Schweizer Rekrutierung - ein Erlebnisbericht

Valares

Well-known member
ID: 386788
L
21 Januar 2010
248
98
Willkommen zu dieser kleinen Episode meines Lebens, die ich euch nicht mehr länger vorenthalten kann. Als wehrpflichtiger Schweizer Bürger musste ich ein paar Tage Militär über mich ergehen lassen. Diese drei Tage - bevor ich als "Untauglich" aus der Armee entlassen wurde - liessen allerlei amüsante, verwirrende und anderweitig auswuchernde Eindrücke zurück... Doch lest selbst! Alles davon ist genau so geschehen (jedenfalls habe ich es noch genau so in Erinnerung), ich erzähle hier keine Märchen. Gedacht sind diese Texte hauptsächlich für andere Wehrdienstpflichtige und -Interessierte, aber auch für nicht Dienstleistende eine gute Möglichkeit, ein wenig Zeit totzuschlagen.

Die Erzählungen ist aufgrund ihrer Länge in fünf Teile unterteilt (sie umfasst 66310 Zeichen, pro Beitrag sind aber nur 20000 zugelassen... Ich hoffe, eine solche Unterteilung ist gemäss Forumregeln zulässig...):
1. Einleitung;
2. Orientierungstag;
3. Rekrutierungstag 1;
4. Rekrutierungstag 2;
5. (Fortsetzung Rekrutierungstag 2)-Entlassung/Schlusssatz/Kurzfassung;

Wem die etwa 20 Seiten entsprechende Textmenge zu viel sind, findet zuunterst unten die (wirklich kurze) Kurzfassung.

Nun denn, los geht's!
 
Zuletzt bearbeitet:
Obligatorischer Orientierungstag

Ein wenig überrascht war ich schon, als ich den Brief des Militärs in meinen Händen hielt. Über meinem Namen im Umschlagfenster stand in weissen Buchstaben auf schwarzem Grund gross "M A R S C H B E F E H L".
Da ich bereits früher zu einem Tag der offenen Türe geladen war, wusste ich bereits halbwegs um den Inhalt dieses Briefes. Alle männlichen Einwohner der Schweiz unterstehen der Wehrpflicht, werden also dazu verdonnert, nach erreichen ihres 18. Lebensjahres Militärdienst zu leisten. Ausgenommen hiervon sind Personen, die aufgrund medizinischer/psychischer Probleme die Rekrutierung nicht überstehen (und deshalb als "Untauglich" entlassen werden). Eine weitere Möglichkeit, den Militärdienst zu umgehen, ist der Zivildienst. Dazu später mehr.
Etwas erstaunt hatte mich im ersten Moment der "B-Post"-Stempel und die Adressangabe: Postleitzahl, Stadt, Leitzahl und Ort? Üblich wäre eine Angabe wie "8053 Zürich", jedoch fand sich daran angehängt ein "53 Witikon". Eine solche Schreibweise war mir bis dahin komplett unbekannt.
Wie auch immer, ich öffnete den Brief und begann, ihn durchzulesen. Ich wurde darin "zu folgender Dienstleistung aufgeboten: Orientierungstag". "Einrückungs- und Entlassungsdatum" war der 18.10.2010. Um 08:30 Uhr musste ich vor Ort sein. Dazu beigelegt war ein Fahrschein für sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt Zürich (2. Klasse), gültig für jenen einen Tag. Beigelegt waren dem Brief ein Informationsblatt für die Beilage der Beilage (Fragebogen), ein medizinischer Fragebogen, ein Briefumschlag (leer - für den Fragebogen), eine Kurzinfo für den Arbeitgeber und einen Übersichtsplan für den Orientierungstag. Dazu noch ein letztes Formular "Wunschzeitpunkt Rekrutierung/Rekrutenschule".
Beide Formulare müssen ausgefüllt an den (obligatorischen) Orientierungstag mitgebracht werden. Das "obligatorisch" hierbei bedeutet, dass ein Fehlen oder zu spät kommen eine hohe Busse zur Folge hätte, wurde ich in einer der Beilagen des Briefes informiert. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das Formular "Wunschzeitpunkt ..." ausfüllen sollte, also habe ich mal gar nichts eingetragen und nur den ärztlichen Fragebogen ausgefüllt, in den vorgesehenen Umschlag gesteckt und wieder zu dem Marschbefehl gelegt.

Als der Orientierungstag kam, hatte ich - ach wie schön - mir eine starke Erkältung eingefangen. Meine Mutter fuhr mich frühmorgens zum Einrückungsort, an dem ich dann, heiser, mit triefender Nase und leicht fröstelnd etwa um 8:15 Uhr vor geschlossenen Türen stand. Alleine war ich nicht, es fanden sich einige Zigaretten rauchende junge Erwachsene vor der Türe. Als Nichtraucher stellte ich mich ein wenig abseits hin um meine ohnehin schon geplagten Atemwege nicht auch noch in einen geteerten Parkplatz zu verwandeln.
Die Türen wurden geöffnet, Heerscharen von Personen stürmten in das Gebäude - ich irgendwo dazwischen. Den Umschlag mit dem Fragebogen drückte ich beim Eingang einem Arzt in die Hände, um dann gleich wieder vor geschlossenen Türen stehen bleiben zu dürfen, diesmal jedoch wenigstens im Warmen.
Wie alle Türen öffnete sich auch diese irgendwann, und die Meute schob sich in den neuen Raum, der sich wie ein Schulzimmer darbot. Immer wieder blickte ich auf den "Stundenplan", der wie folgt aussah:
8:30 - 8:45 - Empfang
8:45 - 9:10 - Einleitung, Film "SICHERHEIT" (Kurz: Werbung)
9:15 - 10:20 - Vorstellrunde und "die Rekrutierung"
Pause
10:40 - 11:20 - "Der Zivilschutz"
Pause
11:30 - 12:15 Karriere/Zivildienst (Werbung!)
Mittagessen
13:10 - 14:40 "Die Armee" (Werbung?)
Pause
14:50 - 15:20 "Die Koordination der RS" (RS = Rekrutenschule), Dienstbuch
Pause
15:30 - 16:00 Noch mehr Blabla und schlussendlich: Tag überlebt!

So langsam hatten sich alle versammelt, die Türe wurde geschlossen und ein Herr im Vierfruchtanzug (Armeekleidung) betrat vorne eine kleine Bühne. Er eröffnete mit "Guten Morgen" - von uns kam nur ein Murmeln zurück. Von ihm kam ein Satz wie "Na, das fängt ja gut an! Wohl noch ein wenig früh?" (kann der meine Gedanken lesen?). Also stelle er gleich eine Frage: "Warum sind wir heute hier?". Keine Antwort. Er schaute in die Runde und doppelte nach: "Weiss es wirklich niemand?". Immernoch kollektives Schweigen.
"Ihr seid hier, weil es euch Spass macht, so früh aufzustehen!? Weil ihr so gerne in die Armee wollt!?". Mein Kopf schlug mit einem dumpfen, leisen "Bonk" auf die Tischplatte vor mir. Er fuhr fort: "Nein! Ihr seid hier, weil euch sonst ein Bussgeld erwarten würde! Und so wie ich das sehen kann, gibt es hier einige, die nicht da sind! Die werden alle bestraft und müssen einfach zu einem späteren Zeitpunkt das hier nachholen!".
Dann wurde uns der Film vorgespielt (habe ich schon erwähnt, dass es sich hierbei hauptsächlich um Werbung handelte?), wir bekamen Anweisung, das Areal nicht zu verlassen, da bei Unfällen die Armee haften würde, wurden darüber aufgeklärt, dass keine Drogen zugelassen sind (wer damit nicht klar kommt, hätte sich bei ihm melden müssen) und wurden in Gruppen eingeteilt. Die Gruppenführer stellten sich vor, es gab ein paar aufmunternde Worte und dann bewegten wir uns mit der uns zugeteilten Gruppe (inklusive Gruppenführer) in einen neuen Raum und bekamen auf dem Weg dahin noch eine Tafel SCHWEIZER ARMEE SCHOKOLADE in die Hand gedrückt.
Da angekommen, stellte sich der Gruppenführer mit Vornamen vor (weiss seinen Namen aber nicht mehr) und bot uns das Du an - schliesslich sei man hier unter Kollegen (Ja klar, als ob man in der Armee zukünftig seinen Leiter duzen darf). Dann waren wir an der Reihe. Trotz der Erkältung erkannte ich ziemlich schnell die Persönlichkeiten der anwesenden Personen. Wir sassen in einer U-Form an Bänken um den Tisch des Leiters herum. Ich sass im unteren rechten Teil des "U"s. In der rechten Spitze sassen nebeneinander zwei Individuen, die ich recht schnell der "Ehy fohl grass"-Generation zugeordnen konnte. Etwa in der Mitte des rechten Teils sass ein hoher, schmaler Mann, der aussah, als hätte er bereits eine Uniform an. Weitere Personen stachen nicht wirklich heraus.
In der Vorstellrunde mussten wir unseren Vornamen, den Beruf und die gewünschte Armeekategorie nennen. Hierbei weiss ich nur noch, dass der Mann in der rechten Mitte die Kategorie nach der seines Vaters (und Grossvaters) aussuchte. Als ich mich, heiser wie ich war, vorstellte, war mich bereits klar, dass von meinem Beruf "Webdesigner" bei den beiden Intelligenzbestien in der Spitze wohl nur das "(Mode)Designer" hängen bleiben wird, ich ignorierte also ihre Kommentare und fuhr fort: Für mich kommt nur Zivildienst in Frage!

