In Gefängniszellen: Künstliche Intelligenz soll Suizidgefahr erkennen
Das Land Nordrhein-Westfalen hat ein bundesweit einmaliges Forschungsprojekt angestoßen: Gemeinsam mit einer spezialisierten Firma aus Chemnitz soll eine künstliche Intelligenz entwickelt werden, die suizidgefährdete Häftlinge erkennt. Dahinter verbirgt sich ein Dilemma beim Betrieb von Gefängnissen. Denn der Staat hat auf der einen Seite eine Fürsorgepflicht gegenüber den Gefangenen. Daraus ergibt sich, dass auch Suizide so weit wie möglich verhindert werden müssen. Auf der anderen Seite sorgen die Bürger- und Menschenrechte aber auch dafür, dass die getroffenen Maßnahmen verhältnismäßig sein müssen. Eine durchgängige und engmaschige Überwachung darf also nur bei einem konkreten Verdacht angeordnet werden. Außerdem ist in den meisten Haftanstalten schlicht nicht genügend Personal, um alle Personen rund um die Uhr im Blick zu haben.
Das Pilotprojekt wird in Düsseldorf realisiert
Die künstliche Intelligenz soll nun helfen, die Bilder der Überwachungskameras auszuwerten und so risikobehaftetes Verhalten zu erkennen. Zunächst wird dafür in Chemnitz ein eigener Versuchsraum aufgebaut, der aussieht wie eine echte Gefängniszelle. Dort soll der Algorithmus vor allem lernen, wie ein typisches Verhalten aussieht. Aber auch bekannte Handlungen, die einen möglichen Suizid nahelegen – etwa die Nutzung gefährlicher Gegenstände – werden schon dargestellt. In einem zweiten Schritt werden die so erzielten Ergebnisse dann in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf getestet. Im Rahmen eines Pilotprojekts werden die dort als gefährdet eingestuften Gefangenen per Video überwacht. Die dabei entstehenden Bilder werden durch die künstliche Intelligenz analysiert. Im Fall einer Gefahrensituation schlägt die Software dann Alarm.
Die KI ist zur Unterstützung der menschlichen Beamten gedacht
NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) betont allerdings, dass die künstliche Intelligenz die bisherigen Präventionsmaßnahmen lediglich ergänzen soll. Es ist nicht geplant, die Zahl der menschlichen Beamten vor Ort deswegen zu reduzieren. In den letzten Jahren ist es in Nordrhein-Westfalen auch ohne KI gelungen, die Zahl der Selbstmorde in den landeseigenen Haftanstalten signifikant zu reduzieren: Kam es im Jahr 2016 noch zu 19 Suiziden, waren es im vergangenen Jahr noch elf entsprechende Fälle. Das nun aufgelegte Forschungsprojekt zeigt, dass die Verantwortlichen ihre Bemühungen in diesem Bereich weiter intensivieren wollen. Sollte sich der Ansatz in NRW als erfolgversprechend erweisen, wäre es durchaus denkbar, dass zukünftig weitere Bundesländer nachziehen.