Grundrechtecharta und eure Meinung

Die zentrale Frage in unserer beider Diskussion ist doch: Wenn wir meinen, dass ein Volk leidet, haben wir auch das Recht, es nach unseren Maßstäben zu beurteilen und Maßnahmen nach unserem Ermessen zu ergreifen?

Wenn das die zentrale Frage eurer Diskussion ist, solltet ihr vielleicht erstmal darüber diskutieren, ob es überhaupt denkbar ist, dass jemand irgendein "Recht" hat...
 
Mal eine Frage an Dich: Nehmen wir an, ein Staatenbund ignoriert die Menschenrechte. Nicht ein Staat oder eine Gruppe von Menschen, sondern Staatenbund, nennen wir ihn fiktiv "NATO". Die NATO würde ganz offensichtlich einen militärischen Aggressor unterstützen, nennen wir ihn hier einfach mal fiktiv "USA". Nehmen wir nun an, dass ein Staat, der seit Jahrhunderten und Jahrtausenden mit immer der gleichen Gesellschaftsform gelebt hat, unprovoziert angegriffen wird. Hat dieser Staat, nennen wir ihn fiktiv "Afghanistan", "Iran" oder "Irak" nun das Recht, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Aggression zurückzuschlagen?
Also, Iran, Irak und Afghanistan taugen hier als Beispiele für diesen "fiktiven" Staat relativ wenig, da alle drei Staaten seit Beginn des 20. Jahrhunderts mehrere Revolutionen und Wechsel der Staatsform durchliefen. Irak war erst ein Kalifat, dann eine britische Kolonie, dann ein Königreich, dann kam im Zuge mehrerer aufeinander folgender Militärputsche Saddam Husseins Diktatur, und heute ist bekanntlich wieder alles im Umbruch. Iran war zuerst für Jahrhunderte ein Kaiserreich, dann eine konstitutionelle Monarchie wie UK heute, wurde im Zweiten Weltkrieg von Russen und Briten besetzt, dann kam der säkulare Schah, dann mit Khomeinis Revolution die Theokratie. Auf Afghanistan will ich gar nicht gesondert eingehen, nur sei gesagt, dann in Kabul vor nicht mal 40 Jahren das größte Casino zwischen Macau und Monte Carlo stand. Die Taliban herrschen dort erst seit den 70ern.
Im übrigen halte ich Tradition für keine Rechtfertigung für was auch immer, auch wenn sie seit tausend Jahren besteht.

Aber um auf deine eigentliche Frage einzugehen: Staaten haben keinerlei Rechte, Rechte haben nur Individuen. Alle rechtmäßigen Befugnisse von Staaten dienen dem Schutz dieser Rechte, alles was darüber hinausgeht ist Unrecht. Jeder einzelne Bürger des angegriffenen Staates hat für sich das Recht zum Widerstand, sofern ihm persönlich durch den Angriff Unrecht geschieht, und er hat natürlich auch das Recht, dies als Teil einer offiziellen Armee zu tun.
Das Recht "alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen" hat allerdings niemand, höchstens "alle notwendigen Mittel"; es muss immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.

Und wenn dieser Aggressor nun ganz öffentlich die Menschenrechte an einem Ort, nennen wir ihn ebenfalls völlig fiktiv "Guantanamo", mit Füßen tritt, wieviel Wert haben dann die ausformulierten "Menschenrechte" noch? Sind sie überhaupt irgendwas wert?
Ja, selbstverständlich. Ein Recht existiert unabhängig davon, ob irgendjemand es gewährleistet und achtet oder nicht. Wie bereits in meinem ersten Post geschrieben, existieren Menschenrechte meines Erachtens, seit es Menschen gibt.

