Raid & Trade im Test: Das Brettspiel mit dem Fallout-Flair
Raid & Trade beinhaltet so ziemlich alles, was wir Videospieler uns wünschen. Plündern, jagen, sammeln und kämpfen. Kombiniert mit einer Endzeitstimmung à la Fallout, könnte es vielleicht das perfekte Brettspiel für Gamer sein…
Natürlich ist Raid & Trade in erster Linie immer noch ein Brettspiel. Es kommt sogar ganz ohne App, Tablet oder anderen technischen Schnickschnack aus. Dennoch erinnert das Szenario durchaus ein wenig an das bei vielen hoch im Kurs stehende Fallout. Optisch erinnert das Spiel ein wenig an Borderlands. Der kunterbunte Look sollte aber nicht über die Komplexität des Spiel hinwegtäuschen.
Der dritte Weltkrieg… und was dann?
Viele haben es erahnt und befürchtet. Der dritte Weltkrieg wird irgendwann über uns hereinbrechen. In Raid & Trade hat die Menschheit dieses Schreckensszenario gerade erlebt. Überlebt haben es aber nur ein paar wenige. Ein paar Menschen versuchen in den Überresten der Zivilisation zu überleben. Es gibt jedoch Hoffnung für die Menschheit. Offenbar ist es einigen Überlebenden tatsächlich gelungen, sich ein kleines Paradies aus Ruinen aufzubauen. Symbolhaft für den Wohlstand dieser elitären Gemeinschaft sind die dicken Wände aus Gold. Die Goldene Stadt, so lautet auch das Ziel der Überlebenden, die sich immer noch im Ödland umhertummeln. Zu diesen Überlebenden gehören auch die Spieler. Drei bis fünf Spieler werden für eine Partie Raid & Trade benötigt.
Bevor wir uns um die Inhalte kümmern, werfen wir wie so oft zunächst einen Blick auf das Material. Hier haben sich die Magier von der Mage Company richtig ins Zeug gelegt. Die Box quillt vor Material beinahe über. Etliche Marke, haufenweise Karten sowie fünf Minaturen und eine kleine Stofftasche im Army-Look liegen dem dicken Paket bei. Zudem bekommt jeder Spieler ein kleine Tafel, die ihn über den aktuellen Stand des eigenen Charakters auf dem Laufenden halten soll. Die relevanten Werte können durch insgesamt drei Drehräder verstellt werden. Zudem bekommt jeder Spieler einen ganz besonderen Kampfwürfel, der je nach gewähltem Charakter anders gestaltet ist. Wie ihr schon erahnt ist die Wahl des Charakters nicht ganz unwichtig für den Verlauf des Spiels.
Fünf Überlebende, fünf besondere Fertigkeiten
Im Basispaket stehen euch fünf unterschiedliche Figuren zur Wahl: Mayu, die Medizinerin; Zoey, die Elektrikerin; Jake, der Mechaniker; Garcia, der Händler und Carter, der Bodyguard. Durch die Einzigartigkeit der Spielfiguren kommt noch ein Stück Variabilität ins Spiel. Je nach Wahl des Charakters, mag eure Strategie wieder ein Stückchen anders ausfallen. Die Gefechte im Spiel verlaufen auf jeden Fall auf eine andere Art und Weise. Dafür sorgen die unterschiedlichen Würfel, die den Figuren zur Verfügung stehen.
Zunächst aber müsst ihr den Spielplan aufbauen. Dieser wird aus insgesamt 9 Straßenstücken zusammengeschoben. Die Karte besteht somit aus 3×3 Teilen und bildet ein Quadrat. In der Mitte der Karte wird der Schwarzmarkt positioniert, auf dem ihr später eure geplünderten Güter gegen andere Waren eintauschen könnt. Dem Spiel liegen gleich vier Schwarzmarkt-Marker bei, damit ihr auf dieser wichtigen Stelle im Spiel ebenfalls noch ein wenig modulieren könnt. Ihr seht schon, Abwechslungsreichtum war den Entwicklern wohl eine ganz besondere Herzensangelegenheit.
Um den Schwarzmarkt herum werden die Häuser platziert, die ihr im Spiel ausrauben könnt. Es gibt kleine, mittlere und große Häuser, die farblich unterschiedlich gekennzeichnet sind. Dargestellt werden die Häuser durch einfache Marker, sie werden möglichst wild durcheinander auf den vorgeschriebenen Stellen auf dem Spielbrett ausgelegt. Dann kann die Plünderei im Grund auch schon losgehen. Behaltet auf eurer Jagd aber immer das Ziel im Auge: den Zugang zur Goldenen Stadt erlangen. Leider lassen die Stadtoberen nicht jeden hinein. Um zu Wohlstand und Reichtum zu gelangen, gibt es drei Möglichkeiten. Entweder ihr erfüllt drei Aufträge der Stadt, macht euch durch euer Verhalten besonders beliebt oder ihr seid einfach ein sehr fähiger Überlebender und sammelt eine bestimmt Anzahl von Skillpunkten. Bis dahin ist der Weg aber lang, steinig und vor allem gefährlich.