Der Gruppenführer war diesbezüglich sehr gelassen, ja gar ein wenig erfreut. Ich war der Einzige in der Gruppe, der bereits wusste, dass er den Zivildienst anstrebt. Weiter ging es mit der Erklärung, wie die Rekrutierung ablaufen wird.
Nach der Pause machte er mit dem Zivilschutz weiter. Die Armee kennt 3 Einteilungen: Tauglich, Schutztauglich und Untauglich. Tauglich bietet einem die Wahl zwischen Armee und dem Zivildienst. Früher war der Zivildienst nur möglich, wenn aufgrund von der Religion oder einem Ethikproblem (das durch einen Arzt bestätigt werden musste) der Beitritt in die Armee verweigert wurde. Dazu musste ein schriftliches Gesuch seitens des Wehrpflichtigen gestellt werden und ein persönliches Gespräch geführt werden. Wurde das Gesuch abgelehnt, so blieb eigentlich nur eine Möglichkeit: Armee. Totalverweigerer (Personen, die sowohl Armeedienst als auch Zivildienst ablehnten) wurden mit schweren Strafen - inklusive Gefängnis - bestraft. Glücklicherweise wurde dies zu meiner Zeit bereits abgeschafft und das in Kauf nehmen von einer 50% längerer Dienstzeit im Zivildienst gegenüber der Armee (Armee 260 Tage, Zivildienst 390 Tage) gilt bereits als Tatbeweis für Gewissenskonflikte.
Schutztauglich bedeutet soviel wie "Halbtauglich" - jene Personen müssen (Zivil)Schutzdienst leisten, sie haben hierbei keine Wahl.
Als "Untauglich" befundene Personen können weder Armeedienst noch Zivildienst oder Zivilschutz leisten. Sie haben einen Wehrpflichtersatz zu leisten, der aus 3% des Jahreseinkommen der Person, mindestens jedoch 400 Franken pro Jahr besteht. Und das, bis die Person das 30. Lebensjahr vollendet hat.
Zurück zum Zivilschutz, der nicht dasselbe wie Zivildienst ist. Zivilschutzpflichtige müssen ebenfalls Wehrpflichtersatzabgaben bezahlen, können jedoch geleistete Dienstage von dem zu bezahlenden Betrag abziehen. Der Zivilschutz ist militärisch organisiert und dient der Unterstützung in Katastrophenfällen, übernimmt aber auch weitere - kleinere und grössere - Aufgaben, auf die ich jetzt nicht weiter eingehen werde.

Nach einer kurzen Pause fanden sich wieder alle im "Schulzimmer", dem Raum in dem die Einleitung stattfand, zusammen. Während die Gruppenführer eine kleine Pause hatten, sprach derjenige, der uns eingeleitet hatte (ich hab' seinen Rang und Namen vergessen) mit uns über Karrieremöglichkeiten und den Zivildienst. Das heisst, er schilderte zuerst detailliert die Aufstiegsmöglichkeiten, die Ränge, die Klassen und vieles weitere bezüglich der Armee.
Dann kam er zum Zivildienst: "Nun zum Zivildienst... Dort drüben...", er zeigte auf ein Gestell neben der Türe, "...liegen Broschüren bereit. Für die, die das wollen." - Nein, keine Übertreibung. Das war wirklich alles, was er dazu zu sagen hatte. Ungefähr 44 Minuten Karriere in der Armee und 1 Minute Zivildienst.

Auf dem Weg zum Mittagessen sammelte ich ein paar der Broschüren von "da drüben" ein und bewegte mich langsam in Richtung Speisesaal. Ich setzte mich auf eine Sitzbank vor dem Speisesaal und begann in den Heftchen zu blättern und zu lesen. Etwa in der Hälfte des ersten Heftes stand ich auf und reihte mich in die, nun sichtlich geschrumpfte, Schlange vor der Essensausgabe ein.
Soweit ich mich erinnern kann, gab es [Unidentifizierbar] mit Reis. Da meine Geschmacksnerven den Tag eh frei genommen hatten, konnte ich das mir Vorgesetzte ohne Probleme verzehren. Ich beendete das Mahl, und versorgte das unterdessen ausgelesene Heft und die restlichen Broschüren in meine Hosentasche.
Auf dem Weg zu unserem Gruppenraum fragte unser Gruppenführer, ob uns das Essen geschmeckt hätte. Das vereinte "Nein" schien ihn nicht sehr zu überraschen, nein, es brachte ihn eher zum Lachen.

Nun ging es weiter mit spezifischen Informationen über die Klassen, was uns an der Rekrutierung erwarten würde, und die Armee in der Schweiz im Allgemeinen. Als es um den Armeechef - dem Leiter des Departements für Verteidigung - Ueli Maurer ging, rief einer der beiden aus der rechten Ecke "Jo Mann, Ueli Maurer ist voll krass, Mann!". Der andere Bekräftigte ihn mit "Ja korrekt! Und der Blocher ist voll der Geilste!" - "Jo genau, Blocher ist voll geil, Mann!" Sowohl Ueli Maurer als auch Christoph Blocher gehören der politisch äusserst rechts (manchmal gar an der Grenze zum rassistischen) gerichteten Partei SVP an. Blocher war hierbei das Aushängeschild sondergleichen.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie leicht sich manche Menschen Parteien zuordnen lassen. Hatte ich doch die beiden in der rechten Spitze des "U"s bereits von Anfang an als zu dieser Partei zugehörig betrachtet.
Der Gruppenführer fuhr mit den Erklärungen fort und die beiden geouteten SVPler wendeten sich wieder ihrem untereinander bereits von der ersten Stunde an geführten Gespräch zu. Mich erstaunte doch sehr, dass die beiden überhaupt etwas mitbekamen.
Es folgten genaue Beschreibungen über den Ablauf der Rekrutierungstage im Einzelnen, so etwa die uns erwartenden Tests, den Sporttest und medizinischen Checks. Wir sahen Beispiele und konnten selbst auch die eine oder andere Prüfung ausprobieren.
Er erklärte uns, dass in der Schweiz keine Flugzeugträger vorhanden sind. Die Flotte der Armee besitzt keine genug grossen Schiffe, um Flugzeuge den Start oder die Landung zu ermöglichen. Ich erfragte - ganz ernsthaft - ob sich denn nicht einmal ferngesteuerte Flugzeuge starten liessen. Der Gruppenführer ignorierte meine Frage, im Gegensatz zu dem Beinahe-Soldat zu meiner Rechten, der durch den Raum "Jetzt bitte alle laut Lachen!" brüllte.
Ich hatte ursprünglich doch ein wenig mehr Intelligenz erwartet. Obschon meine Frage wohl nicht sehr ernsthaft rüber kam, hätte ich erwartet, dass zumindest jemand die Ernsthaftigkeit meiner Frage erkennen hätte können und aus meiner Umschreibung das mir entfallene Wort "Drohne" entnehmen können. Wie dem auch sei, ich schwieg die restliche Zeit über und behielt meine Fragen für mich (konnte ich ja später im Internet nachlesen).

Ich nutzte die jetzige Pause, um weiter in den Heftchen über den Zivildienst zu lesen und meinen Schokoriegel zu verzehren (diese Tätigkeit wurde von einem der beiden SVPler mit "Ey, der nimmt voll Drogen!" kommentiert - ich ignorierte die nach Aufmerksamkeit suchende Person, beobachtete jedoch über die Heftkante hinweg die Reaktionen der anderen Anwesenden, die alle in seine Richtung blickten).

Und nun zum besten Teil des Tages... Die Abgabe des "ausgefüllten" Formulars "Wunschzeitpunkt RS", das noch gar nicht ausgefüllt sein musste. Unser Gruppenführer gab uns eine präzise Anleitung, wie das Formular auszufüllen sei.
Obschon viele Felder das kleine Blatt zierten, so musste ich - als Selbstständiger - nicht viel ausfüllen. Das Einzige, was ich eintragen musste, war mein Name und den Zeitpunkt, an dem ich die Rekrutenschule besuchen wollte (das heisst, meinen Dienst antreten - für den Zivildienst gilt dasselbe, ist aber auf dem Blatt nicht sonderlich vermerkt).
Wie uns erklärt wurde, findet die Rekrutierung etwa ein viertel bis halbes Jahr vor der RS statt, das galt also zu bedenken. Weiterhin, so sagte er uns, gibt es immer sehr viele Personen, die die Herbst-RS besuchen wollen - da normalerweise genau dann das Lehrjahr beendet ist. Auch im Sommer hat es viele Personen, also wählte ich, flexibel wie ich ja war, den Frühling. Und zwar Frühling 2011.
Zur Auswahl standen (wenn ich mich recht erinnere) März/April, Juni/Juli und September/Oktober, dazu noch die Jahre 2011, 2012 und 2013. Unter Anleitung des Gruppenführers füllten (fast) alle den Zettel vollständig aus.

Nun musste jeder nach vorne gehen, das ausgefüllte Blatt abgeben, sein Dienstbüchlein entgegen nehmen und sich wieder zurück an seinen Platz setzen. Angefangen wurde bei den beiden plappernden SVPlern, weiter ging es dann im Uhrzeigersinn. Also stand der erste auf, ging zum Gruppenführer hin und... gab ein leeres Formular ab. Wütend wurde er zurück an seinen Platz geschickt. Der Nächste (der andere SVPler) stand auf, ging nach vorne und - oh Wunder - gab auch ein leeres Formular ab. Also kam der nächste in der Reihe, während die beiden Ersten endlich das Formular ausfüllen sollten. Der Gruppenführer seufzte, sichtlich darüber erleichtert, dass wenigstens der Dritte sein Formular bereits ausgefüllt hatte.
Nach dem Vierten oder Fünften, etwa zwei Personen vor mir, fragte er die beiden, ob sie unterdessen ihre Formulare ausgefüllt hätten. "Nein", gaben sie zur Antwort. Also ging es weiter im Uhrzeigersinn. Als ich an ihnen vorbei ging, sah ich, dass sie noch immer kein Zeitpunkt ausgewählt hatten. Einer fragte in den Raum, was sie denn da auszufüllen haben. Im gegenüberliegenden Teil des Raumes gab ihnen jemand hilfsbereit Auskunft und erklärte alles bereits gesagte zwei weitere Male (zweimal, da die beiden wieder nicht aufpassten). In der Zwischenzeit bekam ich eine kurze Anleitung von unserem Gruppenführer, wie ich mich beim Zivildienst bewerben kann. Längst zurück an meinem Platz, hatten die beiden noch immer keinen Zeitpunkt ausgewählt.
Folgender Wortwechsel flog durch die Luft: "Ja, also, welches muss ich jetzt da ankreuzen?" - "Das kann ich Dir nicht sagen. Wann bist Du denn mit Deiner Lehre fertig?" - "Weiss nich'." - "Wie, so was weiss man doch?" - "Ne, ich nicht." - "Gut, nehmen wir mal an, es ist wie bei allen, also vor dem Herbst. In welchem Jahr bist Du denn?" - "Woher soll ich das denn wissen?" - "Äh, na gut. Dann kreuz' halt Herbst an." - "Gut." Die beiden starrten auf ihre Formulare, da hebt einer der beiden seinen Kopf und fragte mit ernster Stimme (und tatsächlich auch ernst gemeint!): "Wann ist Herbst?".
Ich sass da, und war mir nicht sicher, wie ich reagieren sollte. Ich hatte ein starkes Verlangen, laut loszulachen. Andererseits war ich so perplex über diese Aussage, dass ich einfach nur da sass und auf den Fragesteller starrte - wie wohl die meisten aus meiner Gruppe.
Aus den Augenwinkeln sah ich unseren Gruppenführer, der zwar nicht aufblickte, aber ganz sanft den Kopf schüttelte. Der hilfsbereite angehende Rekrut auf der linken Seite fasste sich sehr schnell und stotterte ein "Äh... Also... Das wäre dann September/Oktober." heraus.
Ich selbst verstehe ja, wenn man mal etwas nicht weiss. Auch wenn es etwas ist, dass man eigentlich wissen sollte. Das man dann fragt, ist für mich auch kein Problem. Deswegen ist man noch lange nicht dumm. Aber dass man sich eine solche Aussage erlaubt, nachdem man einer ausführlichen Erklärung hätte lauschen können (es aber nicht getan hat), das ist für mich unverständlich und unverzeihlich. Von da an hat sich der Ausdruck "Wann ist Herbst?" in unserer Familie als starker Ausdruck für "totaler Schwachsinn" eingebürgert.