Da kommen wir doch unweigerlich zu Deinem Punkt: Ein Unrecht rechtfertigt niemals ein anderes Unrecht. Und trotzdem lässt man die Menschen dort nicht leben, wie sie es für richtig halten.
Ihre eigenen Herrscher lassen sie nicht so leben! Ich könnte schreien!

unter dem Strich haben sie offensichtlich nie so viel Not gelitten, um gegen ihre Herren aufzubegehren.
Dann haben die Insassen der meisten Gulags und KZs ja "offensichtlich" auch keine Not gelitten. Doch auf welchen konkreten Fall beziehst du dich mit "dort"? Im Iran gibt es schließlich gerade im Moment Aufstände, im Irak gab und gibt es die Unabhängigkeitsbewegung der Kurden, die von Hussein blutig unterdrückt wurde, und in Afghanistan herrscht ohnehin permanenter Bürgerkrieg.

die DDR wird ja heute weitläufig als "Diktatur" bezeichnet.
Sie war eine Diktatur. Es gab Folter, Erschießungen, Unterdrückung, Überwachung, eine räuberische Herrscherklasse... doch da du dies scheinbar anders siehst sehe ich hier keine weitere Diskussionsgrundlage.

Die zentrale Frage in unserer beider Diskussion ist doch: Wenn wir meinen, dass ein Volk leidet, haben wir auch das Recht, es nach unseren Maßstäben zu beurteilen und Maßnahmen nach unserem Ermessen zu ergreifen?
Ich kann nur wieder sagen, was ich bereits mehrfach gesagt habe: Ein Volk kann nicht leiden. Menschen können leiden. Unser Urteil ist dabei irrelevant. Aber Menschen können um Hilfe rufen, und oft genug tun sie dies auch. Und dann ist es für mich offensichtlich, dass sie leiden.

Um nochmal meinen Punkt zusammenzufassen: Staat, Volk, Gesellschaft, das sind alles keine Lebewesen, sondern Fiktionen, Konzepte, Konstrukte. Sie haben keine Gefühle, keine klar abgrenzbare Identität, keine Rechte. Menschen haben Rechte. Alle, immer.

Wenn das die zentrale Frage eurer Diskussion ist, solltet ihr vielleicht erstmal darüber diskutieren, ob es überhaupt denkbar ist, dass jemand irgendein "Recht" hat...
Also, ich denke dass ich für meinen Teil mehrfach, eigentlich in jedem Post, gesagt habe, warum es meine Überzeugung ist, dass jeder Mensch Grundrechte hat, was dies für Rechte sind, und warum er sie hat.

So, das war's jetzt wirklich von mir.
 
Zuletzt bearbeitet:
[...] Im übrigen halte ich Tradition für keine Rechtfertigung für was auch immer, auch wenn sie seit tausend Jahren besteht.
Die Tradition soll ja auch nicht Rechtfertigung für irgendwas sein. Uns sollte es scheißegal sein, warum es in einem anderen Land andere Sitten und Bräuche gibt. Oder andere Gesetze und andere Strafen. Wir haben (oder besser gesagt: hätten) nur dann mal drüber nachzudenken, wenn wir um Hilfe gebeten werden. Einerseits wenn also ein aus unserer Sicht übler Diktator um finanzielle oder sonstige Hilfe auf der Matte steht oder eben eine Revolution im Gange ist, die wir für richtig halten und um Hilfe ersucht werden.


[...] Das Recht "alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen" hat allerdings niemand, höchstens "alle notwendigen Mittel"; es muss immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.
Deine Einschätzung von Verhältnismäßigkeit oder meine ist aber nur sehr selten die gleiche wie die von den Leuten, die nachher etwas beschließen. "Verhältnismäßigkeit" ist ein so schön schwammiger Begriff, dass man daraus alles machen kann (wird ja auch draus gemacht). Und was ist wohl ein "notwendiges Mittel", wenn der CIA behauptet, biologische und chemische Waffen gesehen zu haben? Es gibt ja nicht mal wirklich strafende Worte, wenn sich diese Waffen als völlig imaginär herausstellen :D

Also ehrlich: "Notwendige Mittel" = "Zur Verfügung stehende Mittel".

[...]
Ihre eigenen Herrscher lassen sie nicht so leben! Ich könnte schreien!
Das kannst Du einschätzen, ja? Wodurch? Die Medienberichte? "Experten"meinungen?