Auf die Plätze, fertig, plündern!
Bevor ihr euch bei der Stadtleitung einschleimt, Aufträge erfüllt oder eure Fähigkeiten verbessert, braucht ihr ein paar Ressourcen. Es geht also ab in die Häuser zum Plündern. Dort lassen sich Waren in acht unterschiedlichen Kategorien finden: mechanische Teile, Werkzeuge, Medikamente, Schusswaffen, Nahrung, Elektronik, Bekleidung und Metallschrott. Das Geld liegt sozusagen auf der Straße, ihr müsst nur schneller sein als die anderen.
Genau dort liegt dann auch oft das Problem. Natürlich versuchen alle Spieler möglichst viele Ressourcen anzuhäufen. Jeder Charakter verfügt pro Runde über 15 Aktionspunkte, die stückweise abwechselnd ausgegeben werden. Mit einem Aktionspunkt könnt ihr eure Figur entweder bewegen oder eine von folgenden Aktionen ausführen: Plündern, Handeln, Kämpfen oder Herstellen.
Das Fortbewegen lässt sich vergleichsweise einfach bewerkstelligen. Um ein Kartenstück zu verlassen, müsst ihr einen Aktionspunkt ausgeben. Hin und wieder stehen euch aber lästige Barrikaden im Weg. Sie zu überwinden, kostet einen weiteren Punkt. Manchmal befindet sich eure Figur auch auf einer Brücke. Von dort aus könnt ihr logischerweise kein Haus plündern, sondern müsst erst von der Brücke herunterkommen. Dazu müsst ihr also erst aus dem Kartenstück herauslaufen, was … ganz genau… einen Aktionspunkt kostet.
Sobald ihr mit eurem Charakter ein Kartenstück verlasst, wird eine Vorfallskarte aufgedeckt. Wenn ihr die dort geforderten Ressourcen habt, könnt ihr die Karte erwerben. Mit den Vorfallskarten lassen sich unterschiedliche Boni erzielen. So könnt ihr zum Beispiel Skillpunkte in Ansehen umwandeln. Könnt oder wollt ihr die Karte nicht kaufen, bleibt sie vor Ort und kann auch von euren Mitspielern einkassiert werden, wenn sie das entsprechende Feld betreten.
Wettlauf mit der Zeit
Wenn ihr nun durch die Straßen lauft, wollt ihr sicherlich auch das ein oder andere Haus nach wertvollen Gütern durchsuchen. Das Filzen eines kleinen Hauses kostet euch 6 Aktionspunkte, für ein mittleres Anwesen werden 8 Punkte fällig und für ein großes Haus müsst ihr sogar 10 Punkte investieren. Jetzt dreht ihr die Häuserkarte um und seht, welche Beute ihr absahnen könnt. Durch einen Würfelwurf stellt ihr noch fest, wie erfolgreich euer Beutezug ist. Je nach Erfolg zieht ihr die vorgegebene Anzahl von Ressourcen-Plättchen zufällig aus dem Stoffbeutel. Einige Häuser allerdings stehen offenbar unter der genauen Beobachtung der Goldenen Stadt. Dringt ihr trotzdem dort ein, sinkt euer Ansehen. Verzichtet ihr jetzt auf die Beute, bekommt ihr zwar keine neuen Ressourcen, aber dafür immerhin einen zusätzlichen Ansehen-Punkt.
Achtet beim Spielen aber darauf, dass euer Ansehen nicht zu sehr in den Keller geht. Ab einer bestimmten Anzahl von Negativ-Punkten, könnt ihr in bestimmte Häuser-Klassen nicht mehr einsteigen. Es gilt also immer abzuwägen, ob sich das Plündern dieser Häuser für euch lohnt oder nicht.
Ressourcen könnt ihr euch zur Not auch von den anderen Mitspielern holen. Wenn ihr in erreichbarer Nähe seid, könnt ihr es auf ein Gefecht ankommen lassen. Jetzt kommen die Kampfwürfel ins Spiel, die bei jedem Charakter unterschiedlich ausfallen. Auf jeder Würfelseite befinden sich stets zwei Symbole. Das Symbol mit dem weißen Untergrund ist für den Angreifer, das graue Symbol für den Verteidiger. Auf den Würfeln gibt es für den Angreifer ein Zeichen für den automatischen Erfolg. Mit diesem hat er den Kampf in jedem Fall erfolgreich bestritten. Ein weiteres Symbol verhilft zum Sieg, sofern der Verteidiger kein Schild-Symbol gewürfelt hat.