Nach einer weiteren Pause fanden wir uns wieder alle im "Klassenzimmer" ein, um den Abschlussworten des Organisators zu lauschen, um dann sobald entlassen zu werden. Der Fahrschein für die öffentlichen Verkehrsmittel waren für den ganzen Tag gültig, ich hätte also eine Rundfahrt durch Zürich machen können, verzichtete aber verständlicherweise darauf.
 
Rekrutierungstag

Wir schrieben den 15. Juli des Jahres 2011, als mein Marschbefehl - in seinem üblichen Erscheinungsbild - eintrudelte. Dabei hatte ich schon die Hoffnung gehegt, dass ich vergessen gegangen bin... Immerhin war mein Wunschzeitpunkt für Beginn der RS (nicht der der Rekrutierung) bereits im Frühjahr verstrichen.
Am 13.09.2011 um 8 Uhr früh musste ich ins Rekrutierungszentrum Rüti in Zürich einrücken. Mitbringen musste ich den Marschbefehl, mein Dienstbüchlein, meine Schulzeugnisse, meinen Impfausweis und 1 Paar (dicke) Socken. Arztzeugnisse, alle Arten von Kleidern und weiterer Kleinkram. Ich packte am Tag zuvor einen Rucksack voll mit dem ganzen Kram und legte Trockenfutter und ein paar Getränkeflaschen (ich stellte eine vernünftige Verpflegung zu Recht in Frage) dazu.
Gemäss Marschbefehl würde ich spätestens am 15.09. wieder entlassen.
Ich beschloss "ein bisschen früher" dort zu sein, und stand daher bereits um 6:30 Uhr vor dem Gebäude. Also zog ich mit meinen Eltern, die mich hingefahren hatten, noch ein wenig um die Häuser um dann, etwa 7:30 Uhr mich von meinen Eltern zu verabschieden und betrat, den aufgestellten Schildern folgend, die Turnhalle neben dem Hauptgebäude. Es befanden sich bereits einige andere Personen anwesend. Mir wurde eine Nummer zugeteilt (636 - Ein Glück, dass ich sie noch auf einer Notiz von damals gefunden habe!) die ich dann um den Hals hängen sollte, musste meine ärztlichen Zeugnisse und mein Dienstbüchlein abliefern und durfte mich dann setzen.

Langsam füllte sich die Turnhalle und ich hatte den Eindruck, dass bereits recht viel Zeit vergangen ist, als ich eine Uhr entdeckte. Nach wie vor strömten immer noch neue Rekruten in die Halle, obschon bereits 10 Uhr war! Ich war ziemlich sauer über die verschwendete Zeit. Ein wenig später wurden ein paar der 600er Nummern auf kleinere Nummern umverteilt - meine nicht.
Etwa um 10:30 Uhr wurden wir allesamt ins Hauptgebäude verfrachtet. Wir wurden erneut in Gruppen eingeteilt, insgesamt gab es 5 Gruppen, wobei die erste Ziffer der zugeteilten Nummern (100-600er) als die Gruppennummer zählte. Nunja... Gruppe 6 war nicht vorgesehen...
Als uns die Schlafräume zugeteilt wurden, waren nur genug Räume für 5 Gruppen vorhanden. Unsere Gruppe lud also all ihre Rucksäcke in ein einziges Zimmer ab - unsere Zimmer würden später zugeteilt, hiess es für uns.
Danach sammelten wir uns - zusammen mit der Gruppe 1 - am Gruppentreffpunkt. Im Gebäude waren mehrere Treffpunkte verteilt, für jede Gruppe (ausser Nummer 6) einen.
Dort angelangt mussten wir... warten. Wie noch viele weitere Male in der Zukunft.

Nach einer kurzen Erklärung seitens der Gruppenführer (wir hatten ja zwei, einen für Gruppe 1 und einen für unsere) wurden wir in einen grossen Saal geleitet, in welchem ich mich weiter hinten auf der rechten Seite hinsetzte. Uns wurde der Ablauf der Rekrutierungstage erklärt, und hierbei auch, wo wer sein sollte. Ich und andere 600er wurden nun der Gruppe 5 angehängt.
Das war für mich ärgerlich, da die ersten beiden Gruppen möglicherweise bereits am ersten Tag nach Hause gehen konnten (abhängig davon, ob sie tauglich sind oder nicht). Ich aber, der Lagerschlafplätze ja sooo sehr schätzt (Kindheitstrauma...), musste auf jeden Fall einmal übernachten.
Wenigstens nur einmal, denn der dritte Tag war für diejenigen gedacht, die ein Fahrzeug lenken würden.
Nach der Einleitung bewegte sich die "Gruppe 5 1/2" in den Nachbarraum, um dort ein wenig mit Werbung überschüttet zu werden (eine erneute Präsentation darüber, wie und wo die Armee eingesetzt wird beziehungsweise was in der RS genau ablaufen wird).
Nur waren nicht genügend Sitzplätze samt Tische für 2 Gruppen vorhanden, also wurde Gruppe 6 kurzerhand an der Mauer des Raumes entlang platziert.

Schliesslich hatten wir Pause... Wieder eine von sehr, sehr vielen, sehr langen Pausen. Ich nutzte die Zeit, um etwas zu machen, das ich bis dahin noch nie getan hatte: Ich schrieb eine Liste, die von 8 Uhr bis Mitternacht des nächsten Tages ging. Ich notierte sämtliche Stunden und Minuten und begann, diese nach und nach abzustreichen. Mir blieb jedenfalls genug Zeit, diese Liste zu vervollständigen und regelmässig die "Zeit zu verstreichen". Ich hoffte nur, dass keiner der Psychologen mich so sehen würde, sonst hätte ich wohl gar keine Chance gehabt...
Leider weiss ich ab hier nicht mehr den exakten Ablauf der Dinge und mir fehlt die Möglichkeit, ihn genau nachzuvollziehen. Auch wenn die Reihenfolge nicht stimmt, so stimmt wenigstens das Geschehene.
Nach einem weiteren Gruppentreffen (welche noch immer bei Gruppenposten 1 stattfanden) ging es zum Mittagessen, das nicht sonderlich erwähnenswert war (aber auch nicht schlecht), und danach - noch ein Gruppentreffen und einer nicht obligatorischen Zimmerwahl (an der ich mich nicht beteiligt habe) später - in eine ausführliche Präsentation über den Zivilschutz.
Obschon ich jetzt weiter vorne sitzen konnte, konnte ich die Schrift der Projektion nur schwerlich entziffern. Ich weiss, dass ich sehr kurzsichtig bin. Aber so stark, das wäre mir neu gewesen... Bis die Erkenntnis kam: Das waren nicht meine Augen, das war der Projektor (nicht die Kurzsichtigkeit, ich meine die verschwommene Schrift)!