Weißt Du, ich dachte ja auch mal, dass die Frauen in Afghanistan furchtbar unterdrückt werden. Sie müssen sich völlig vermummen, werden dadurch teilweise auch krank. Ganz schlimm und nur weil sie das "falsche" Geschlecht haben. Und die Männer müssen alle mit Fellfresse laufen. Rasur ist Gotteslästerung. Peter Scholl-Latour war der Erste, der mal öffentlich aussprach, dass das alles totaler Blödsinn ist. Und dass das hauptsächlich von den Medien verbreiteter Unfug ist. Ich halte hohe Stücke auf den Mann, also habe ich mal so in den Teilen meines Bekanntenkreises rum gehorcht, die aus der islamischen Ecke kommen. Ich habe es schon geschrieben: Die Frauen empfinden Mitleid für alle Nichtislamischen Frauen. Wenn von Burka die Rede ist, dann hieß es immer, dass sie sie mit Stolz tragen. Ganz ähnlich wie die christlichen Nonnen. Ja, ich weiß - Nonnen tragen die Gewänder freiwillig, aber die Burka wird "allen aufgezwungen". Aber das es ein religöses Gewand ist, spielt nur noch unterschweillig eine Rolle?

Wie dem auch sei. Wenn es um Folterungen, Mord und ähnliches geht, sehe ich es ja genauso wie Du. Da aber die größten Verfechter der Menschenrechte genau das mit Vorliebe betreiben, sind die Menschenrechte zwar gut und schön, aber auch ebenso nutzlos, weil sich eben niemand dran halten muss. Ähnlich wie die 10 Gebote der Bibel. Die Bibel droht wenigstens noch mit dem Fegefeuer und Gottes Zorn, die Menschenrechtscharta sieht einfach nur gut aus.

[...] Dann haben die Insassen der meisten Gulags und KZs ja "offensichtlich" auch keine Not gelitten.
Ehm, es war Krieg. Kein Vergleich.

[...] Sie war eine Diktatur. Es gab Folter, Erschießungen, Unterdrückung, Überwachung, eine räuberische Herrscherklasse... doch da du dies scheinbar anders siehst sehe ich hier keine weitere Diskussionsgrundlage.
Hmm. Nach dieser Definition ist also die USA eine Diktatur? Dann wohl in logischer Folge die größte, reichste und mächtigste, die es je auf dieser Kugel gab?

Ich kann nur wieder sagen, was ich bereits mehrfach gesagt habe: Ein Volk kann nicht leiden. Menschen können leiden. Unser Urteil ist dabei irrelevant. Aber Menschen können um Hilfe rufen, und oft genug tun sie dies auch. Und dann ist es für mich offensichtlich, dass sie leiden.
Wenn es für Dich offensichtlich ist, dass jemand Not leidet, dann steht es Dir ja auch völlig frei, Hilfe nach Deinem Ermessen zu leisten. Und ich bin doch der letzte, der Dich davon abhält.

Aber wenn wir davon reden, dass Staaten andere Staaten überfallen, dann sieht es schon ganz anders aus. Und um beim Thema zu bleiben: Die Menschenrechte mit Füßen zu treten um eine Regierung zu entmachten, die die Menschenrechte mit Füßen trat, hat für mich nichts mehr mit "Recht" oder ähnlichem zu tun.

Um nochmal meinen Punkt zusammenzufassen: Staat, Volk, Gesellschaft, das sind alles keine Lebewesen, sondern Fiktionen, Konzepte, Konstrukte. Sie haben keine Gefühle, keine klar abgrenzbare Identität, keine Rechte. Menschen haben Rechte. Alle, immer.
Schön. Staaten, Völker und Gesellschaften bestehen aber nur aus einzelnen Menschen, aus nichts anderem. Damit sind sie nicht mehr fiktive Konstrukte oder Konzepte. Sie beschreiben eine Menge durchaus realer Lebewesen, wovon jedes einzelne ein Mensch ist.