Bei einem erfolgreichen Angriff, kann sich der Angreifer ein Geldstück, das gleichzusetzen ist mit Ansehen, abgreifen. Oder aber er entwendet Ressourcen vom Verteidiger. Auf den Würfeln befinden sich aber auch noch andere Symbole. So können die Beteiligten am Kampf weitere Vorzüge erhalten, wie zum Beispiel zusätzliche Aktions- oder Skillpunkte. Auch das Zerstören von feindlicher Ausrüstung ist eine Möglichkeit.
Um in den Kampf zu treten muss der Angreifen natürlich ebenso wieder Aktionspunkte ausgeben, fünf an der Zahl. Der Verteidiger zahlt lediglich drei Punkte, kann darauf aber ebenso gut verzichten. Hat er in dieser Runde keine Aktionspunkte mehr zur Verfügung, ist er dem Angreifer ohnehin ausgeliefert. In diesem Fall darf er natürlich auch keinen Kampfwürfel werfen.
Bau dich reich
Für weniger angriffslustige Plünderer gibt es aber auch noch andere Optionen, um ans Ziel zu gelangen. So lassen sich im Spiel immer wieder neue nützliche Gegenstände bauen. Natürlich nur, wenn ihr über die benötigten Ressourcen verfügt. Die neu gebauten Gegenstände geben euch nicht nur nette Boni, sondern erhöhen auch eure Skillpunkte. Besonders talentierte Gerätebauer sind in der Goldenen Stadt gerne gesehen. Über diesen Weg könnte also ebenso der Weg zum Glück führen.
Die dritte Option besteht darin, insgesamt drei Aufträge zu erfüllen. Das hört sich zunächst recht einfach an. Doch die Aufträge habe es meistens in sich. Die Stadtoberen fordern so manche Ressource von euch ab, bevor sie euch in die Goldene Stadt lassen.
Gehandelt werden darf natürlich auch. Auf Kosten eines Aktionspunkts pro Person dürfen sowohl Ressourcen als auch Gegenstände gehandelt werden. Alternativ könnt ihr eure Waren auch auf dem Schwarzmarkt in der Mitte des Spielfelds verkloppen. Die Preise dort können aber natürlich deutlich höher sein.
Im Außenposten bietet die Goldene Stadt außerdem noch lukrative Jobs an. Hier könnt ihr eure Figur für eine Runde parken und bekommt Credits ausgezahlt, die sich sogleich in einem gestiegenen Ansehen bemerkbar machen. Blöderweise kann der Außenposten auch angegriffen werden. Das bringt dem Eingreifer zwar ein paar Negativ-Punkte im Ansehen ein, schickt den anderen Spieler aber umgehend wieder ins Ödland zurück.
Alternativen
Wie bereits eingangs erwähnt, haben sich die Macher von Raid & Trade viele Gedanken darum gemacht, wie sie den Wiederspielwert erhöhen können. Einige Punkte habt ihr bereits erfahren. Eine weitere Variante besteht darin, die Straßenkarte umzudrehen. Auf den Rückseiten der Kartenstücke befindet sich ein alternatives Spielbrett. Statt einer noch halbwegs befahr- und begehbaren Stadt, befindet sich hier fast nur noch Wüste. Es gibt weniger Häuser und die Anordnung der Gebäude variiert nochmals deutlich. Zudem gibt es im Regelwerk eine kurze Anleitung, die euch zeigt, wie ihr euch selbst eure eigene Stadt zusammenbauen könnt.
Raid & Trade beinhaltet aber auch noch ein leicht abgeändertes Spielkonzept. Bei diesem Szenario geht es darum, aus der Stadt zu entkommen. Am anderen Ende des Feldes wartet ein Hubschrauber auf euch. Zu diesem müsst ihr gelangen. Im Spielverlauf werden über der Stadt immer wieder Bomben abgeworfen, die sowohl Häuser als auch die Spieler zerstören. Zu allem Überfluss werden die Abschnitte auch noch durch Wachen gesichert. Ihr müsst sie zuerst umlegen, wenn ihr euren Weg fortsetzen wollt. Gelangt also möglichst schnell zum Hubschrauber, um aus der Stadt zu entkommen. Um den Hubschrauber aber wieder flott zu kriegen, benötigt ihr ein paar Ressourcen. Diese müsst ihr zuerst in den Häusern auf dem Weg plündern. Passt dabei aber auch die Wachen auf, die euch möglicherweise davon abhalten. Das Szenario “Escape The City” spielt sich semi-kooperativ. Ihr müsst die Ressourcen nicht alle alleine sammeln, sondern ihr könnt euch zusammenschließen. Sind alle Ressourcen am Hubschrauber, geht es ab in die Lüfte. Möglicherweise befinden sich dann aber noch ein paar Mitstreiter in der Stadt.