Ein weiteres Gruppentreffen fand statt. Der Gruppenführer sprach uns auf die uns zugeteilten Zimmer an. Ich brachte den Einwand, dass noch nicht alle ein Zimmer gefunden hätten (ich inklusive, denn ich ersparte mir die Rennerei auf ein Zimmer und Bett). Grossherzig (oder auch: Eigennütz) wie ich bin offerierte ich sogleich, die Nacht zuhause zu verbringen und am nächsten Tag wieder zu erscheinen. Er beschwichtigte und wandte ein, es würde sicher bald was frei und die Zimmer dann neu zugeteilt.
Alsbald wurde (nach dem Gruppentreffen) mit einem psychologischen Test unsere Fähigkeiten geprüft. Diese Tests fanden alle am Computer statt. Auszufüllen war ein Fragebogen mit allerlei Fragen über den Alltag, aber auch tiefergehende Fragen und Fragen nach der Meinung zu einem bestimmten Thema. Es gab eine vorgegebene Anzahl Antworten, und jeder von uns musste die Zutreffendste aussuchen. Ich hatte beschlossen, nicht zu schummeln und wählte meine Antworten besten Gewissens.
Der nächste Test beinhaltete Textverständnisfragen. Ein ungefähres Beispiel hierraus wäre:
Nachdem sich der Rauch verzogen hatte, erkannten alle, dass das Feuer gelöscht war.
a) Der Rauch verzog sich, nachdem alle gesehen haben, dass das Feuer gelöscht war.
b) Der Rauch verzog sich, weil das Feuer gelöscht war.
c) Das Feuer wurde gelöscht, nachdem sich der Rauch verzogen hatte.
d) Das Feuer war gelöscht, bevor sich der Rauch verzog.
Dieser Test machte mir keine grossen Probleme, obschon ich zuerst ein wenig verwirrt war, dass es mehr als eine richtige Antwort gibt (in diesem Beispiel "b)" und "d)"). Der Trick hierbei war, dass nur die Antwort "richtig" war, die den Aufgabensatz widerspiegelte ("b" wäre in einer solchen Situation wohl richtig gewesen, sagte aber nicht dasselbe aus wie der Vorgabensatz).
Es folgte eine Gedächtnisprüfung. Die vorhergehenden Aufgaben unterlagen (abgesehen von der begrenzten Aufenthaltszeit) keiner Zeitbegrenzung. Bei der Gedächtnisprüfung jedoch, wurde für exakt eine Minute eine Zeichnung gezeigt, auf der verschiedene Objekte (Strassen und Strassennamen, benannte Wälder, Statuen und Gebäude, Autobahnen...) skizziert waren. Nach Ablauf der Zeit wurde das Bild ausgeblendet und stattdessen mögliche Beschreibungen eingeblendet:
a) Westlich des Tannenwaldes befindet sich die Strasse "Talstrasse", die in die Autobahnauffahrt neben der Drogerie mündet.
b) Die Statue steht rechts neben dem Supermarkt, von dem aus die "Tramstrasse" in nördlicher Richtung verläuft.
...
Ich hatte - ungeachtet meines sonst guten Gedächtnisses - etliche Mühe, die nötigen Informationen in meinem Kurzzeitgedächtnis unterzubringen.
Noch ein Gruppentreffen stand an, und während wir auf den Gruppenführer warteten, machte sich eine Diskussion darüber breit, sich des Nachts unerkannt abzusetzen und einen bequemeren Schlafplatz zu suchen. Ich hätte dabei natürlich gerne mitgemacht, wobei ich auch eine Strafe für unerlaubtes Entfernen fürchtete. Aus dem Plan wurde sowieso nichts, es handelte sich nur um leeres Gerede. Jedenfalls wusste ich von da an, dass ich nicht der Einzige in der Gruppe war, der das Militärleben nicht sonderlich gut mochte.
Das Abendessen stand an und die, die noch kein Zimmer hatten, durften ihr Gepäck holen und wurden dann Zimmern zugewiesen.
Der Gruppentreffpunkt für Gruppe 6 wurde auch verschoben und befand sich neu vor auf der selben Ebene wie das Zimmer, das mir zugeteilt wurde. Ich wurde in ein Sechserzimmer im dritten Stock gesteckt.
Mir wurde das Bett rechts neben der Türe zugeteilt. Der Armeeangehöriger, der uns die Betten zuteilte, hatte kein Gehör für die Bitte von einem anderen Gruppenmitglied, welches lieber am Fenster liegen wollte und schmetterte sie mit "Wir haben kein Wunschkonzert!" ab (obschon er die Nummern eh von Hand in ein Formular eintrug, das eine Skizze des Raumes darstellte und noch ein Fensterplatz frei war - da fällt es mir schwer, darin keine Schikane zu erkennen).
Einer aus meiner Gruppe bestand darauf, kein Zimmer zugeteilt zu bekommen, da er eigentlich wieder gehen wollte. Er klärte auf: Er war bereits bei einer vorangehenden Rekrutierung dabei, wurde dann wieder nach Hause geschickt, mit der Bitte, von seinem Hausarzt ein Zeugnis und Röntgenbilder bezüglich einer Verbiegung seines Rückens bei einer späteren Rekrutierung (dieser) mitzubringen und vorzuzeigen. Er hätte somit gleich wieder entlassen werden können... Aber die mitgebrachten Papiere für unsere Gruppe wurden eben erst am nächsten Tag verarbeitet, also musste er die Nacht hierbleiben. Er bekam eine Sondergenehmigung, um nach Hause zu gehen und dort Kleidung für die Nacht und den nächsten Tag zu holen (und dann wieder zum Rekrutierungszentrum zurückzukehren).
Während dessen fanden einige aus unserer Gruppe heraus, dass die, die früher als vom Marschbefehl vorgesehen vor Ort waren eine 600er Nummer zugeteilt bekamen. Ich ging hierbei von einem Zufall aus, ganz ausschliessen kann ich es aber nicht.

Abendessenszeit! Der Speiseraum war gestopft voll, und unsere Gruppe war natürlich eine der Letzten (da sie immer ein wenig verschoben zur Gruppe 5 geführt wurde, da sonst der Platz nicht ausgereicht hätte).
Am Abend erwartet uns ein (obligatorischer) Spielfilm. Als Alternative zum Film gab es aber - speziell nur an diesem Abend - die Möglichkeit, live Fussball zu sehen. Da ich Fussball nicht mag, entschied ich mich für den Film, in der Hoffnung, er würde mir als Filmfan gerecht.
Bedenken hatte ich vor allem wegen der Projektorqualität, die ich ja bereits während der Einleitung und der Erklärung über den Zivilschutz, die auch in diesem Raum stattfand, sehen konnte (oder eben nicht). Glücklicherweise war die Auflösung doch gut genug, um etwas erkennen zu können.
Es wurde uns "Reine Nervensache" vorgeführt (ob die Wahl des Filmtitels was mit der Rekrutierung zu tun hatte?).
Im ersten Drittel des Filmes kam einer der höheren Ränge in den Raum gestürmt und verkündete: "Fussball fängt gleich an. Wer möchte, kann mit in die Cafeteria ko..." Er wurde durch laute Rückgeräusche von den Stühlen und Gemurmel von den aufstehenden Personen übertönt. Der Film lief in der Zwischenzeit weiter.
Nachdem sich der Rummel ein wenig gelegt hatte, waren im Raum nur noch vereinzelt Sitze besetzt. Ich nutzte die Gelegenheit und wechselte zu einem Platz mit besserer Sicht und näher bei der Projektion.
Das einzige, was mir die Rekrutierung wirklich brachte, war während dieser Zeit; die Idee, wie ich das Spiel, an dem ich zu diesem Zeitpunkt programmierte, nennen werde.

Der Film war aus, also ging ich - in Ermangelung an weiteren Aktivitätsmöglichkeiten - auf das zugewiesene Zimmer, bezog mein Bett, das zu meinem Erstaunen offenbar kein Feldbett war, und fing an, die bereits vergangenen Minuten abzustreichen.
Um 21:30 Uhr Abends wäre "Lichterlöschen" angesagt gewesen... Als ich fertig war mit abstreichen, war es aber erst irgendwas vor 21 Uhr.
Ich nutzte die Zeit, die ich alleine im Raum war, und fing an, den Raum zu skizzieren. Da es sich um eine Militäreinrichtung handelte, war fotografieren im gesamten Gebäude verboten. Dies wurde uns auch während der Einleitung klar mitgeteilt (ich habe aber keinerlei Kontrollen diesbezüglich gesehen). Von skizzieren hat aber niemand gesprochen. Zugegeben, ich habe die Skizze nicht mehr... Sie diente ja nur zur Ablenkung.
Trotz der fehlenden Skizze habe ich den Raum noch gut in Erinnerung: Er war etwa doppelt so lang wie breit, die Türe befand sich in der Mitte einer der kürzeren Seite. Das Zimmer hatte einen Balkon, der gegenüber der Türe angebracht war, und sechs Betten, die an einfache Gestellbetten erinnerten. Oder dann eben Feldbetten mit hoher Qualität. Links und rechts der Tür, welche sich nach innen öffnete, fanden sich, ein wenig nach hinten versetzt, mehrere kleine Schränke. Die Betten waren zu gleichen Teilen auf beiden Seiten verteilt und ins Rauminnere blickend angeordnet.
Alles in allem schien das Krankenhaus (als was das Gebäude früher diente) bezüglich der Anordnung der Dinge fast eins zu eins übernommen worden zu sein.

Es war kaum Zeit vergangen beim Anfertigen der Skizze. Also schlenderte ich noch ein wenig durch das Gebäude... und blieb vor einer Tafel stehen, die die Ausbildungsmöglichkeiten und Orte der Schweiz aufzeigte.
Als ich so vor der Tafel stand, kam einer der etwas strengeren Gruppenführer einer anderen Gruppe vorbei, blieb neben mir stehen, starrte mich an und fragte mich mit einem Lächeln im Gesicht, ob ich mich schon für eine Klasse entschieden hätte. Ich blickte zurück und gab freundlich Antwort: "Ja, Zivildienst!". Das Lächeln in seinem Gesicht wich schlagartig einem etwas verachtend wirkenden, ernsthaften Blick. Er wandte sich ab und ging ohne ein weiteres Wort an mir vorbei und folgte seiner ursprünglich eingeschlagene Richtung.
Ich fasste mir Mut und fragte: "Verzeihung, darf ich Sie noch schnell um Erlaubnis bitten, das Haus für einen Spaziergang zu verlassen?" Er drehte sich um und noch bevor er antworten konnte, fügte ich an: "Ich verlasse nicht das Areal, ich will mir nur schnell die Beine vertreten und wäre vor der Schlafenszeit wieder im Gebäude. Nur schnell bis zur Turnhalle und wieder zurück." (Es war uns aus Sicherheitsgründen, beziehungsweise Versicherungsgründen, nicht gestattet, das Areal zu verlassen. Zum Areal gehörte einen Parkplatz, zu dem man zu jeder "freien" Zeit gehen durfte; der Parkplatz lag einige Meter hinter der Turnhalle. Ich hätte auch nicht zu fragen gebraucht, habe es aber aus Respekt getan.) Er starrte mich einen Moment lang an und sprach dann...: "Nein... eigentlich nicht." Aber solange ich immer in der Sicht- und Rufweite des Eingangskontrollposten bleiben würde, ginge es in Ordnung.
Ich ersparte mir eine Diskussion mit ihm darüber, was "Sichtweite" bedeutet (der Eingangsbereich ist ein Eck; ich weiss nicht, wie weit hier jemand was sehen könnte), bedankte mich, liess ihn im Gang stehen und entfernte mich sogleich mit mittlerer Geschwindigkeit in Richtung Treppenabgang - so dass ich schon weit weg bin, für den Fall, dass er es sich noch anders überlegen sollte.