Kommt es zum Krieg, führen Menschen den Krieg, nicht Staaten. Dann sind Menschenrechte sofort wertlos, dann gibt es nur noch das Kriegsrecht. Und man muss sich mal das Wort überlegen: "Kriegsrecht". Das heißt nix anderes als: "Bis gestern war Mord verboten. Heute ist Mord nach Plan erlaubt, so lange das Opfer die richtige Jacke und Hosen an hat...". Wie geht das eigentlich mit dem höchsten aller Gesetze, dem Menschenrecht zusammen?

Naja, wie schon gesagt: Menschenrechte sind eine schöne Idee, aber da sich niemand um die Menschenrechte schert, könnte man es auch ins Museum bringen. Und darüber hinaus bin ich der Ansicht, dass ein Tier nicht weniger Recht auf Leben hat als ein Mensch.
 
Die Menschenrechte? Eine Sammlung von Forderungen mit Universalitätsanspruch (den sie freilich nicht erfüllen können). Wenn man böse wäre könnte man sie auch als neokolonial bezeichnen.
Sie sind doch eher eine Bedingung für eine (bestimmte) Gesellschaftsform nach westlichem aufklärerischem Vorbild und stehen damit wohl im Konkurrenz zu anderen Gesellschaftsformen. Im Prinzip ist nur ein weiterer Versuch das Zusammenleben der Menschen zu regeln, so wie es schon in Vergangenheit von manchen Religionen und verschiedenen anderen Herrschaftstypen versucht wurde.
Ich würde sie nicht als neokolonial bezeichnen, sondern nur als brauchbare Alternative zu anderen Regelwerken.
 
Ich würde sie nicht als neokolonial bezeichnen, sondern nur als brauchbare Alternative zu anderen Regelwerken.

Naja, sie sind schon auch ein wenig neokolonial. Denn "wir", die westlichen Industriestaaten, die dieses Regelwerk geschrieben haben, fordern seine Anerkennung von allen anderen ein. Wir machen dies zur Grundbedingung für Entwicklungshilfe - ja in der Regel sehen wir darin den überhaupt einzigen Weg zur "Entwicklung". Wir fordern Gesellschaften die nach diesen Regeln leben um in die internationalen Verwertungslogiken eingebunden werden zu können. Wir prägen die gesellschaftlichen Normen, die Politiken, das Wirtschaftshandeln und die Infrastruktur der "Anderen" ganz massiv indem wir das tun.
 
Welche gesellschaftlichen Normen und welche Politik sollte das Einfordern von u.a. Freizügigkeit, Versammlungsrecht, freier Meinungsäußerung und Gleichberechtigung negativ beeinflussen?
 
Welche gesellschaftlichen Normen und welche Politik sollte das Einfordern von u.a. Freizügigkeit, Versammlungsrecht, freier Meinungsäußerung und Gleichberechtigung negativ beeinflussen?

Z.B. eine traditionelle Normandengesellschaft die Subsistenzwirtschaft betreibt. Es gibt ein klares soziales Gefüge, in dem bestimmte Elemente unserer Demokratie nicht funktionieren (z.B. Freizügigkeit). Oft herrschen klare Rollenverteilungen zwischen Mann und Frau vor, denen wir mangelnde Gleichberechtigung vorwerfen würden.
Auch ein traditionelles Klientelsystem wäre ein Beispiel. Der abhängige Bauer kann sich weitestgehend auf den Schutz eines Patronen verlassen. Gleichberechtigung häufig auch Meinungsfreiheit und Freizügigkeit fehlen aber.

Jetzt fragst du warum demokratische Grundrechte diese Gesellschaft negativ beeinflussen. Nunja, ich würde sie grundsätzlich auch immer einfordern. Auch ich denke, dass wir ein ziemlich gutes System zur gesellschaftlichen Organisation gefunden haben. Probleme ergeben sich trotzdem: wenn man in ein Klientelsystem "Demokratie" einführt (z.B. indem man Zahlungen von Entwicklungshilfe davon abhängig macht), dann ändern sich die sozio-kulturellen Strukturen der Gesellschaft deswegen nicht. Wir würden von um sich greifender Korruption sprechen, von bad governance. Wer sich auf die "neue" Gesellschaftsordnung beruft, läuft Gefahr völlig ausgegrenzt zu werden.
Wenn man durch die Einforderung von Gleichberechtigung und Freizügigkeit traditionelle Geschlechterverteilungen auflöst, kann es passieren das erpropte und an den Naturraum angepasste Lebensweisen plötzlich nicht mehr funktionieren. Die Bevölkerung mag Freiheit gewinnen - die Gefahr einer Zunahme von Armut, Verwundbarkeit und Abhängigkeit besteht aber.

