größe ist mittlerweile sehr relativ. Kleine Parteien würden, wenn sie groß würden, eher schlechter abschneiden als die größeren aufgrund mangelnder politischer Erfahrung in den Institutionen und fehlender Personale. Massenproteste wird es eventuell zu bestimmten Themen geben, aber genauso dann ggf. Gegenproteste, es gibt kaum noch Themen, nicht bald wieder von irgendwelchen Parteien vereinnahmt würden, siehe Coronaproteste, Friedensdemos. Die Gesellschaft zeigt sich in wichtigen Fragen entweder sehr gespalten oder auch indifferent bzw. uninteressiert oder uninformiert. Die Politik ändert sich jedoch ständig, in wessen Sinne, das können politische Mehrheiten durchaus entscheiden.