Ich bewegte mich durch die fast leeren Gänge und Treppen, quetschte mich durch die vollbesetzte Cafeteria, in welcher der Fussballmatch übertragen wurde, lief, ohne beachtet zu werden, am Wachposten vorbei ins Freie, und nachdem ich an den Rauchern, die den Eingang belagerten, vorbei war, begann ich einen gemütlichen Spaziergang - nicht mal ganz bis zur Sporthalle. Ich wanderte dort ein wenig auf und ab, starrte in die Sterne und stellte mir vor, was ich in all der verschwendeten Zeit viel lieber getan hätte.
Etwa 21:15 Uhr ging ich den bereits beschriebenen Weg wieder in die entgegengesetzte Richtung zurück zu dem Zimmer. Ich machte mich bettfertig - ein Teil der kosmetischen Produkte (Duschmittel, ...) wurde zur Verfügung gestellt, aber da ich das nicht im Voraus wusste, hatte ich alles Nötige eingepackt - und legte mich danach auf das Bett.
Ich war bereits leicht eingedöst, als die Türe aufging und die anderen Zimmermitbewohner herein strömten. Das war etwa um 22 Uhr...
Alle hatten sich hingelegt, ich habe mich mit der Bettdecke zugedeckt und war fast schon eingeschlafen, als die Türe erneut aufging und uns einer der Gruppenführer (nicht unserer) - um 22:30 Uhr (!) - darüber informierte, dass wir am nächsten Tag um 7 Uhr bereits aufgestanden sein müssen, uns jemand wecken kommen wird, wir dann unser Frühstück in der Cafeteria einnehmen sollten und gleich danach uns gleich zum Gruppentreffpunkt begeben sollen. Nach dieser Ansage verliess er das Zimmer und schloss die Türe hinter sich. Ich schlief sehr schnell ein.
 
2. Rekrutierungstag

Die Nacht verlief friedlich, es wurden keine Streiche gespielt (hätte zumindest bei mir eh nicht funktioniert, da ich sofort aufwache, wenn mich jemand nur schon ansieht) und ich hatte durchgeschlafen, bis...
Die Tür fliegt auf, das Licht geht an, - ich und zwei der Anderen fünf im Raum sassen sofort aufrecht im Bett - eine Person schreit in den Raum "Guten Morgen alle miteinander!" und noch bevor wir alle ein "'Morgen" zurück murmeln konnten, zog er die Türe wieder zu.
Wir liessen uns wieder zurück ins Bett fallen und verdauten erst einmal den Schock, ein weiterer Leidensgenosse begann sich aus dem Bett zu schälen, wir setzten uns alle nach und nach auf und lästerten dabei über die Weckmethode.
Die beiden letzten in unserem Raum schlugen die Augen auf und fragten, was denn los sei. "Aufstehen..." sagte einer der Erstgeweckten und erkundigte sich, ob er den "Weckdienst" denn nicht gehört hätte. Nein, sie seien erst auf unsere Plauderei aufgewacht, gaben beide zur Antwort.

Es gab ein Wettrennen auf die Duschen, welches mir glücklicherweise erspart geblieben ist, da ich Abends anstatt Morgens dusche. Ich war daher einer der Ersten, der sich auf das Frühstück stürzen konnte.
Ich verbrachte einige Zeit mit der Suche nach dem Orangenjus, den ich fand, als ich die Suche aufgab: Er befand sich bei den Tischen, nicht beim Ausschank.
Anschliessend - wie besprochen - das Treffen beim Gruppentreffpunkt. Beim Durchzählen gab es Schwierigkeiten... drei Personen fehlten. Während eines meiner Gruppenmitglieder losgeschickt wurde, um den Speisesaal nach den fehlenden 600ern abzusuchen, fand unser Gruppenführer sie im Schlafraum: Schlafend. Sie wurden nicht geweckt.
Zu diesem Zeitpunkt war ich schon lange zu dem Schluss gekommen, dass man das alles kaum als organisiert bezeichnen konnte. Angefangen bei dem späten Beginn, über eine nicht einberechnete Gruppe bis hin zu demjenigen, der eigentlich schon längst hätte nach Hause gehen können. Und immerhin kostete das alles auch noch Geld! Verpflegung, Wäsche (Bettbezüge), Wasser, Personal, unnötige Tests und so weiter.
Wie auch immer, zurück zu den nicht geweckten: Einen der Personen hatte ich doch auf dem Gang zwischen Zimmer und Duschen gesehen. Ich fragte mich, ob da nicht doch was geschwindelt war, bis gerade dieser die Antwort lieferte "Ich bin extra früh aufgestanden, habe geduscht und dann jemanden gefragt, wo wir hin müssen, und der hat gesagt, wir würden geweckt werden und den könnten wir das dann fragen. Also hab ich mich wieder hingelegt und weiter geschlafen...".

Nunja, Rätsel gelöst...
Nach dieser Verzögerung standen die medizinischen Untersuchungen an. Aufgrund (erneutem) Platzmangel in dem Warteraum, wurden Stühle im äusseren Gang augestellt und wir dort hin gesetzt.
Für einen Teil von uns standen noch Gespräche mit einem Psychologen an, wurde uns während wir uns platzierten mitgeteilt, darunter auch für mich. Wir würden dann informiert, wenn es soweit sei.
Vorerst durchlief ich verschiedene medizinische Tests, der erste galt meinem Gehör. Ich musste mich in eine Kabine begeben und den bereitliegenden Kopfhörer aufsetzen. Ich kam nicht dazu, die Anleitung zu lesen, denn sonst hätte ich gewusst, dass ich die Hand heben muss, sobald ich den Ton höre... Nicht erst danach... Wie auch immer, ich bekam keine Probleme deswegen.
Eine laute Stimme in meinem linken Ohr fragte mich "Kann es los gehen?". Ich hob die linke Hand. Dann war Stille.
Plötzlich nahm ich einen ganz leisen Ton wahr. Ich hatte ein Ton in der Lautstärke der Stimme erwartet, der dann langsam in der Lautstärke gesenkt wird, bis ich ihn nicht mehr hören konnte, nicht umgekehrt. Wie auch immer, ich reagierte mit den nötigen Handzeichen auf die feinen Piepstöne, die zuerst links und dann rechts gespielt wurden (nicht abwechslungsweise oder zufällig, nein, erst alle auf der einen Seite, dann alle auf der anderen Seite).
Die Stimme, die das Ende des Tests ankündigte, brummte in voller Lautstärke noch in meinem rechten Ohr, als ich die Kabine verliess. Der Tester meinte nur "Gut" und nickte mit dem Kopf.
Ich begab mich dann direkt zum nächsten Test, dem Sehtest.

Gleich als ich den Raum betreten hatte, bekam ich auch schon eine Karte in die Hand gedrückt. Der Arzt fragte mich, was ich darauf sehe. Es handelte sich um den Test für dreidimensionales Sehen. Zuerst sah ich nur wirres Gemisch aus Linien und Kurven, aber als ich die Karte in einer Linie zu meinen Augen hielt, erkannte ich ein Auto, ein Stern und noch ein weiteres Objekt, welche ich dann inklusive Ortsangabe aufgezählt habe.
Dann ging es um die Sehstärke. (Nein, es war nicht: "Was sehen Sie?" - "Nichts!?" - "Tauglich! Da ist auch nichts!") Da der Raum nicht genug Platz bot, war die musste ich durch einen Spiegel die Tafel betrachten, zuerst mit dem einen Auge, dann mit dem Anderen.
Ich bezeichnete bisher die in verschiedene Richtungen blickenden "E"s als "E, 3, M und W". Dies schien aber keine gültige Bezeichnung zu sein, ich musste mitteilen, in welche Richtung die "E"-Querbalken blickten.
Wie auch immer, er begann zuunterst auf der Tafel. Wie bereits erwähnt, ich weiss, dass ich gerade mal bis zu meinen Zehenspitzen scharf sehen kann - trage aber trotzdem keine Brille.
Ich wartete einen Moment, ob er das wirklich ernst meint, und sagte dann "Seh' ich nicht.". Er rückte eine Linie höher - "Seh' ich nicht.". Er rückte eine weitere Linie höher... "Ich mach Ihnen den Vorschlag, in der Hälfte der Tafel zu beginnen.", "...seh ich noch immer nicht..." fügte ich an.
Ich mühte mich damit ab, etwas im mittleren Bereich zu erkennen. Als ich das Auge wechselte, fing er wieder ganz unten an.
Als wir fertig waren, merkte er an, dass ich wirklich nur sehr schlecht sehen könnte - als hätte ich das nicht gewusst... Er stockte für einen Moment, als er das Formular ausfüllte, blickte auf und fragte mich, ob wir schon den Test mit dem dreidimensionalen Sehen hinter uns gebracht hätten. "Ja, ein Auto, ein Stern..." antwortete ich aus dem Gedächtnis heraus. Er unterbrach mich mit "Jaja, schon gut!" und strich den Punkt von der Liste.