Jetzt könnte man argumentieren, dass dies nur deshalb passiert, weil unsere wunderbaren demokratischen Grundideen nicht richtig eingeführt wurden. Das stimmt vielleicht auch - aber wie wäre das zu ändern? Man verdrängt jahrtausende alte Ideen nicht aus den Köpfen der Menschen indem man ihnen ein anderes "Gesellschaftsangebot" macht.
 
Ich frage mich gerade, warum wir dann nicht in einem Feudalsystem mit Leibeigenschaft leben. :think: Hat Jahrtausende funktioniert, und Freizügigkeit und freie Meinungsäußerung waren da auch kontraproduktiv...

Ich bestreite gar nicht, dass das abhängig machen der Entwicklungshilfe von Einführung der Grundrechte eine Bevormundung darstellt, und dass das nicht zu selten in die Hose gegangen ist. (Sieht man ja mit etwas anderen Vorzeichen in Afghanistan).

Nur sagt die Art und Weise der Einführung nichts nichts über Sinn und Unsinn der Grundrechte aus. Dass ein despotisches Patriarchat über Jahrtausende existiert besagt ja noch nicht automatisch, dass dieses System "besser" ist. Dass man aber nicht hingehen kann und "Ihr seid ab heute alle gleichberechtigt und dürft euren Herrschen frei wählen", ist ebenso klar.
 
Ich frage mich gerade, warum wir dann nicht in einem Feudalsystem mit Leibeigenschaft leben. :think: Hat Jahrtausende funktioniert, und Freizügigkeit und freie Meinungsäußerung waren da auch kontraproduktiv...

Zufällig befasse ich mich im Moment mit dem Thema :). Es gibt durchaus ein paar interessante Ansätze, die das zu erklären versuchen. Aber das führt vielleicht zu weit vom Thema weg.

Nur sagt die Art und Weise der Einführung nichts nichts über Sinn und Unsinn der Grundrechte aus. Dass ein despotisches Patriarchat über Jahrtausende existiert besagt ja noch nicht automatisch, dass dieses System "besser" ist.

Das ist richtig - und das habe ich auch nie bestritten. Ich habe nur behauptet, dass die Art wie "wir" unsere Werte verbreiten als neokolonial bezeichnet werden könnte. Unsere Grundrechte halte ich trotzdem für die beste Gesellschaftsordnung, die wir bisher hatten.
 
Wenn das die zentrale Frage eurer Diskussion ist, solltet ihr vielleicht erstmal darüber diskutieren, ob es überhaupt denkbar ist, dass jemand irgendein "Recht" hat...
Huch, hatte Dich völlig überlesen in unseren langen Beiträgen, entschuldige :(

Aber ich gebe Dir kurz eine Antwort, wie ich die Dinge sehe. Ein Mensch hat - genauso wie ein Tier oder eine Pflanze auch - das Recht auf Leben. Aber nicht die Pflicht. Deswegen ist in meiner Welt auch Sterbehilfe völlig legitim, was aber ein anderes Thema ist. Es besteht aber kein Recht oder eine Pflicht, nach bestimmten Vorgaben oder Maßregeln zu leben, die auch noch von anderen Menschen festgelegt wurden. Es obliegt aber jedem Menschen, sich bestimmten Vorgaben oder Regeln zu unterwerfen, wenn er das möchte.