Ich verliess den Raum und setzte mich wieder im Gang auf den Stuhl. Als nächstes stand an: Blutdruckmessen... mit anschliessender (freiwilliger) Blutentnahme zur Blutuntersuchung. Welch wunderbare Reihenfolge.
Ich fürchte mich normalerweise nicht vor Nadeln und habe auch kein Problem damit, Blut zu sehen, aber flau war mir trotzdem. Ich konnte spüren, wie mein Blutdruck hochschnellte, als ich den Raum betrat. "An eine Wiese oder sonst was ruhiges, schönes denken.", sagte mir die Ärztin, während sie mir das Messgerät um den Arm legte und aufpumpte. "Normaler Blutdruck" kommentierte sie das Ergebnis. Kein Wunder, denn normalerweise habe ich niedrigen Blutdruck. Und mit Aufregung steigt er eben zum "normal" hin auf.
Ich legte mich auf die Liege und wurde angezapft, um es mal freundlich auszudrücken. Mir wurden mehrere Fläschchen Blut (etwa 5 dl schätze ich aufgrund der Aufschriften) abgenommen. Beim vierten Fläschchen fragte sie, ob ich noch durchhalte. Ich spürte nur minimale Schmerzen, also bejahte ich die Frage. Doch ich spürte, wie mein Blutdruck langsam auf ein für mich übliches Niveu (also tief) fiel. Sie wandte sich zu einer Kollegin und bemerkte "Schau mal, wie langsam das Blut tropft!".
Die letzte Ampulle füllte sich wirklich extrem langsam, obschon sie die Vene genau getroffen hatte, und sie sich noch nicht zusammengezogen hatte. Nach dem letzten Fläschchen musste ich sofort aufstehen, um dem Nachfolgenden platz zu machen. Die Ärztin klebte ein Pflaster auf die Einstichstelle und teilte mir mit, ich solle auf die Wunde drücken. Dann wurde ich aus dem Raum geschickt.
Ich merkte, wie mein Blutdruck im Keller war. Ich trat aus der Türe in den Gang, in dem der Gruppenführer stand und in die Richtung der Stühle deutete. Ich schlug den Weg ein und hörte seine Stimme verzerrt: "Du kannst Dich wieder auf den Gang in dem Stuhl set... Nein, andersrum!" - "Sch...schon v...verst...anden" stotterte ich heraus (und ja, er hatte wirklich die Wörter verdreht). Der Weg zu den Stühlen schien immer länger zu werden, die Umgebung verlor ihre Farbe und in meinem Sichtfeld erschienen grosse schwarze Flecken.
Ich hab es irgendwie bis zu meinem Stuhl geschafft, ohne ohnmächtig zu werden. Ich hatte keine Kraft mehr, um auf die Einstichstelle zu drücken, also liess ich los. Ein pulsierender Schmerz ging von der Stelle aus. Meine beiden Arme waren extrem blass (dementsprechend muss wohl auch mein Gesicht ausgesehen haben).
Ich hörte die Stimmen der anderen Wartenden nur verzerrt. Ich brauchte etwa eine Viertelstunde, bis alle Nachwirkungen verflogen waren.

Nun stand die Unterhaltung mit dem Psychologen an. Ich und die wenigen Anderen, denen ebenfalls eine Unterhaltung zu(ge)teil(t) wurde, wurden in einen neuen Warteraum verfrachtet.
Ich war der Erste, der aufgerufen worden war. So betrat ich einen kleinen Raum, in welchem mich eine Psychologin erwartete, und schloss die Türe hinter mir.
Sie fragte mich bezüglich den von mir gegebenen Antworten auf dem Fragebogen aus. Ob ich wirklich so schlecht vom Militär denke (Ja!), ob ich bereit wäre, einen Befehl zu verweigern (Ja, sollte ich das Motiv nicht sehen oder als falsch befinden) und was ich eigentlich machen wollte. Sie schien überrascht, als ich mit Zivildienst antwortete, verliess dadurch aber die anfänglich ängstliche und unsichere Haltung.
Sie fragte mich bezüglich meinen Selbstmordgedanken (die Formulierung der Frage im Fragebogen lautete: "Haben oder hatten Sie jemals Selbstmordgedanken - Ja oder Nein?" Ein Nein wäre gelogen gewesen, da ich diese in der Grundschule hatte. Allerdings ist das längst Vergangenheit...), meinen wenigen, dafür gut gepflegten sozialen Verknüpfungen und sie schätzte mich (irrtümlicherweise oder bewusst falsch?) als homosexuell ein.
Das beste jedoch war, als sie meine "Vieltrinkerei" ansprach. Da war diese eine Frage auf dem Fragebogen...: Wie viel Alkohol nehmen Sie zu sich?:
a) Kein Alkohol oder bis zu einem Weinglas pro Monat.
b) Mehrere Weingläser mit niedrigem Alkoholgehalt oder ein Schnapsglas mit hochprozentigem pro Monat.
c) Viel.
d) Öfters zu viel Alkohol.
"b)" traf nicht zu, da ich etwa einmal in der Woche ein Schnapsglas Likör trank. Also blieb mir keine Wahl als (sofern ich wahrheitsgetreu Antworten wollte) "Viel." auszuwählen. Ich überzeugte sie davon, dass ich wohl eher als Abstinenzler durchgehe und aufgrund der Fragestellung und den gegebenen Antworten so antworten musste.
Schlussendlich stellte sie die Frage, was ich machen würde, wenn ich nicht zwischen Zivildienst und Militär wählen könnte. "Totalverweigerung" antwortete ich sofort. Sie nickte und schüttelte zugleich den Kopf, während sie ihre Beobachtungen in den Computer vor ihr eingab.
Die Psychologin schaute wieder zu mir auf und seufzte: "Leider kann ich Sie nicht Militärdiensttauglich schreiben. Sie wären sicher für den Zivildienst geeignet, aber ich müsste Sie dazu Militärtauglich schreiben. Verstehen Sie das? Wären Sie damit einverstanden?" Ich überlegte kurz und bestätigte dann: "Ja, das geht in Ordnung, ich bin mit untauglich einverstanden." Sie verabschiedete mich, und als ich den Raum verliess, fragte ich, ob ich die Türe offen lassen sollte und den nächsten herein rufen müsste. Sie bat mich, die Türe offen zu lassen, aber ich müsse niemanden holen, die Anderen hätten sich bereits mit anderen Psychologen unterhalten.
Als ich ging, gab sie mir noch den Tipp, ich solle mich bezüglich meinen Problemen direkt an eine Fachkraft wenden. Ich bedankte mich, verpasste es aber, mich zu erkundigen, welche Probleme sie meinte.

Ich begab mich wieder zurück in den medizinischen Bereich, dessen Platzprobleme unterdessen geschrumpft sind. Ich konnte im Wartesaal Platz nehmen. Der Gruppenführer teilte dem kleinen Rest, der dort wartete, mit, dass unterdessen alles schon zu spät dran sei. Wir sollen die Untersuchungen beenden, dann sofort Mittagessen gehen und uns dann gleich in die Sporthalle begeben, um dort an der Sportprüfung (Offiziell als "Test Fitness Rekrutierung TFR" bezeichnet) teilzunehmen.
Wir sollen alle bereits unsere Sportkleidung anziehen und dann die restlichen Tests erledigen.
Ich brachte das EKG hinter mich und bekam dann alle medizinischen Unterlagen ausgehändigt und sollte diese dann dem Arzt übergeben, der ein Gutachten von mir erstellen würde. Während ich darauf wartete, dass einer der Ärzte frei wird, blätterte ich durch mein EKG und verglich es mit den Beispielen, die an der Wand hingen. Ich hatte regelmässig einen zusätzlichen Schlag, der aus der Reihe tanzt - meine üblichen (nicht lebensbedrohlichen) Herzrythmusstörungen.
Eine der Türen ging auf und einer der bereits länger Wartenden ging hinein. Derjenige, der hinaus trat, kam zu uns anderen zurück und erzählte, dass er eine Ärztin hatte, und die hätte ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, untersucht. Die anderen verzogen das Gesicht und ich verstand, weshalb.
Eine andere Türe öffnete sich, der Nächste sollte eintreten. Ich bot dem vor mir (welcher länger als ich wartete) an, einzutreten, aber er lehnte ab; ich solle gehen.

Ich trat ein, händigte dem Arzt die Unterlagen aus und zog dann - auf Anweisung - Hose und Unterhose aus (die Untersuchung, ob die Leisten intakt sind, ist umgangssprachlich als "Hodengriff" bekannt). Der Arzt ertastet den Leistenkanal, dann muss der zu Untersuchende einmal Husten. Das Ganze wird für die gegenüberliegende Seite wiederholt.
Er konnte keinen Leistenbruch feststellen, ich durfte mich also wieder ankleiden.
Der Arzt setzte sich an den Computer und fing an, Daten einzutippen, während er mir mitteilte, dass er - in Anbetracht der psychologischen Beurteilung - mich als Zivilschutztauglich einstufen würde.
Das war das, was ich unbedingt verhindern wollte. Als Schutztauglicher hätte ich keine Wahl gehabt. Ich kommentierte seinen Satz mit "Aha, dann bleibt mir wohl keine andere Wahl, ich werde mich Totalverweigern.". Er hielt inne, drehte sich zu mir um und fragte, ob ich das ernst meine. Ich bejahte. Er überlegte einen Moment, wendete sich wieder dem Computer zu und fing an, bereits ausgefüllte Felder wieder zu bearbeiten. Aber nicht für lange, denn er rief aus: "Ach, nein, ich hab genug!" - er warf seine Hände in die Luft - "Mir egal, ich hab Hunger und will endlich was essen, ist Dein Ding!" und schickte mich raus.

Ich war auch hungrig und vor allem stark dehydriert. Auf dem Weg zum Speisesaal überlegte ich mir, was das eben sollte. Vor allem wusste ich jetzt nicht, wofür er sich entschieden hatte.
Ich hastete an der Theke vorbei, ich hatte keine Zeit mehr zum Mittagessen (der Sporttest hatte bereits begonnen), also griff ich mir ein Glas mit Eistee (ich mag Eistee nicht sonderlich, aber was anderes hatte es nicht mehr und mir fehlte die Zeit, um die Getränke aus meinem Rucksack holen zu gehen) und leerte es in einem Zug, stellte das leere Glas bei der Geschirrrückgabe hin und machte mich auf den Weg zur Sporthalle.

Ich meldete mich bei unserem Gruppenführer, der auf einer Sitzbank sass und mit den anderen Gruppenführern den sich beim Aufwärmtraining abmühenden Rekruten zusahen.
"Der Arzt hat mir nicht gesagt, ob ich an dem Test teilnehmen kann oder nicht." sprach ich ein wenig ausser Atem. "Naja, dann mach einfach mal mit" kam als Antwort.
Ich fädelte mich in die Aufwärmrunde ein und absolvierte dann die fünf Fitness-Tests:
Medizinballstoss, Koordination Einbeinstand, Standweitsprung, Globaler Rumpfkrafttest und zuletzt den Progressiver Ausdauertest.
Ich gab mir nicht sonderlich viel Mühe, da ich wusste, dass ich kaum noch als tauglich eingestuft werden würde. Dann lieber untauglich anvisieren und das mit mittleren bis schlechten Ergebnissen untermauern.
Beim Medizinballstoss hat man drei Versuche, der weiteste Wurf zählt. Für den Test setzt man sich auf eine Sitzfläche mit dem Rücken zur Wand. Zwischen Wand und Schulter wird ein Tennisball eingeklemmt. Man bekommt einen 2 kg Medizinball in die Hand gedrückt und muss dann den Medizinball so weit wie möglich wegstossen, ohne dass dabei der Tennisball herunterfällt oder rutscht. Sollte der Tennisball sich zu weit nach unten verschieben, so wird der Wurf als ungültig erklärt, aber zu den Versuchen hinzugezählt.
Hier bemühte ich mich ernsthaft und erreichte 5.25 Meter, was 8 Punkten (7-12 zählt als "genügend") entspricht.
Der Einbeinstand wird zuerst mit dem linken, dann mit dem rechten Bein durchgeführt. Der Fuss, der nicht auf dem Boden steht, wird in die Kniebeuge des anderen gelegt. Die Hände werden hinter dem Rücken verschränkt. Steht man nach 10 Sekunden noch aufrecht, muss man die Augen schliessen. Weitere 10 Sekunden später legt man den Kopf in den Nacken. Nimmt man den Fuss aus der Kniebeuge, löst die Hände oder fällt hin, gilt die Übung als beendet. Mit dem Fuss hin und her rutschen ist erlaubt, hüpfen oder das Verlassen des auf den Boden gezeichneten Kreises (ungefähr 1 Meter Durchmesser) nicht.
Ich hielt mich mit dem linken Bein 13.8 Sekunden, mit dem rechten 23.6 Sekunden lang im Gleichgewicht. Im linken Bein macht(e) mir ein sehr alter, eigentlich bereits verheilter Bänderriss zu schaffen. Gesamtergebnis war 37.4 Sekunden, was mir 11 Punkte brachte.
Der Standweitsprung erklärt sich von selbst. 3 Versuche standen zur Verfügung, der Weiteste zählte. Gemessen wurde von dem Sprungstart bis zur hintersten Spitze des am wenigsten weit gekommenen Körperteils. Ich nutzte dies und liess mich - aus Versehen - nach hinten fallen. Ich erreichte 192 cm, 161 cm (der zuständige Angestellte bemerkte, dass ich mich nicht sonderlich bemühte und verwarnte mich, die umstehenden Rekruten sprachen mir Mut zu, einer von ihnen erinnerte mich sogar daran, dass mein Name "Der Sieger" bedeutet) und 191 cm. Meine 192 cm brachten mir 6 Punkte (1-6 sind ungenügend).
Globaler Rumpfkrafttest ist das, was früher durch Liegestützen getestet wurde. Man legt sich auf den Boden, stützt sich mit den Ellbogen auf den Boden ab und stellt die Füsse auf die Zehenspitzen. Der Unterarm und die Hände liegen hierbei auf dem Boden, der Oberarm ist also in einer rechtwinkligen Position zum Unterarm. Ein Balken wird auf die Höhe des Rumpfes eingestellt, um ein Absinken zu erkennen. Jetzt wird im Sekundentakt abwechslungsweise ein Fuss etwa eine halbe Fusslänge vom Boden angehoben und wieder abgesenkt.
Ich erreichte 36 Sekunden und damit 6 Punkte.
Beim Ausdauertest gibt es 2 Varianten: Entweder auf einer Rundbahn oder in der Halle - wir waren in der Halle. Wir pendelten auf einer 20 Meter Strecke hin und her. Das Tempo bei Start ist 8.5 km/h und wird alle 200 Meter um 0.5 km/h erhöht. Wer zu lange nicht mehr mithalten kann (ein Pfeifsignal gibt an, wann man spätestens die Grenzlinie überschritten haben sollte) oder aufgibt, scheidet aus.
Ich liess mich bereits wenige Sekunden nach dem Start zurück fallen, sah jedoch, dass ich beobachtet wurde und holte daher schnell wieder auf. Ich befand mich etwa eine Armlänge hinter einem der Laufenden, als er spontan beschloss, anstatt in seiner Bahn in der meinen zurückzulaufen. Ich nehme mal an, dass er dachte, ich sei ausgeschieden. Wir prallten ineinander, ich stolperte und er meckerte und lief weiter. Ich brauchte einen Moment, um wieder auf die Beine zu kommen, wurde aber "höflicherweise" trotz meiner verspäteten Ankunft nicht ausgeschieden. Offenbar hatte dieser Vorfall den misstrauischen Angestellten davon überzeugt, dass ich doch alles gab, was ich konnte. Ich hielt mein Tempo und es wunderte daher niemanden, dass ich schlussendlich aufgab. Ich erreichte 5 Minuten und 15 Sekunden. Knapp 7 Punkte. Und das auch nur, weil der Pendellauf anders gewertet wird als der Lauf auf der Rundbahn.
 
Mein Schlusstotal war 38 Punkte und somit in der "Genügend" (35-64 Punkte) Kategorie. Je nach der hier erzielten Punktzahl standen einem mehr oder weniger Dienstklassen zur Auswahl.

Wir durften uns Umziehen und mussten dann einzeln bei der Untersuchungskomission vorstellig werden. Ein Teil der Wartenden wurde in der Zwischenzeit zur (freiwilligen) Impfung geschickt.
Ich musste ziemlich lange warten, bis ich aufgerufen wurde, jedoch geschah dies noch vor meiner Impfung.
Ich quetschte mich an unserem Gruppenleiter, der mich aufgerufen hatte, vorbei, in einen eher kleinen Raum, der aus einem Schreibtisch und Computer bestand. Die Leiterin der Untersuchungskomission bat mich, mich zu setzen, was ich dann auch tat.
Sie las schnell den Bericht der Psychologin im Computer, wendete sich mir zu und sprach: "Das psychologische Gutachten erklärt Sie für Untauglich, akzeptieren Sie dieses Ergebnis?" Ich stimmte zu.
"Gut. Das medizinische Gutachten..." - sie klickte ein wenig herum - "...nun..." Sie runzelte die Stirn. Offenbar fand sie keines. Sie blickte wieder mich an.
"Haben Sie irgendwelche Verletzungen?" fragte sie. "Nur ein unterdessen verheilter Bänderriss." gab ich zur Antwort.
"Aha, ja. Davon steht hier nichts." - "Hab ich dem Arzt aber gesagt." -
"Gemäss BMI (Body-Mass-Index) sind Sie untergewichtig..." (Ich wog etwa 62 Kilogramm bei 180 cm Körpergrösse. Das ist noch im "Normalbereich". Keine Ahnung, wie sie auf "untergewichtig" kommen konnte... Vielleicht "unterer Bereich des Normalgewichts"? Ich schwieg.)
"Und wie ist es mit dem Rücken? Haben Sie da eine Verletzung? Können Sie schwere Lasten tragen?" - "Nein, keine Verletzungen... Naja, vor ein paar Jahren hatte ich mal zwei oder drei Schleudertraumata, deshalb kann ich keine schweren Dinge..." - "Was?!" schoss es aus ihr heraus. Sie fiel beinahe vom Stuhl.
Sie begann wieder wild herumzuklicken. "Das hat der Arzt hier nicht vermerkt!" stellte sie fest. "Ich hab es ihm gesagt und die ärztlichen Zeugnisse überreicht. Keine Ahnung, warum er das nicht aufgeführt hat.", konterte ich Wahrheitsgetreu.
"Aha, aha, ja, dann hat er das sicher... Vielleicht hat er... Na, den Sporttest mussten Sie aber nicht mitmachen, oder?" - "Ich musste mitmachen, doch." - "Und das haben Sie geschafft?!" (Sie lehnte sich praktisch über das ganze Pult, Entsetzen stand in ihren Augen - wäre mir etwas geschehen, hätte die Militärversicherung dafür aufkommen müssen...) - "Nicht sonderlich gut, immerhin bin ich nur knapp genügend..."
"Ich kann sie so auf keinen Fall für diensttauglich befinden!"
Das Gespräch war somit beendet, ich wurde aus dem Büro entlassen (ich hörte sie beim hinausgehen über den Arzt meckern und "So was, so was!" murmeln) und musste dann dem Gruppenführer meinen Status mitteilen.
Ich sagte "Untauglich", der Gruppenführer erkundigte sich, ob er das wirklich richtig verstanden hätte. Nach meiner Bestätigung entfiel mein Impftermin (irgendwie war ich froh darüber), mein Termin beim Augenarzt und ich musste mein Bett abziehen gehen und mich dann in die Cafeteria begeben und dort warten, bis meine Nummer aufgerufen würde.

Ich ging beschwingten Schrittes in die Richtung meines Zimmers, musste dabei immer wieder den anderen Gruppenmitgliedern erklären, dass ich für untauglich erklärt wurde und packte dann meine Sachen. Ich zog das Bett ab und legte den Überzug für die Wäscherei bereit, bevor ich in die Cafeteria schlenderte. Dieselbe war recht voll, ich fand aber dennoch ein Sitzplatz. Ich wartete etwa eine halbe Stunde bevor ich meinen Eltern, die gerade auf einem Ausflug waren, mitteilte, dass sie mich abholen kommen könnten. Das war 16:10 Uhr.
Um 17:06 Uhr meldeten sie mir per SMS, dass sie auf dem Parkplatz stehen würden. Ich gab zur Antwort, dass es noch ein wenig dauern könnte.
Ich beobachtete, wie die beiden Wachmänner, die uns die Dienstbüchlein samt Entscheid austeilen sollten, zwischen zwei Büchern eine Kaffeepause von rund 10 Minuten einlegten. Dann wieder zwei Bücher und wieder Pause.
Gewiss, die Dienstbücher brauchten auch ihre Zeit, bis sie bei dem Personal angelangten, aber das war wirklich extrem (ich wusste, dass mein Büchlein unterdessen bereits eingetroffen war).
17:23 Uhr schlug ich meinen Eltern vor, einen Spaziergang zu absolvieren, bis das liebe Personal sich entscheiden sollte, neben den 400ern Nummern auch mal die Kiste mit den 600ern anzufassen. Ziemlich genau um 18 Uhr wurde ich dann aufgerufen, mir wurde mein Dienstbüchlein und Sold für 2 Tage überreicht (4.- pro Tag, also 8.- Schweizerfranken; zu dem Zeitpunkt etwa 5.50 Euro), und wurde endlich entlassen.