Ich unterwerfe mich freiwillig den deutschen Gesetzen, weil ich weitestgehend mit diesen übereinstimme. Aber das bedeutet nicht, dass ich das Gleiche von anderen einfordern darf. ICH darf es nicht. Der Gesetzgeber schon, denn der regelt das Zusammenleben hier (allerdings auch nur hier und nciht überall auf der Welt). Das Recht auf Leben beinhaltet für mich eben auch, dass ich jede nur denkbare Möglichkeit ergreifen darf, mein Leben zu schützen. Auch das Töten anderer Lebewesen, die ihrerseits natürlich ebenfalls das Recht haben, ihr Leben mit allen nur denkbaren Möglichkeiten zu schützen. Klar - eine Kuh hat kaum eine Chance gegen mein Zuchtbetrieb, aber das ist nur die logische Folge dessen, wenn jeder halt seine Möglichkeiten nutzt.

Alles, was über das Recht des Lebens hinaus geht, ist ein "Ich möchte" und das kann ich zwar verlangen, aber habe kein Recht darauf.
 
Wir machen dies zur Grundbedingung für Entwicklungshilfe - ja in der Regel sehen wir darin den überhaupt einzigen Weg zur "Entwicklung".
Entwicklungshilfe will auch nichts anderes als eine Gesellschaftsordnung westlicher Prägung zu entwickeln. Wozu sollte man sonst Entwicklungshilfe zahlen?

Wir fordern Gesellschaften die nach diesen Regeln leben um in die internationalen Verwertungslogiken eingebunden werden zu können.
Nicht unbedingt, wie man am Beispiel Chinas sieht.
 
[Sarkasmus]Und warum ist das so? In China läuft es genau so, wie viele Menschen es hier auch gern hätten. Kapitalismus und Konsumgesellschaft ohne diese leidigen Erfindungen wie Bildung (über das für die Arbeit notwendige Maß hinaus), Meinungsfreiheit oder soziale Sicherung. Das bleibt, wie es sich gehört denjenigen vorbehalten, die auch etwas damit anfangen können. [/Sarkasmus]
 
Aber das ist doch schon ein schwieriger Punkt: wie begründest du das Recht auf Leben? Welche Instanz ist in der Lage, ein solches Recht zu legitimieren?

Die Natur selber legitimiert das Recht darauf. Was lebt, hat auch ein Recht auf Leben...

(Du immer mit deinen Grundsatzdiskussionen... *pfffft*) :ugly:
 
Aber das ist doch schon ein schwieriger Punkt: wie begründest du das Recht auf Leben? Welche Instanz ist in der Lage, ein solches Recht zu legitimieren?
Dazu bedarf es keiner Instanz, weil sich das Recht aus dem Dasein ergibt. Du kannst von mir auch eine religöse Antwort haben, die im Grunde das Gleiche aussagt. Und Darkkurt hat es ja auch schon schön gesagt.

Dieses Recht muss weder legitimiert, noch eingeräumt werden. Denn ich beispielsweise würde mein Leben stets mit allen mir zur Verfügung stehenden Mittel verteidigen, auch wenn es mir gesetzlich verboten wäre. Ich würde auch stehlen, wenn ich Hunger leide. Ich würde töten, um mein Leben dadurch zu schützen. Daher ist das auch für mich das höchste aller Rechte, die ein Lebewesen hat. Zugleich allerdings auch das Einzige.
 
Das musst du mir näher begründen...
Ein Recht auf Leben gibt es nicht. Leben wird von der Natur oder von Gott gegeben, wie auch immer man das sehen will, und auch wieder genommen. Es gibt aber ein Recht auf körperliche Unversehrtheit gegenüber anderen Menschen. Es ist eine Übereinkunft, dass jemand einen anderen das Leben zuerkennt wie der andere es auch ihm zuerkennt, ansonsten gibt es auch noch das Recht des Stärkeren.
 
Entwicklungshilfe will auch nichts anderes als eine Gesellschaftsordnung westlicher Prägung zu entwickeln. Wozu sollte man sonst Entwicklungshilfe zahlen?

Das wollte ich mit meinem ersten Postin in diesem Thread ausdrücken :). Man könnte Entwicklungshilfe natürlich auch zahlen um die Lebenssituation in den Ländern der Empfängerländer zu verbesseren ohne dabei Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung zu nehmen.