Als ich mein Dienstbüchlein entgegen nahm, erinnerte ich mich an den einen Witz;
<<Ein junger Erwachsener wird zur Tauglichkeitsprüfung aufgeboten. Als er ankommt, fragt er jeden, den er trifft "Ja, wo iss'er denn? Ja, wo iss'er denn?". Der Arzt kommt zum Schluss, dass der Mann Irre sein muss. Er stempelt ihm eine Untauglichkeitsbescheinigung, und als er die in die Hand des jungen Mannes legt, lächelt dieser und sagt "Ah, da iss'er ja!">>
Ich rief mir in Erinnerung, dass mir eigentlich Zivildienst lieber gewesen wäre, als Untauglichkeit, aber was soll's.

Schlusssatz

Die nächsten paar Tage erhielt ich mehrere Briefe. Einer davon betraf mein Gesuch auf ziviler Ersatzdienst, welches abgewiesen wurde. Zwei Briefe (einer vom Militär, einer direkt vom Labor) enthielten beide die Laborergebnisse meiner Blutuntersuchung, wobei der Brief des Labors nach "8053 Zürich 53 Vwtikon" gesendet wurde. Er kam trotzdem an...
Folgendes wurde getestet:
Hämatologie: Hämoglobin, Hämatokrit, Erythrozyten, Mittleres Ery-Volumen, Hb pro Erythozyt, Mittlere Hb-Konzentration, Thrombozyten, Leukozyten (Neutrophile, Eosinophile, Basophile, Monozyten, Lymphozyten);
Stoffwechsel: Ferritin, Cholesterin (gesammt, Cholesterin HDL, Cholesterin/HDL), Kreatinin (einziger Wert der bei mir beanstandet wurde - vermutlich durch den Flüssigkeitsmangel ausgelöst), GFR (MDRD), C-reaktives Protein, ALT (GPT), Gamma-GT, Glukose postprandial;
Infektion: Hepatitis B und Hepatitis C.

Unterdessen sind ein paar Jahre vergangen, ich bezahle brav meinen Wehrpflichtersatz, obschon es mir noch immer lieber gewesen wäre, wenn ich den Zivildienst hätte absolvieren können.
Ich verstehe es auch nicht ganz: Ich bezahle dafür, weil es mir verboten ist, etwas zu tun?
Mit der Zeit hatte ich auch eingesehen, dass meine erste Annahme, dass die Rekrutierung schlecht organisiert war, falsch war. Organisiert war sie gut: Aufgrund der Überfüllung wurde eine weitere Gruppe erstellt, welche dann an eine der anderen Gruppen angehängt werden sollte. Sieht eigentlich ganz gut aus, und hätte sicher auch funktionieren können. Wenn es mit der Durchführung geklappt hätte!

Warum ich dieses "Tagebuch" ausgerechnet jetzt verfasse? Eigentlich wollte ich das schon lange. Aber erst als vor Kurzem eine Diskussion darüber entflammt, ob die Wehrpflicht in der Schweiz abgeschafft werden soll oder nicht, nahm ich mir die Zeit dazu. Was man aus meiner Erzählung entnehmen, genau betrachten und verwenden möchte, ist jedem selbst überlassen. Alles, was ich damit wollte, ist ein wahrer, detaillierter und so weit es geht neutraler Bericht zu dem Thema Armee und Rekrutierung.
Ich habe versucht, die aktuelle Abstimmung aussen vorzulassen, ich habe bis jetzt nicht einmal den genauen Abstimmungstext oder weitere Argumente gelesen, um eine Verfälschung oder Anpassung so gut es geht auszuschliessen.
Ob dieser Bericht nun als Entscheidungshilfe verwenden werden sollte, ist jeder sich damit befassender Person selbst überlassen. Für mich selbst jedenfalls ist das Erlebte ein Grund, für die Abschaffung der Wehrpflicht zu stimmen.

Ich danke für das Interesse an diesem Text und hoffe, es hat einen gut verständlichen Einblick in die Schweizer Armee und den Ablauf der Rekrutierung gebildet.

Kurzfassung/Highlights

Wem die ausführliche Fassung zu ausführlich ist, findet möglicherweise gefallen an dieser stark gekürzten Fassung, die ausschliesslich die lustigsten und wichtigsten Momente beschreibt.

Als es beim Orientierungstag darum ging, ein Datum für den Start der RS auszuwählen und der Herbst vorgeschlagen wurde, kam allen Ernstes die Frage auf, wann denn Herbst sei.
Als wir bei der Rekrutierung eingeteilt wurden, waren ursprünglich nur 5 Gruppen vorgesehen, ich wurde aber der 6. Gruppe zugeteilt.
Zwischen Einrückungszeitpunkt und tatsächlicher Beginn der Rekrutierung lagen Stunden. Vergeudete Zeit, in der wir nur herum sassen. Wie viele weitere Male auch.
Die 6. Gruppe war ein Anhängsel, das nie wirklich reinpasste. Da immer zu wenig Platz vorhanden war, mussten wir des Öfteren warten und kamen daher regelmässig zu spät zum nächsten Termin, bei dem wir dann auch wieder warten mussten...
In unserer Gruppe war jemand, der, aufgrund seines krummen Rückens, für den Militärdienst untauglich war. Er musste aber über Nacht bleiben, ja, er musste sogar von Zuhause weitere Kleidung holen gehen, weil die Personen vor Ort nicht "in der Lage" waren, seine Arztzeugnisse bereits am ersten Tag zu sichten. Das kostete das Militär dementsprechend (unnötigerweise) Geld. Das nötige Personal wäre nämlich vorhanden gewesen, um dies bereits am ersten Tag - oder gar beim Einrücken - zu prüfen.
Beim psychologischen Test wurden wir zu unserem Alkoholkonsum befragt; zur Auswahl standen ein Weinglas mit niedrigprozentigem pro Monat, ein Schnapsglas mit hochprozentigem pro Monat oder "Viel".
Offenbar wurde das Wort "Zivildienst" von manchen Ranghöheren Militärs nicht gerne gehört. Einer der Gruppenführer wendete sich schnell von mir ab, als ich ihm mitteilte, dass ich den zivilen Ersatzdienst wählen werde.
Die Schlafenszeit wurde nicht eingehalten, da Fussball lief...
Als wäre es nicht schon chaotisch genug zugegangen, ging ein Zimmer beim Weckruf vergessen.
Durch weitere Verzögerungen war schlussendlich die Zeit so knapp bemessen, dass ich und ein paar weitere nicht zum Mittagessen kamen.
Der Arzt, der mich untersuchte, übrigens auch nicht. Er war dem entsprechend gelaunt und beschloss, den Bericht über mich nicht oder zumindest nur teilweise auszufüllen.

Fazit: Während der Rekrutierung durfte ich mit ansehen, wie Geld und Ressourcen durch eine sehr schlechte Organisierung verschwendet wurden. Und das alles nennt man schlussendlich "Gut organisiertes Militär"...
 
Wie wäre es mit denn wenn du diese Erlebnisse und Eindrücke die du hast in einem Blog veröffentlichst? So können sie auch ausführlicher werden :)

In Deutschland ist mir der Wehrdienst/Zivildienst Gott sei dank erspart geblieben, kurz bevor ich mit meiner schulischen Ausbildung zu ende war wurde diese hier abgeschafft...
 
Wie wäre es mit denn wenn du diese Erlebnisse und Eindrücke die du hast in einem Blog veröffentlichst? So können sie auch ausführlicher werden :)

Vielen Dank für den Tipp, aber mir sagt bloggen nicht sonderlich zu. Zudem; wie könnte ich noch ausführlicher schreiben :D ? Oder war das Ironie ;) ?

In Deutschland ist mir der Wehrdienst/Zivildienst Gott sei dank erspart geblieben, kurz bevor ich mit meiner schulischen Ausbildung zu ende war wurde diese hier abgeschafft...

Ich hatte seinerzeit davon gehört... Glückspilz :) !
Die Schweiz bildet - mit Österreich - eine Art Wehrpflicht-Insel inmitten all den anderen Ländern, welche die Wehrpflicht entweder ausgesetzt oder abgeschafft haben (um es präzise auszudrücken: Süd- und Westeuropa kennen keine Wehrpflicht mehr, Mitteleuropa umfasst nur drei Länder mit Wehrpflicht: Estland, Österreich und die Schweiz - Quelle: Wikipedia).
Aber mal sehen, vielleicht ändert sich das ja bald.
 
Vielen Dank für den Tipp, aber mir sagt bloggen nicht sonderlich zu. Zudem; wie könnte ich noch ausführlicher schreiben :D ? Oder war das Ironie ;) ?

Ich meinte das ganze damit auf eine WEbseite zu veröffentlichen. Es kommen sicherlich noch mehrere Artikel hinzu. Kostenlosen Blog erhält man hier: Blogspot und Wordpress.


Ich hatte seinerzeit davon gehört... Glückspilz :) !
Die Schweiz bildet - mit Österreich - eine Art Wehrpflicht-Insel inmitten all den anderen Ländern, welche die Wehrpflicht entweder ausgesetzt oder abgeschafft haben (um es präzise auszudrücken: Süd- und Westeuropa kennen keine Wehrpflicht mehr, Mitteleuropa umfasst nur drei Länder mit Wehrpflicht: Estland, Österreich und die Schweiz - Quelle: Wikipedia).
Aber mal sehen, vielleicht ändert sich das ja bald.

Es besteht ja keine große Bedrohung gegenüber verschiedenen europäischen Ländern, von daher kann ich es nicht verstehen das dennoch einige auf die Wehrpflicht beruhen. Auch nicht bei der Schweiz, die aus Tradition immer eine neutrale Rolle spielt.